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Re: Subsistenz (war: [ox] in Kürze: Substinenz)



toller Thread, leider hab ich derzeit Zeitengpaß und hab wieder keine
Gelegenheit eine beonnene Antwort fertigzustellen, jetzt muß ich aber was
dazwischenrufen:

Bitte macht Euch doch nicht an Wörterbuchdefinitionen von Subsistenz fest,
die durch die Brille der Marktwirtschaft zustandekommen! Das historische
Wörterbuch der Schweiz hat einerseits schon recht, wenn es feststellt, daß
Subsistenzwirtschaft in "reiner" Form niemals existiert hat. Dann muß das
aber ein Anlaß für das Denken sein, sich zu fragen was es falsch macht.
Das ist aber bei bürgerlicher Wissensschaft mit ihren eingestandenermaßen
nichtexistenten "Idealtypen" nicht der Fall (außer die negieren das Denken
dann gleich ganz zugunsten einer ebenso bescheuerten "Empirie", das ist
hier aber nicht das Thema).

Ähnliches (keine Subsistenz ohne Netzwerke) habe ich mal zu den Anazasi
geschrieben, ich werde den Artikel mal rausssuchen. 

Abstrakt gebe ich daher den Subsistenztheoretikerinnen (gegen die sich
dieser Artikel in Details richtete) recht, die Subsistenz nicht an einer
abgrenzbaren autarken wirtschaftlichen Einheit festmachen, sondern am
Vorliegen eines gemeinschaftlichen Arrangements zur bewußten
Aufrechterhaltung der Lebensgrundlage einer Gruppe von Menschen. Sie
nennen das "moralische Ökonomie" und subsummieren darunter auch einfache
Tauschbeziehungen, die aber durch den gemeinsamen Willen zur Erhaltung der
wirtschaftlichen Existenz jedes einzelnen relativiert werden (so zum
Beispiel durch Praktiken wie den periodischen Schuldenerlaß).

Es gibt bei mir einiges an Kritik hinsichtlich der Subsistenztheorie, aber
 die klare Abgrenzung der Subsistenz zur "betriebswirtschaftlichen Logik
der Produktion für einen anonymen Markt (betrieben von Einheiten im
Prinzip füreinander unverantwortlicher Produzenten)" halte ich für ein
sinnvolleres Kriterium als die lexikalen Sophistereien. In diesem Sinn
habe ich mal auch gemeinsam mit Norbert Trenkle von der Krisis am Begriff
"Globale Subsistenz"  rumgedacht, der sich leider nicht durchgesetzt hat,
aber ziemlich genau das meint, was wir alle vermutlich wünschen.


Franz

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