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[ox] Ausbildungsabbrueche in den IT-Berufen - hier: Zur Situation von Frauen



Hi!

In der c't 12/03, S.50 erschien ein Artikel "Fahnenflucht -
Ausbildungsabbrüche in den IT-Berufen" von Angela Meyer, bei dem auch
das Thema Gender auftauchte. Es ging um Ausbildungen in den IT-Berufen
(Informatikkaufleute, FachinformatikerInnen,
IT-System-ElektronikerInnen, IT-System-Kaufleute,
InformationselektronikerInnen). Ich denke, dass der Artikel sehr viele
interessante Passagen enthält, die so oder ähnlich hier auch schon
angeklungen sind. Ich zitiere mal die (vielen) Gender-relevanten
Passagen.

  ...

  Einige Hinweise darauf, warum die Auszubildenden aussteigen, liefert
  die Begleitforschung des Projekts idee_it "Frauen und Männer in der
  IT-Ausbildung", durchgeführt vom Kompetenzzentrum Frauen in
  Informationsgesellschaft und Technologie in Kooperation mit dem
  Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie der
  Initiative D21. Die Studie hat sich zum Ziel gesetzt, das
  Berufswahlverhalten, die Ausbildungssituation und den Übergang von
  der Ausbildung in den Beruf zu untersuchen - jeweils auch mit Blick
  auf geschlechterbezogene Unterschiede. Von 2002 bis 2004 erheben die
  Wissenschaftler bei mehreren Hundert Auszubildenden einmal jährlich
  über einen Online-Fragebogen die notwendigen Daten. In der
  diesjährigen Erhebung erden auch Fragen zur Abschlussprüfung dabei
  sein.

  Ein wesentlicher Auslöser, die Untersuchung geschlechtsspezifisch
  anzulegen, war die Erkenntnis, dass Frauen durchgängig in allen
  IT-Berufen (einzige Ausnahme: Informationselektronikerinnen 2000
  [was bei der relativ kleinen Grundgesamtheit m.E. auch einfach ein
  statistischer Ausreißer sein kann -- SMn]) deutlich häufiger als
  ihre jeweiligen männlichen Kollegen die Ausbildung vorzeitig
  beenden. In den Medienberufen, zu denen insbesondere die
  Mediengestalter zählen, lassen sich solche Tendenzen nicht erkennen.
  Hier führen mal die Frauen, mal die Männer die Statistik an.

  Frauen auf dem Rückzug

  Dabei sind die Frauen in den IT-Berufen sowieso schon deutlich
  unterrepräsentiert. Während sich der Frauenanteil in den
  Medienberufen, wozu insbesondere die Mediengestalter zählen, seit
  Jahren bei durchschnittlich etwa 50 Prozent hält, liegt er bei den
  IT-Berufen allen Aufklärungs- und Werbebemühungen zum Trotz im
  Schnitt bei etwas über 13 Prozent, Tendenz leicht fallend. Die
  Spanne ist recht groß: Während die Frauen bei den Informations- und
  IT-System-Elektronikern mit rund zwei beziehungsweise vier Prozent
  nach wie vor eine Ausnahme darstellen, erreicht ihr Anteil bei den
  Fachinformatikern nur gut ein Zehntel, und auch bei den IT-System-
  und Informatikkaufleuten mit etwa 30 beziehungsweise 23 Prozent sind
  nicht einmal ein Drittel weiblich. Dieser bereits bei den
  Bewerbungen sichtbare Trend wird durch das Einstellungsverhalten der
  Betriebe noch verstärkt.

  Da scheint das Ziel der Bundesregierung, den durchschnittlichen
  Frauenanteil in der IT auf 40 Prozent zu erhöhen, nach wie vor
  bestenfalls in ferner Zukunft erreichbar - und bis 2005, wie
  eigentlich geplant, inzwischen schlicht unrealistisch.

  Wie die erste Zwischenauswertung der idee_it-Befragung vom
  vergangenen Jahr zeigte, muss jedenfalls nicht nur die
  Ausbildungssituation generell noch verbessert werden, sondern auch
  in den Köpfen der Mädchen noch einiges passieren. Bereits bei der
  Entscheidung für einen IT-Beruf haben 40 Prozent der Mädchen
  Bedenken - bei den Jungen sind es lediglich 14 Prozent. Nach Ansicht
  der Forscher führt dies wahrscheinlich dazu, dass viele Mädchen mit
  geringerem Selbstbewusstsein in die Ausbildung starten, obwohl sie
  durchschnittlich höhere und bessere Schulabschlüsse haben.

  Dazu passt, dass unter den Befragten immerhin noch jede vierte Frau,
  aber nur jeder siebte Mann schon einmal an einen Abbruch gedacht
  haben. Obwohl relativ gesehen jeweils mehr Frauen als Männer dies
  auch tatsächlich tun, geben 87 Prozent der Frauen gegenüber 80
  Prozent der Männer in IT-Ausbildungen an, dass ihnen diese gut oder
  sehr gut gefällt - auch wenn jeweils mehr als die Hälfte gerne etwas
  verändern würden.

  ...

  Die Zwischenprüfung erhält von zwei Fünfteln der Azubis ebenfalls
  das Prädikat "praxisfern". Gut die Hälfte beurteilen die
  Übereinstimmung zwischen Prüfungsfragen und Ausbildungsinhalten in
  Betrieb und Berufsschule als gering. Entsprechend sind die
  Prüfungsergebnisse, wobei die Frauen tendenziell schlechter
  abschneiden: Unter den Befragten gab es keine Eins, bei vier Prozent
  der Frauen beziehungsweise 13 Prozent der Männer eine Zwei, bei 21
  beziehungsweise 32 Prozent eine Drei, 44 gegenüber 39 Prozent
  erreichten nur eine Vier und 21 Prozent der Frauen sowie 11 Prozent
  der Männer fallen durch. Dabei scheint die Ursache nicht in den
  Unterschieden bei der schulischen Vorbildung zu liegen: Bei beiden
  Geschlechtern geben jeweils 50 Prozent an, bei der schulischen
  Vorbildung besonders in Mathematik und Naturwissenschaften
  Schwerpunkte gesetzt zu haben.

  Auch wenn ein durchaus nennenswerter Anteil Probleme mit der
  Zwischenprüfung zu haben scheint, machen die Azubis je nach
  Geschlecht andere Lösungsvorschläge. So beklagen knapp ein Drittel
  der Männer, dass sie in der Berufsschule nicht genügend auf die
  Prüfungen vorbereitet werden, während gleichzeitig nur gut sechs
  Prozent angeben, fachlich überfordert zu sein. Bei den Frauen ist
  die Relation genau umgekehrt: Lediglich knapp ein Fünftel der Frauen
  fordert eine bessere Prüfungsvorbereitung in der Berufsschule,
  obwohl ein Viertel angibt, sich fachlich überfordert zu fühlen. Die
  idee_it-Studie führt diese auf die bereits in der biat-Studie
  gewonnene Erkenntnis zurück, dass weibliche Azubis in ihren
  Betrieben weniger Unterstützung erhalten als ihre männlichen
  Kollegen. Konkret heißt dies unter anderem, dass Frauen tendenziell
  weniger zugetraut wird, sodass sie seltener mit anspruchsvolleren
  Aufgaben betraut werden.

  Betrachtet man die zusätzlichen Schwierigkeiten - mehr Unsicherheit
  am Anfang, weniger Unterstützung und damit schlechtere Ergebnisse
  bei der Zwischenprüfung - müssen Frauen in der IT-Ausbildung im
  Schnitt mehr Durchhaltewillen aufbringen als Männer.

  ...


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de



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