Message 12859 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT12855 Message: 4/50 L2 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

[ox-de] Re: [ox-de] Vorstellung - neu im Club



[Converted from text/html]

Hallo Franz,

vielen Dank für Deinen freundlichen Willkommensgruss, fühle mich schon
gut aufgenommen in Eurer Runde.

Ich stimme Dir da - mal auf die schnelle so gesagt - weitgehend zu,
was Deine Position zu Frithjof Bergmann angeht. Ich war (und bin im
Prinzip noch immer) in weiten Teilen ganz in Übereinstimmung mit
Frithjofs Ideen, sowohl was die Analyse des ökonomischen Status Quo
angeht (grosso modo), als auch seinen Ansatz des HTSP; der wesentliche
Charakterzug dieser Übereinstimmung ist die Annahme, dass es zu eben
dieser Überschneidung oder Verschmelzung der Konsumenten- und
Produzentenrollen kommen wird, wie ja auch schon in den 1970ern von
Toffler so gesehen, allerdings (von ihm) wohl nicht so im Kern der
ökonomischen Ordnung.

Nun ist aber sicher nicht der Fabber die Erlösungsmaschine; aber: als
theoretisches Konstrukt eben genau dieses Artefakt das postuliert
werden muss, wenn man eben einmal spekulativ diesen Versuch
unternimmt, das Potential der Universalen Turing Maschine - was
alle programmierbaren Automaten ja sind, ob nun zeichen- oder
stoffverarbeitend, also PC oder PF - in der Anwendung in der
Wirtschaft bis zu einem denkmöglichen Maximum oder Perfectissimum zu
denken. Das war der Clou eben in der theoretischen Auseinandersetzung,
in der ich mich damals bewegt habe: dass das eben nicht dieses
vollautomatisierte Unternehmen, oder der automatisierte Betrieb sein
kann oder sein wird. Der Kern jeder die uns bekannte
marktwirtschaftliche Ordnung überwindenden und "aufhebenden" (kann man
durchaus m. E. mal gut marxistisch so benennen; in der Keimform-Idee
steckt ein ganz vergleichbarer Ansatz) Organisation von Wertschöpfung
wird dieses neue Produktionsmittel enthalten, oder anders herum
gesagt: ohne diese Technologien (ich verweise da gerne auch z B auf
die Seite von Charles Collis, AdCiv.org) von denen der Fabber ja nur
ein Teil ist, ist eine grundlegende Neu-Ordnung nicht möglich, nur mit
diesen Technologien ist es möglich, auf hochspezialisierte
Arbeitsteilung, Professionalisierung mit mehrjährigen
Ausbildungszeiten etc, auf Arbeitsmärkte, überhaupt auf Märkte und die
damit verbundene Unsicherheit und Unkalkulierbarkeit der
wirtschaftlichen Versorgung zu verzichten, dies jedenfalls im Kern der
ökonomischen Grundordnung. Das ist aber sicherlich nicht schon direkt
mit der Verfügbarkeit von Fabricatoren bei HP für 12.500 Euro gegeben!
Ich finde den Begriff Post-Scarcity da durchaus hilfreich, um das
wirtschaftliche Umfeld zu charakterisieren, in dem wir uns dann
bewegen; auf der anderen Seite muss man sich klar machen dass es darum
geht, Verhältnisse zu schaffen, die tatsächlich
existentielle Sicherheit für die Öffentlichkeit, letztlich für jeden
einzelnen Menschen gewährleisten können bzw. müssen. D. h. ich würde
es schon auch für notwendig halten, dass Veränderungen auf politischer
Bühne, in welchem Rahmen und mit welchen konkreten Inhalten auch
immer, ergänzend umgesetzt und realisiert werden. Letzten Endes geht
es um die wirtschaftliche Autarkie von Gesellschaften, Gemeinschaften,
oder eben auch Staaten, die sich ihrerseits ja wiederum koordinieren
müssen. 

Zum Fabber noch das: ich wäre ja schon geneigt,
Gershenfelds Äusserungen vom Star Trek Replicator da wörtlich zu
nehmen, also jedenfalls in dem Sinne dass schon damit zu rechnen sein
wird, dass ein vergleichsweise breites Spektrum von Konsumgütern von
derartigen Maschinen eines Tages wird hergestellt werden können. Davon
ist dann aber wohl eher nur die Frage der erreichbaren Güte und auch
Quantität einer voll-maschinell hergestellten Güterausstattung
abhängig; das Ordnungsprinzip ist aber - würde ich denken - schon mit
der Verfügbarkeit dieser Technologien und Prinzipien (Netz, Open
Source, Peer-to-Peer etc.) gegeben, also: von den Prinzipien
Markt, Wachstum  und Sicherheit durch Vollbeschäftigung werden wir uns
verabschieden müssen zugunsten einer eher öffentlichen Ordnung von
vernetzten Wertschöpfungsprozessen, die wiederum so hoch effizient
sein - können? sollten? -, dass in der gelebten Regel für die
Beschäftigung mit nicht-automatisierbaren, nicht-
berechenbaren praktischen Tätigkeiten und Arbeiten der Tag im
wesentlichen frei sein kann ...        

Viele Grüsse allerseits, 
Ludger

            



-----Original-Nachricht-----
Subject: Re: [ox-de] Vorstellung - neu im Club
Date: Sat, 24 Apr 2010 15:43:42 [PHONE NUMBER REMOVED]
From: "Franz Nahrada" <f.nahrada reflex.at>
To: liste oekonux.de

Hallo Lutger,

Willkommen!

Der laden hier ist zwar im Moment ein wenig ruhig, viele Dinge haben
sich
hier ein wenig totdiskutiert, aber die von Dir aufgeworfenen Fragen
stehen
halt immer noch in der Luft.

Wenngleich es notwendig ist zu sagen "die Realität ist ein wenig
komplizierter" und die Idee des Fabrikators als Leitidee der
Transformation ziemlich untauglich ist.

Von meiner Seite verweise ich Dich auf die Diskussion hier:

http://www.keimform.de/2008/10/17/kritische-auseinandersetzung-mit-
frithjof-bergmann/

Zitat

"Nicht, dass es nicht hunderte Beispiele gibt, dass sich viele
Segmente
gesellschaftlicher Produktion in Richtung dezentraler Automation
bewegen,
ist das Kritikable hier - sondern dass diese Beispiele als rein
plakative
Belege für das Kommen einer Erlösungsmaschine genommen werden, der uns
jeden Gedanken über das aufwändige Gestalten von Produkt- und
Stoffketten
erspart und gesellschaftliche Produktion in die unmittelbare
individuelle
Disposition stellt. Wer dann entdeckt, dass der Einsatz von
Fabrikatoren
auf wenige und möglicherweise problematische Materialien beschränkt
ist,
dass sie langsam und immer noch teuer sind, der reagiert dann mit
Enttäuschung."

beste Grüße


Franz Nahrada
GIVE Forschungsgesellschaft - Labor für Globale Dörfer
Wien, Österreich
http://www.dorfwiki.org

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT12855 Message: 4/50 L2 [In index]
Message 12859 [Homepage] [Navigation]