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Re: [ox] Noch mal zur Freien Gesellschaft



Hallo Christoph und Lars,

ich versuch noch mal, meine Argumentation zu schärfen und nehme das
(mail vom 18.3.) als Ausgangspunkt:

Christoph Reuss wrote:
HGG: Ich meinte, dass - um mal bei Christophs Terminologie zu
bleiben - JEDER sowohl Predator als auch Producer ist, der Riss
durch die Gesellschaft also auch durch jeden Einzelnen geht und 
deshalb Christophs Einteilung in GUT-Menschen (incl. er) und 
SCHLECHT-Menschen (incl. ich) den Kern des Problems verpasst.

Vielleicht habe ich bisher zuwenig hervorgehoben, dass Prod und Pred primär
_Wertesysteme_ sind, die von Personen mehr oder weniger angenommen werden.
Personen, die Predator-Werte (wie z.B. Gier) stark annehmen, werden dann
umgangssprachlich Predators genannt.  Also sind eigentlich nicht die
Personen ansich "gut oder böse", sondern die Wertesysteme Prod bzw. Pred.
Personen können ihre angenommenen Wertesysteme ändern, also "gut" _werden_.

Keinerlei Widerspruch, dass Wertesysteme eine hochgradig normierende
Wirkung haben, dass diese ein starkes Eigenleben entwickeln, aber
letztlich aus den gesellschaftlichen Bedingungen erwachsen (so habe ich
Lars Stroyni, 17.3., verstanden). Mein Punkt war jedoch, nicht NUR auf
diesen Mainstream zu schauen, sondern die Konflikthaftigkeit solcher
(letztlich dem Menschen äußerlicher) Wertesysteme im praktischen Handeln
zu berücksichtigen. Diese Konflikthaftigkeit, die Christoph als
"Predator vs. Producer" ausdrückt (wo man gesondert über diese
Terminologie streiten kann und dies hier genug geschehen ist - möchte
ich hier vollkommen beiseite lassen), ist eben nicht NUR ein Konflikt in
der Gesellschaft, sondern einer, der sich durch jeden einzelnen zieht.
"JEDER ist sowohl Predator als auch Producer"

Man kann natürlich darüber streiten, ob und inwieweit Werte/Eigenschaften
wie Gier "erblich" oder "angeboren" sind, aber selbst wenn sie es sind,
können die Betroffenen versuchen, diese Eigenschaften zu "zügeln", und
die Gesellschaft kann solche Eigenschaften belohnen oder eben nicht.

"die Betroffenen" - wer ist das? Christoph, du zeigst hier mit dem
Finger auf andere, aber ÄNDERN (in dem hier aufgerufenen Sinne des
"Zügelns") kann sich jede(r) nur selbst. "Die Gesellschaft kann solche
Eigenschaften belohnen" - ist das ein normativer Appell, es anders zu
machen? Da halte ich es denn doch mit Lars:

LS: ... dass jene Moral, die Handlungsweisen sanktioniert nichts
weiter ist als die logische Denke zur falschen Struktur.

Allerdings gebe ich dir recht, wenn du betonst

CR: Es gibt grosse Ermessensspielräume --umso grösser, je mächtiger
diejenigen sind!--, und wer es mit der Gier etc. übertreibt, wird
sogar in einer Predator- dominierten Gesellschaft bestraft (z.B. die
Medizin-Profs, die sich an die Tabakindustrie verkauften, oder auch
gewöhnliche kleinere und grössere Kriminelle).

denn trotz Mainstream gibt es Interessengegensätze, die dazu führen,
dass es doch nicht nur "die logische Denke" ist, zumal verschiedene
Aktuere mit durchaus verschiedenenen "logischen Denken" im Spiel sind.

Besonders die Mächtigen hätten es sehr wohl in ihrer Macht(sic!), ...

Sie wären nicht mächtig, wenn sie die Macht nicht (fast) nur in EINEM
Sinne gebrauchen würden ... Erst wenn sie damit in Konflikte geraten,
bewegt sich die Gesellschaft wirklich. Da sind wir dann aber schon bei
(den "Predatores") Marx und Moglen: "It is in the domain of technology
that the defeat of ownership finally occurs, as the new modes of
production and distribution burst the fetters of the outmoded law."

Strukturelle Gewalt läuft nicht ins Leere.  Falls jemand mal versucht,
neu "rechtsfreie Räume" zu schaffen, dann beeilen sich die Preds, diese
Räume wieder zu schliessen.  So wie mit DRM etc.  

Sie versuchen es. Vielleicht gibt es gute Gründe zu erwarten, dass es
ihnen NICHT gelingt. Das besser zu verstehen ist Anliegen der Debatten
auf dieser Liste - hatte ich immer so verstanden.

Viele Grüße, HGG

-- 

  Prof. Dr. Hans-Gert Graebe, Inst. Informatik, Univ. Leipzig
  Augustusplatz, D-04109 Leipzig, Raum 5-53	
  tel. : +49 341 97 32248
  email: graebe informatik.uni-leipzig.de
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