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Re: [ox] das Wesen des Menschen



Liebe Liste!

Last week (7 days ago) PILCH Hartmut wrote:
Ich merke eher gerade an mir selbst, wie schwierig Selbstbeherrschung
und Selbstorganisation wirklich ist und wie leicht ich in eine zuegellose
impulsgesteuerte Lebensweise verfalle.  Oft reicht der eigene Wille nicht
zu dem, wozu aeusserer Druck reicht.  Ziemlich peinlich eigentlich, aber
es geht nicht nur mir so.

Meine Erfahrung: Je stärker verdrängt, desto machtvoller wird's.
Rauslassen ist i.a. der bessere, gesündere und befriedigendere Weg.
Und ohne Zwang so nebenbei.

Letzteres zu tun ist riskant und
entstammt, wie Stefan Mz und Sabine bemerkten, einem ganzen System von
Praemissen, ueber das man sich schwer durch Diskussion einigen kann und
das sich auch weder aus der GPL noch aus einem konsistenten
Zukunftsentwurf logisch herleiten laesst.  Das stammt aus dem Bauch, ist
deshalb aber trotzdem nicht unbedingt falsch.

Vielleicht sollten wir mal daran gehen, unsere Prämissen offenzulegen?
Dann wüßten wir wenigstens wovon wer redet. Ich meine richtige
konkrete Erfahrungen, die je uns geprägt haben.

Eine sehr wichtige Erfahrung für mich war z.B. meine fast zehn Jahre
lange wöchentliche Beschäftigung mit "meiner" kleinen, lokalen
AnarchistInnengruppe. Da habe ich viel über tiefe Freiheit,
Selbstorganisation, Konsensorientierung, Kooperation, Offenheit,
Menschlichkeit, gegenseitiger Aufmerksamkeit, Verantwortung für sich
selbst und die Gruppe usw. gelernt und vor allem auch sehr konkret
erfahren. Und auch eine tiefe Zufriedenheit, Zwanglosigkeit und
Entspanntheit konnte ich in diesem Kontext erleben, wie ich sie
anderswo selten angetroffen habe - am ehesten witzigerweise bei einem
praktizierenden Psychologen.

Zum guten Teil daher rührt mein tiefes Wissen, daß Menschen zu all
diesen Dingen prinzipiell in der Lage sind, vor allem aber daß ganz
viel davon auch gelernt werden kann - es ist eben Bestandteil der
Kultur.

Klar, in dieser Gruppe war natürlich auch ein Wunsch danach da, das zu
tun. Aber letztlich führte dieser Wunsch dazu, daß wir uns die
Verhältnisse geschaffen haben, die wir für unsere persönliche
Entwicklung und die der Gruppe brauchten.

Das ist für mich eine wichtige Blaupause, auf der ich eben
argumentiere, daß die Menschen keine Tiere sind, die, würden sie frei
gelassen, nichts besseres zu tun hätten als übereinander herzufallen
(was Tiere übrigens auch nur dann tun, wenn sie eingesperrt sind -
wieder so ein ideolgisch-paradoxes Sprachbild...). Ganz im Gegenteil:
Freiheit macht frei - Zwang zwängt ein.

Und eingezwängte Energie sucht sich ein Ventil. Vielleicht sind es ja
diese Ventile, die Hartmut so ängstigen?

Welche Erfahrungen haben euch denn so geprägt?


						Mit li(e)bertären Grüßen

						Stefan


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