Message 00014 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT00002 Message: 25/48 L4 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] Ueberlegungen zur Liste (de)



[Sorry to you english speaking people, this thread seems to stay German
:|]

On Sat, 24 Jul 1999, Pit Schultz wrote:

[..] 
in etwa. der begriff "open" wurde soviel ich weiss von eric raymond,
ins spiel gebracht, seines zeichens waffenfreak und neolibertarian
(sowas wie ein rechter anarchist). "open:good closed:bad" ist ein 

Wohl im Rahmen des 'Cathedral and Bazaar'-Dokuments fasst Eric S. Raymond
'Open Source Software' das Phänomen prinzipiell frei zugänglicher,
veränderbarer und nicht primär mit kommerziellem Hintergrund entwickelter
Software zusammen, mit Schwerpunktlegung auf die spezifischen Eigenheiten
des zugehörigen Kooperationsmodell der EntwickerInnen und die überraschend
überlegende Qualität offener Software im Gegensatz zu proprietärer...

Dokumente dazu gibts unter http://www.opensource.org oder
http://www.tuxedo.org/~esr (Raymonds Homepage).

Waffenfreak und Neolibertarian sowie 'rechter Anarchist' klingt ja
schröcklich, bleibt aber nachzuweisen ;)

slogan von wired magazine, seines zeichens vertreter einer radikalen
digitalen neuen oekonomie, sprich verschaerftem globalem neoliberalismus.
und selbst George Soros, der ja sein geld an der boerse verdient, verbindet
mit 'open societies' und der einfuehrung von demokratie ganz diskret
auch die oeffnung der maerkte.

Soll er doch....

es mag sein, das im bereich der standards und betriebsysteme der begriff
open schon eine weile herumgeistert. vielleicht treffender wenn auch nicht
ganz von verwirrungen unbelastet ist Apple's auslegung: "public" source
license. offenen quellcode als quasi oeffentlich im gegensatz zu privat
(geschlossen) zu definieren scheint mir ein ganz spannender ansatz.  

Ich bin gerade über Apples Lizenzen nicht im Bilde, aber ich kann mir gut
vorstellen, daß 'open' von esr u.a. auch deswegen als Kategorie gewählt
wurde, da 'public' doch sehr nach der General Public Licence der Free
Software Foundation von Stallman klingt. (Selbiges gilt für 'free', wobei
Raymond sicher auch ein anderes Freiheitsverständnis im Softwaresinne
unterhält als Stallman.) Außerdem kommt übersetzt da das schöne Adjektiv
'quelloffen' bei heraus :)

sofern man aber auf der ebene von systemen und deren theorie bleibt, 
von mir aus. aber oekonomie ist eben nicht ideologiefrei :)
Wenn Du beispielsweise irgendwas mit "free" machst, dann
landest Du wieder bei der Assoziation mit einer Liberalisierung von
Märkten, usw.

Das passiert doch aber erst bei der Kombination von 'frei', was in unserem
Kontext von dem Begriff 'freie Software' kommt, und dem Begriff
'Ökonomie', da mensch dann eilig neoliberalistisches Zeugs assoziiert. 
 
hm. "liberal" und "frei" sind eher zwei verschiedenfarbige socken.  
der freiheitsbegriff von stallmann wuerde mich ueberhaupt mal sehr
interessieren. meint er die liberte der franzoesischen aufklaerung, 
oder eher die des amerikanischen cowboys/farmers oder eher den der
spaeten 60er Hippiebewegung? ist er eher Existenzialist oder Zen-
Buddhist? jedenfalls ist "frei" noch viel problematischer
als "open" weil, ja voellig offen ist welche Freiheit gemeint ist. 
(hallo rosa luxemburg)

Naja, ob das (mir) jetzt soviel bringt, durch die historische Genese
irgendwelcher Freiheitsbgriffe zu reiten...? Vom Softwarefreiheitsbegriff
Stallmans würde ich (evtl. fälschlicherweise) auf ein eher libertäres
Verständnis schließen (und auch dort gibt es ja nun wieder hinlänglich
Nuancen). 

Im Übrigen sei nochmal kurz darauf hingewiesen, daß nicht nur Cowboys und
Zen-Buddhisten unterschiedliche Freihietsauffassungen haben, sondern eben
auch Leute aus der Softwareszene gerade hinsichtlich Softwarefreiheit. In
irgendeinem Artikel hab ich mal so etwas ähnliches gelesen wie folgendes: 

Stallman: I want a free society where everybody can use all software
          freely.
Raymond:  I want free software because its better software.
Torvalds: I want free beer.

Mag zugespitzt sein (und auch nur annähernd sinngemäß), aber deutet doch
unterschiedliche Verständnisse und Motivationen (wesentliches Moment in
dieser Diskussion) an.

(Apropos 'free beer': Im aktuellen Linux Journal [dem englischsprachigen!]
gibt es einen Artikel dazu, warum es doch um 'free as in beer' geht, nicht
um 'free as in freedom'... Ist sicher in diesem Diskussionszusammengang
nicht uninteressant, ich guck demnächst mal, ob's dieses auch in Web
irgendwo gibt.) 

Entweder wir finden uns mit dem Handicap ab und lassen alles wie es ist,
oder wir kreieren ein ganz neues Wort.   

Naja nu, lasst uns mal dabei bleiben, wenn es um die Beschreibung des
Softwareentwicklungsphänomen geht. Erstens werden wir dann auch von
anderen verstanden, und zweitens sind aus meiner Sicht Begriffe immer
beschränkt und beschreiben eine Nuance immer besser als eine andere.

Wenn es um die Beschreibung des wirtschaftlichen Phänomens (oder der
wirtschaftlichen Implikation des Softwarephönomens [uiuiui... :)]) geht,
so sollten wir doch vielleicht erst dann nach fertigen Begriffen suchen,
wenn wir wissen (oder ahnen), worum es hier eigentlich geht. Die Frage,
die ja wohl kaum auch nur annähernd auf dem Kongreß gelöst (und hier noch
nicht mal wirklich angesprochen wurde), nämlich ob aus der quelloffenen
Softwarebewegung überhaupt eine andere/neue Form des ökonomischen Umgangs
miteinander resulitiert (oder ihr eine solche überhaupt innewohnt), sollte
doch erstmal angegangen werden, bevor mensch Namen findet... Also Butter
an die Fische! :) 

naja, am anfang war das wort und er nannte es byte. 
faende schon interessant die wortumgebungen und herkuenfte etwas
zu untersuchen bevor man sich mit den gelaeufigen 
begriffsbildungen zufrieden gibt. 

Wenn wir hier miteinander reden wollen, benötigen wir aber (zumindest
vorläufige) Begriffe, um uns zu verständigen. Abschließende (wenn es
solche gibt) Benennungen können wir ja am Ende finden...

Und überhaupt: Sollte sich Eric S. Raymond tatsächlich als 'rechter
Anarchist' erweisen, hab ich trotzdem deswegen kein Problem mit seinem
Begriff der 'Offenen Software' (wenngleich ich ein Problem mit seinem
rechten Anarchismus' hätte, aber aus mangelder Reibungsfläche zwischen ihm
und mir kein akutes bzw. konkretes)

Flames expected... :)

zusammenfassend hat dieses paradigma von "offenheit" en detail
schon was fuer sich, schnell laesst es sich aber verallgemeinernd
anwenden gegen jede art von andersdenkenden, die sich aus welchen
gruenden auch immer nicht zum universellen prinzip bekennen, sondern
auf ihrem dann zwangslaeufig geschlossenen (welt)system beharren. 

Wie es jedem Begriff ergehen kann...

insofern hat "open" hier durchaus etwas mit den derzeitig diskutierten
one-world-system zu tun. was die rethorik angeht, so kommt die ideoligie
wie auch beim  pragmatismus auf schleichfuessen. utilitarismus und
offenheit sind beides die beliebten totschlag argumente von 
neoliberalen wie BDI-Henkel bis Wired-Kelly mit auswuechsen 
bis zu den Third Way leuten Blair/-Schroeder...

Das mag sein, aber es gilt doch eher, solchen 'Totschlagargumenten'
inhaltlich etwas entgegenzusetzen, anstatt (vor allem) auf eine 'politsch
korrekte' Begriffswelt zu bestehen. Letzteres können wir tun, wenn wir
Argumente gefunden haben...

in dem sinne ist der kapitalismus eben ein offenes system, waehrend
in kuba und china noch geschlossene systeme herrschen. da oekonomie
heute in der politik so dominant ist, ist mit system automatisch die
beschaffenheit von maerkten gemeint.

U.a. deswegen sind aus meiner Sicht ganze Sätze gegenüber Schlagworten
überlegen... 

Gruß

Oli





[English translation]
Thread: oxdeT00002 Message: 25/48 L4 [In index]
Message 00014 [Homepage] [Navigation]