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Re: [ox] Re: [pox] Re: License for a Wiki



* Stefan Meretz <stefan.meretz hbv.org> [2005-03-29 18:22]:
On Tuesday 29 March 2005 16:11, Holger Weiss wrote:
Copyleft ist in der Theorie vielleicht eine nette Idee, der
praktische Effekt scheint mir aber hoffnungslos ueberschaetzt.

Ohne Copyleft (konkret: GPL) hätte es keine Freie Software gegeben.

GNU-Software wurde natuerlich GPL-lizensiert, aber woran machst Du fest,
dass die Entwicklung anders verlaufen waere, wenn das GNU-Zeugs ohne
Copyleft lizensiert worden waere? Zumal ein nennenswerter Teil der
groesseren freien Projekte ja tatsaechlich kein Copyleft verwenden
(XFree86, Sendmail, BIND, INN, Apache, OpenSSL, OpenSSH, PostgreSQL,
Berkeley DB, Perl [optional], Cyrus, die BSD-Systeme, ...).

Und selbst das wird nur garantiert, solange der Anbieter
proprietaerer Modifikationen sich nicht das Entwickler-Team kauft
oder kaufen kann, um die Lizenzbedingungen zu aendern (was bei
wirklich _grossen_ Communities natuerlich schwierig ist).

Hier überschätzt du die Möglichkeit des "Kaufens" bzw. das Interesse
daran. "Aufkaufen" bewegt sich im proprietären Modus, im
Exklusionsmodus: Einmal aufgekauft und proprietarisiert, sprich: den
Rest der Welt exkludiert, und schon habe ich den Mist an der Backe und
bin fortan gezwungen, das Zeug proprietär zu entwickeln. Ich muss also
_alleine_ die Ressourcen aufbringen. Das können sich heute nur noch
wirklich große Firmen oder Nischeninhaber leisten.

Nein, es gibt einen Druck in Richtung Freigabe oder ökonomisch
gesprochen: einen Druck, einen Teil zu entwerten (oder wertfrei zu
entwickeln), um den Rest verwerten zu können.

Huch, wie geht denn dann das Argument fuer Copyleft? Wenn es keinen
oekonomischen Druck zum Proprietaerisieren gibt, waere Copyleft doch
ueberfluessig. Dem Lizenznehmer zu verbieten, Ableitungen unter einer
anderen Lizenz herzugeben, macht nur Sinn, wenn er dazu einen Anreiz
haette. Vorher dachte ich, wir waeren uns einig, dass es diesen Anreiz
durchaus gibt; und dass sich nur unsere Einschaetzung, in welchem Umfang
sich Firmen trotz dieses Anreizes via Copyleft zur Freigabe ihrer
Modifikationen "zwingen" lassen, unterscheidet.

Ja, hier gibt es Ausnahmen, die die Regel bestaetigen. Diese Faelle
wuerden vielleicht trotzdem eine Copyleft-Klausel rechtfertigen,
waere das die einzige Wirkung der Klausel. Copyleft-Klauseln haben
darueber hinaus aber die unschoene Nebenwirkung, dass sie qua
definitionem auch Inkompatibilitaeten zwischen freien Lizenzen
einfuehren und damit u.U. die (freie) Weiterentwicklung
erschweren/verhindern oder einen zumindest zwingen, sich um
juristische Fragen einen Kopf zu machen (alles schon erlebt).

Bürgerliche Gesellschaft ohne Rechtsform geht nun mal nicht. Die
Rechtsform werden wir nur zusammen mit der Warenform los.

Ja, aber eine Copyleft-Klausel wird man deutlich einfacher los als die
Rechtsform ;-)

IMHO hätte es auch Wikipedia ohne Copyleft nicht in dieser Dynamik
geben können. Auch hier kamen aber auch verschiedene Bedingungen
zusammen. Dass nicht alle glücklich mit dem viralen Freigabe-Effekt
des Copyleft sind, liegt doch auf der Hand. Wäre es aber möglich
gewesen, den Content zu reproprietarisieren, dann hätte es nur wenige
Altruisten gegeben, die noch mitgemacht hätten.

Hmm. Du meinst, ohne die Copyleft-Klausel haetten die Leute nicht
mitgemacht? Wuerde mich wundern, aber ich weiss es nicht.

Holger

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