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Re: [ox-de] Generative Ökonomie und Wirtschaftsinformatik



Hallo Ludger,

Am 18.09.2010 12:24, schrieb Ludger.Eversmann t-online.de:
nochmal kurz ein paar Gedanken im Zusammenhang mit dem Mailwechsel
zwischen Hans-Gert und mir zur Wirtschaftsinformatik: Wie ich gesehen
habe, hat Frithjof Bergmann den Begriff der "generativen Ökonomie" nun
in seinem Instrumentarium, ob von ihm entwickelt oder nicht weiss ich
nicht, jedenfalls in diesem spezifischen Sinne mit Bedeutung besetzt
und verwendet ihn nun, um unter unter diesem Label die Entwicklungen
in Ökonomie und Technik zusammenzufassen. ....

Nun, "generative Techniken" sind ja - im Zusammenhang mit Model Driven Development - auch eines der Hypethemen der Informatik. Hier werden mE die unterschiedlichen Sichtweisen in zwei Kondratjew-Wellen auf dieselbe Sache deutlich. Das, was Mertens als "sinnvolle Vollautomation" aus der Perspektive einer programmierzentrierten Technologie bezeichnet, wie er sie wohl ein Leben lang betrieben hat, wird mit den "generativen Techniken" unter einem anderen Blickwinkel gesehen. Während bei Mertens das Ergebnis, der Automat, im Fokus steht, ist es in der neuen Sicht die Genese des Automaten. Die Abstraktionsebene der Betrachtung verschiebt sich eine Schale weiter nach draußen. Das so Generierte soll dann produzieren im alten Sinne. Die Schraube der Abstraktion, die (wenigstens) seit Beginn der Industrialisierung mit jeder Kondratjew-Welle eine Windung weiter gedreht wurde, wird ein weiteres Mal nachgezogen.

Das bedeutet aber ein Koevolutionsszenario von wenigstens drei Komponenten: Neben der Fokusverschiebung auf Beschreibungen müssen auch die Technologien für Ablaufumgebungen solcher Beschreibungen und schließlich der Entwicklungsprozess für Beschreibungen und Ablaufumgebungen selbst entwickelt werden. Es geht damit um die "planmäßige" Entwicklung ("planmäßig" hier nicht nur im Kathedralen-, sondern auch im Sinne der Basar-Methode, die ja trotz ihres scheinbaren Chaoscharakters durchaus auch Kohärenzphänomene kennt) ganzer Industriesektoren. Ich hatte dazu in einem Aufsatz vor 5 Jahren zwei Vorteilsmodelle gegenübergestellt, siehe http://www.hg-graebe.de/EigeneTexte/mawi.pdf, und habe gerade auch noch was zum traditionsmarxistischen Mantra der "tendenziell fallenden Profitrate" geschrieben, siehe http://www.hg-graebe.de/EigeneTexte/z-10.pdf

Ich denke, die Entwicklungen von Spring oder OSGi sind gute Beispiele, an denen sich praktisch auftretende Aspekte der Wechselwirkung der drei Komponenten genauer studieren lassen. Sie sind auch deshalb interessant, weil dabei die Ressourcenkomponente "generativer Ökonomie" im materiellen Bereich, die zusätzliche Probleme mit sich bringt, noch weitgehend außen vor bleibt. Allerdings ist mir nicht klar, wie weit die WI solche Fragen überhaupt studiert. Ich sehe nur bei meinen Leipziger Kollegen, dass das Interesse an *dieser* Problematik (generative Techniken in der vollen Breite des Ansatzes) mit der Nähe zur guten alten Softwaretechnik zunimmt (Eisenecker etwa). Überhaupt nicht sehe ich, dass sich in der etablierten Szene jemand für die relevanten Erfahrungen in der Entwicklung Freier Software, also die Dynamiken des "Basarmodells", interessiert.

Viele Grüße,
Hans-Gert
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