Message 09685 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT08868 Message: 81/151 L16 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

OT: Wiss. Imperialismus? Re: [ox] Wissens- und/oder Informationsgesellschaft?



Hallo Stephan,

Zwar komm ich der eigentlichen Debatte immer noch nicht hinterher,
möchte aber zum Schlagwort "definitorischer Imperialismus" kurz
etwas einwenden:

Stephan Eissler (2005-08-25 22:30 [PHONE NUMBER REMOVED]):
... Mein Eindruck ist jedoch, dass du nicht nur beides im Blick
behalten möchtest, sondern eine Terminologie anstrebst, die du
auf beides anwenden kannst – das ist aber ein großer Unterschied
(s.o.). Warum dies gerade dann problematisch sein kann, wenn es
um Soziales/Gesellschaft geht zeigt der „definitorische
Imperialismus“ dessen sich große Teile der Ökonomie schuldig
macht: Man hat den Kapitalbegriff und wendet in gleich noch auf
den Menschen an – schwupps sind auch Menschen Kapital,
Humankapital… 

Der Ausdruck "Humankapital" ist nun gerade kein Beispiel von
`definitorischem Imperialismus' sondern eher von
wissenschaftlicher Beschränktheit, genauer gesagt von
kapitalistischer Beschränktheit der `Wissenschaft', denn er
beschreibt sehr genau worum es geht.  Hingegen ist es m.E. eine
deutliche Folge von `definitorischem Imperialismus', wenn davon
geredet wird, man würde `Zeit in eine Freundschaft/in die Pflege
seiner Eltern usw. *investieren*', denn hier handelt es sich
tatsächlich nicht um primär ökonomische Zusammenhänge, sondern um
die Übertragung ökonomischer Begrifflichkeit auf bspw.
psychische, soziale oder was auch immer für Zusammenhänge. (Der
Vollständigkeit halber sei angemerkt, daß hier `ökonomisch' im
Sinne der *kapitalistischen Ökonomie* gemeint ist, welcher der
Ausdruck `investieren' entlehnt ist.)  Ähnlich krasse Beispiele
findet man leicht im Zusammenhang mit den Wörtern Angebot,
Nachfrage, Aktien, Vermarkten usw.  Dennoch bleibt bei all diesen
`definitorischen Imperialismen' immer die Frage offen, inwieweit
sie nicht doch (früher oder später) *reale Tendenzen* (oder gar
die nackte Realität) ausdrücken, und also nicht nur als
`definitorischer Imperialismus' verharmlost werden können, sondern
als die sprachliche Widerspiegelung der totalitären Macht des
Kapitalverhältnisses verstanden werden müssen.

Grüße,
El Casi.

»Die Realität ist die Zukunft der Leute von Gestern.«

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT08868 Message: 81/151 L16 [In index]
Message 09685 [Homepage] [Navigation]