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Re: [ox] charta dieser liste u.a.



El Casi wrote:
Was störte die Vertiefung und Weiterentwicklung der Diskussion auf
dieser Liste?  War es die Diversität von Ansichten und
Ausgangspunkten, die Unterschiedlichkeit der Lebenserfahrung und
Bildungsniveau?  Ich glaube nicht.  Aber irgendwas hat die
Diskussion doch über kurz oder lang unfruchtbar erscheinen und
werden lassen.  Vielleicht hat dies was mit dem Gewicht von
Neuankömmlingen zu tun, die sich in den Vordergrund drängen
können, indem man sich gerne mit ihnen auseinandersetzt, aber
dabei von der eigentlichen kontinuierlichen Diskussion abkommt,
ohne es zu merken...  

Ich glaube, dass (1) dieses Phänomen ein allgemeines Begleitphänomen auf
dem Weg in eine Freie Gesellschaft ist, (2) wir hier auf der Liste eine
gehörige Portion praktische Alltags-Erfahrungen mit diesem Phänomen
gesammelt haben und (3) es theoretisch nur zu verstehen ist, wenn man
sich auf die psychoanalytische Dimension dieses Phänomens einlässt.

Zu letzterem war (bisher) niemand bereit und jeder kleine Vorstoß
meinerseits, unsere EIGENE PRAXIS hier zu analysieren, führte mehr oder
weniger sofort zu einem flame. Das konstatiere ich hier ohne Häme und
Bitterkeit als Teil des zu analysierenden Phänomens.

Insofern fände ich die gerade auf [pox] diskutierte Einstellung dieser
Liste als einen großen Verlust, weil gerade DIESE Erfahrungen dann nicht
mehr kommunizierbar wären.

Vielleicht ist nur dieser Punkt wichtig für
ohne es zu merken...  Vielleicht ist nur dieser Punkt wichtig für
den Erhalt virtueller Räume: daß Neueinsteiger und Zaungäste (so
wie ich) nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen, ... 
Früher hieß es, man solle sich erstmal ein paar
Wochen in einer Newsgroup oder einem IRC-Channel einlesen, bevor
man eigene Beiträge leistet.  Heute wird hingegen oftmals gleich
die Existenzberechtigung einer Liste in Frage gestellt, wenn
Provokationen `von außen' oder `von neuen' nicht bejubelt werden.  
Oder man kriegt anti-emanzipatorischen Verhalten unterstellt...

Andererseits: Widerspricht eine solche "Expertokratie" nicht dem
Emanzipationsansatz?

Dabei wird an solchen Prozessen nur klar, daß eine _Eigen_dynamik
der laufenden Diskussion sowohl für deren Stabilität als auch für
ihre Entwicklung wichtig ist, und daß die Aufweichung der
Eigendynamik nur zur Labilität und letzlich zum Verfall führt.

Was ist eine "Aufweichung der Eigendynamik"? Wenn sie sich praktisch
anders entwickelt als - von wem auch immer - erwartet?

Und daß diese Eigendynamik, die notwendig ist, eine bestimmte
kritische Masse von inhaltlichem Gehalt zu erhalten, kein Ding
ist, daß sich von selbst erhält.  Geht diese kritische Masse von
Substanz aufgrund von Ablenkung oder von Zankerei oder sonstwas
flöten, dann wird das, was ich oben Eigendynamik nannte durch eine
Dynamik der Eitelkeit abgelöst... Und alle ernsthaften Versuche,
dies zu verhindern, scheinen bisher noch nicht die Verfallstendenz
aufgehalten zu haben.

Vielleicht sollten wir die wenigen Elemente GELINGENDER KOMMUNIKATION
doch mal selektiver wahrnehmen als die vielen Momente, wo sie nicht
gelingt? Schließlich ist es - bei der Verschiedenheit der Menschen hier
- eher ein Wunder, dass Kommunikation doch gelegentlich gelingt, oder?

Es würde mich interessieren, was Ihr dazu denkt.  Denn ich halte
Mailing-Listen durchaus nicht für ungeeignet für ...

Mailinglisten haben den Vorteil, dass man einen ganzen Teil der
Kommunikation gleich "wegdrücken" kann, egal ob nun technisch gefiltert
oder nach "kurzem Drüberfliegen". Man kann sich deutlich besser als in
face-to-face-Diskussionen aussuchen, wo man "hinhört". Eine Mailingliste
hat da viel von einer großen Party, wo ich auch möglichst nur mit Leuten
rede, die mich interessieren.

Viele Grüße, HGG

-- 

  Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig
  Augustusplatz, D-04109 Leipzig, Raum 5-53	
  tel. : +49 341 97 32248
  email: graebe informatik.uni-leipzig.de
  Home Page: http://www.informatik.uni-leipzig.de/~graebe

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Kontakt: projekt oekonux.de



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