Re: [ox] Weltliche Religion
- From: Jac <sortesindet marsmail.de>
- Date: Thu, 11 May 2006 05:27:34 +0200
Hallo Hans-Gert,
Am Mittwoch, 10. Mai 2006 17:42 schrieb Hans-Gert Gräbe:
Ist das Marx oder dein Verständnis von Marxismus? Schließlich beginnt
etwa das Komm. Manifest mit 6 Seiten, auf denen die kulturelle Bedeutung
der Bourgeoisie herausgestrichen wird, ehe dann die Widersprüche der
(damalig) heutigen Gesellschaft thematisiert werden. Er war m.E. immer
bemüht, solche Gut/Böse-Schemata als menschengemachte
interessengeleitete Beziehungen zu entlarven - siehe seine ganze
Fetisch-Diskussion. Auch der Gedanke des Überwindens speist sich aus
zwei Überlegungen: einem historischen Analogieschluss (so war es schon
immer, wenn Verhältnisse zu Fesseln für die Produktivkraft-Entwicklung
wurden) und einem utopischen Element (wie könnten denn Verhältnisse
eines "danach" aussehen). Auch hier sehe ich kein "Gut-Böse-Schema".
Ich sprach von einer offensichtlichen Tendenz, nicht davon, das bei
Marx ein "Gut-Böse-Schema" zu finden sei. Marx sah die bis dato wesent-
liche Bedeutung der Bourgeoisie - auch als Schöpfer des Kommunismus
durch Bereitstellung der notwendigen Grundlagen ( und rechtfertigte
damit sowohl seine eigene Klassenzugehörigkeit als auch seine Partizi-
pation am kapitalistischen Einkommen seines Freundes F. Engels). Und
trotzdem rief er dazu auf, diese Bourgeoisie zu überwinden, sie der
Zuspitzung ihrer Widersprüche zuzutreiben. Denn trotz der kulturellen
Bedeutung der Bourgeoisie konnte ihre führende bzw. sich zur Führung
der Gesellschaft entwickelnde Herrschaft nicht ethisch gerechtfertigt
werden angesichts des durch sie verursachten Elends des Proletariats.
Angesichts dieses Elends der Arbeiter Mitte des 19. JHds. verblasste
jede kulturelle Bedeutung der Bourgeoisie - diese Klasse mit dem von
ihr verursachtem Elend einer anderen Klasse zu konfrontieren, wertete
die führende Stellung der Bourgeoisie als Klasse ab, die Opfer der
Herrschaft dieser Klasse dagegen auf.
Gruss,
Jacob
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