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Thread: oxdeT00241 Message: 20/24 L5 [In index]
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Re: [ox] GPL-Hardware



Hi Volker und Listige,

Volker Grassmuck schrieb:
Das bedeutet im Kern ein Ausstieg aus Verwertungszusammenhängen, und
das, obwohl Stallman und die FSF meinen permanent betonen zu müssen,
dass sie und die GPL nicht gegen Kommerz stehen, dass man GPL-Software
ja verkaufen dürfe. Das gehört endlich mal selbstbewußt umgedreht!! Die
GPL weisst über die Verwertungszusammenhänge hinaus, und in ihrer
Anti-Verwertungshaltung öffnet sie neue Möglichkeiten, die mit dem
Kapitalismus inkompatibel sind.

Daß Geldverdienen nicht untersagt ist, ist keine hohle Rhetorik von
RMS. Der Witz ist doch, daß die Arbeit bezahlt werden kann, aber die
Ergebnisse der Arbeit frei sind. (...)
Insofern wird tatsächlich die Verwertung (...) ausgehebelt und
die Coder haben dennoch eine Chance, ihre Brötchen zu verdienen.

Ja, Du sagst es: Es wird _tatsächlich_ die Verwertung ausgehebelt. Und
Cygnus/Redhat verdient daran - genau noch _einmal_. In der
Softwarebranche ist Cygnus/Redhat ein Parasit, der dieser schleichend
den Boden entzieht. Viele andere Firmen finden das aber ziemlich uncool
und kläffen RMS an. Und der rechtfertigt sich auch noch, anstatt zu
sagen: Ja genau, die Verwertung hat verhindert, dass ich 1984 den
Druckertreiber von Xerox selbst umschreiben konnte, und jetzt mach' ich
Euch die Verwertung kaputt - ätsch. Nein, leider keine hohle Rhetorik,
sondern RMS meint es ernst - aus Rechtfertigungsnot. Und damit muss mal
Schuss sein - meine ich.

1. Der automatisierte Prozeß erfordert beständige Anpassungsarbeit
("Arbeit an der Arbeit").

Unter den Bedingungen der Lohnarbeit ist die Frage nur, ob der
"Overhead" der Automation die Effekte wieder auffrisst. Wenn dem so
wäre, würde das Kapital nicht automatisieren.

Es ist ja ein running gag der sog. Informationsgesellschaft, daß
Computerisierung die Produktivität pro Kopf nicht erhöht, sondern
senkt, wie in diversen Studien festgestellt wurde. Du unterstellst
hier dem Kapital mehr (Fähigkeit zur) Rationalität als es tatsächlich
hat.

Das hatten wir schon mal: Was ist Produktivität und wie misst man sie,
und wenn man richtig misst, wie interpretiert man das dann. Wenn Firma A
die Produktivität um 20% steigert und deswegen Firma B kauft und platt
macht, schlicht sich also nur den Markt von B unter den Nagel reisst und
mit der gestiegenden Produktivität mitversorgt - was ist dann? Die
Produktivität von A-B ist Null angestiegen, nur die eine liegt nun bei
120% und die andere bei 0%. Macht: x Menschen weniger in Lohnarbeit. Und
um dieses weniger an "Arbeit" gings mir bzw. dem Kapital. Und das
Kapital ist btw. sowieso schon gar nicht irgendwie menschlicherdings als
"rational" handelnde Instanz oder gar Person vorzustellen: Es exekutiert
nur, was durch die subjektlosen Automatik der Selbstverwertung von Wert
gesetzt ist. Wer nicht mitspielt, ist raus.

Daß der symbolische Wert von etwas (Brandnames zur
Differenzierung funktional äquivalenter Turnschuhe, Jeans etc. etc.;
der Antrieb hinter ICANN) seinen Gebrauchswert weit hinter sich
zurückgelassen hat, ist nicht zu übersehen. Einen ähnlichen Effekt
sehe ich hinter der Marke / Mode / Hype "Informationsgesellschaft",
der seit Ende der 60er vor allem von wirtschaftspolitischen Instanzen
und Think Tanks systematisch aufgebaut wird. Da sind sie ihrere
eigenen Propaganda auf den Leim gegangen.

Das ist das Ding mit der Aufmerksamkeitsökonomie. Das verstehe ich
nicht. Du meinst, man müsse nur fleissig symbolisch zuschreiben, und
dann schlägts irgendwann um in wirklichen Wert? Echt, ich kapiers nicht,
KOmmt mir total durcheinander vor. Aber am Ende beleibt das Geld auf der
Strecke - hört sich schon mal gut an ;-)

Bye,
Stefan

-- 
  Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen
  HA II, Abteilung Datenverarbeitung
  Kanzlerstr. 8, 40472 Duesseldorf
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