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Re: [ox-de] keimform.de: Vom Strike Bike zum Free Bike?



Hallo HGG & alle,

On 12/20/2010 05:55 PM, Hans-Gert Gräbe wrote:
(1) Jede (nachhaltige - ich setzte voraus, dass es darum ging, denn sonst
können wir uns die Diskussion sparen) ökonomische Aktivität hat (wenigstens)
zwei reproduktive Dimensionen, eine operative des Ersatzes des
Produktionsverbrauchs und eine strategische (investive) der Reproduktion der
Produktionsbedingungen. Du debattierst, wie in linken Zusammenhängen Usus,
ausschließlich über die operative Dimension:

müssen die Nutzer/innen im Durchschnitt zumindest den Preis der
Rohstoffe und Vorprodukte zahlen, andernfalls wird das Projekt, das
diese Elemente ja auf dem Markt erwerben muss, zwangsläufig Pleite
gehen. ...
Die Rohstoffe und Vorprodukte sind aber natürlich nur der Anfang,
danach beginnt erst die eigentliche Arbeit, nämlich die Montage der
Fahrräder selbst -- was die Mitarbeiter/innen des
Strike-Bike-Projekts Tag für Tag gemacht haben.

Es stimmt, dass ich in diesem Artikel von den dauerhaften Produktionsmitteln
(Maschinen, Räumlichkeiten -- "fixes Kapital" in der Marx'chen
Kapitalismusanalyse) abgesehen habe. Damit habe ich mich aber früher schon
ausführlich beschäftigt, z.B. hier:
http://www.keimform.de/2010/selbstorganisierte-fuelle-4/. Richtig ist
natürlich, dass das Projekt auch die Kosten für Maschinen etc. wieder
reinkriegen muss, z.B. über Spenden oder über eine höhere
Unkostenbeteiligung für die Abnehmer/innen der Produkte.

Bei Maschinen würde ich allerdings nicht annehmen, dass sie primär auf dem
Markt eingekauft werden, sondern eher dass sie selbst das Ergebnis von
Peer-Produktion sein werden, wie ich es in dem verlinkten Text diskutiere --
Stichworte Freies Design und verteilte produktive Infrastrukturen. Das ist
im Kern die alte Frage, ob die vorhandenen, im und für den Kapitalismus
entwickelten Produktionsmittel einfach übernommen werden können (gekauft
oder in der revolutionären Variante angeeignet) oder ob eine neue
Produktionsweise nicht auch neue Produktionsmittel braucht --
Produktionsmittel, die selbst Ergebnis dieser Produktionsweise sind. Meine
These wäre eher letzteres.

Selbst in Peer-Produktion hergestellte Produktionsmittel würden zu einer
radikalen Kostensenkung für diesen Produktionsfaktor führen, bedeuten aber
natürlich, dass sich erst eine entsprechende Infrastruktur entwickeln muss,
auf die weitere Peer-Projekte dann aufbauen können. Daher gilt Projekten,
die Freie/Open-Source-Produktionsmaschinen entwickeln (CNC-Router etc.) auch
mein ganz besonderes Interesse, weil ich das für einen Schlüsselfaktor für
die Entwicklung der materiellen Peer-Produktion halte.

Herzliche Grüße
	Christian

-- 
|------- Dr. Christian Siefkes ------- christian siefkes.net -------
| Homepage: http://www.siefkes.net/ | Blog: http://www.keimform.de/
|    Peer Production Everywhere:       http://peerconomy.org/wiki/
|---------------------------------- OpenPGP Key ID: 0x346452D8 --
Der Kapitalismus kann die Probleme der Menschheit nicht lösen. Egal, ob
Hunger, Armut, Klimawandel -- einer kapitalistischen Marktwirtschaft fehlen
die notwendigen Instrumente. Genauso gut könnte man den Eisberg bitten, die
Titanic zu reparieren.
        -- Uli Müller



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