Message 08037 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT08035 Message: 3/5 L1 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox] parallele Gesetzgebung?



Helmut Supik writes:
eine Frage:
sind die freien Lizenzen, wie die GeneralPublicLicence eine Art
Paralleler 
Gesetzgebung?

Benni meint nein wegen der Analogie zum Zivilrecht. irgendwie hat er recht.

Die Frage ist dennoch nicht uninteressant.
Die freien Lizenzen sind ja nicht Verträge für eine begrenzte
Personenzahl, sondern für virtuell endlose Teilnehmermengen.
Daher nochmal genauer.

Zunächst mal gilt: 

- Sie bauen auf Elementen der geltenden Gesetzgebung auf. Die GPL bezieht
zunächst mal ihre Geltung aus dem Urheberrecht. Es ist also zumindest mal
eine abgeleitete Gesetzgebung, Aber das ist ja nicht unbedingt ein
gegensatz zu Parallelität.

- Sie fügen neue Regeln hinzu, schaffen neue Standards für eine
unbeschränkte Anzahl Menschen. Hier trifft das mit der "Parallelen
Gesetzgebung" irgendwie zu.

- Sie bauen auf freiwilliger, konditionaler "Unterworfenheit" auf. Mensch
ist dann den Regeln unterworfen, wenn er z.B. GPL-Software
weiterentwickelt. 

"Parallele Gesetzgebung" mag da schon irgendwie zutreffen. 

Das Problem liegt für mich ganz woanders ganz woanders. Es liegt in der
Rechtsform selbst. Stiftet die Rechtsform Verläßlichkeit?

Das Gesetz im juristischen Sinn ist eine Sollensaussage, die der Form nach
ein blanker Idealismus ist. Ein juridisches Gesetz formuliert nicht das
Gesetz des Handelns, sondern einen Anspruch an das Handeln, der sich
seiner Geltung nie diskursiv versichert, sondern durch Sanktion. Gesetze
im Recht sind also solche, die im Unterschied zu Naturgesetzen gerade
nicht gelten. Einzig die staatliche Gewalt gibt dem juridischen Gesetz
einen substantiellen Halt.

Das Zivilrecht baut auf der Willenserklärung, mobilisiert aber zugleich
die Willenserklärung gegen den Willen. Anstatt freie Kooperationen zu
unterstützen, macht es aus jeder freien Kooperation im Lauf der Zeit eine
erzwungene Kooperation. Beispiel Ehe. "Du hast "ja" gesagt also mußt
Du...."....

Gute Regeln wären solche, die jederzeit zwischen den Beteiligten
wiederverhandelbar wären, wenn eine neue Information auftaucht. Und die
trotzdem so sicher halten, daß man sich blind drauf verlassen kann.

Juristisch ist dieses Problem nie und nimmer zu lösen.

Franz

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT08035 Message: 3/5 L1 [In index]
Message 08037 [Homepage] [Navigation]