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[ox] Re: Doppelt Freie Software und Nur-NutzerInnen



Hi StefanS und Liste!

2 weeks (18 days) ago Stefan Seefeld wrote:
was Du hier als Einschr"ankung darstellst, stellt sich mir als
treibender Faktor dar: Genau das macht (unter anderem) einen
wesentlichen Bestandteil der Qualit"at und Effizienz dieses
Entwicklungsmodells aus: Die Entwickler von Projekt X sind genau die,
die es auch gebrauchen k"onnen, d.h. sie sind es, die die Bed"urfnisse
am besten verstehen. (also keine Antagonismen zwischen Konsumenten und
'(Bed"urfnis-)Produzenten').


Ja und nein. Brauche ich als Software-Entwickler KDE oder GNOME?
Sicher nicht. Mein `fvwm2' tut es völlig und stürzt weder ab noch
bleibt irgendwas hängen. Ich denke, dass es mehr oder weniger allen
EntwicklerInnen so geht. Dennoch ist KDE entstanden - und wenn ich's
richtig verstanden habe, explizit *um* den Windows-UserInnen ein
ähnliches Look-And-Feel zu bieten (was nach meiner Wahrnehmung
mittlerweile bis hin zu den Bugs gelungen ist :-( ). Also wohl weniger
ein Bedürfnis der EntwicklerInnen selbst.

Mein Bed"urfnis als FS Entwickler liegt im Moment auch in der
Anerkennung von Freier Software als ernstzunehmende Alternative, sonst
darf ich m"oglicherweise in einigen Jahren gar keine FS mehr schreiben,
siehe 'Trusted Computing' etc.

Hier würde ich feiner unterscheiden. Dein Bedürfnis scheint mir vor
allem darin zu liegen, auch in einigen Jahren noch Freie Software
schreiben zu können. Sagst du selbst. In der aktuellen Situation
entwickelt sich daraus eine Interessenlage und aus dieser legen sich
bestimmte Handlungsweisen nahe. Diese Interessenlage ist aber nicht
mit deinem Bedürfnis identisch.

Und insofern brauche ich auch die potentielle Unterst"utzung jetziger
Windows-Nutzer, muss also etwas daf"ur tun, selbige f"ur FS zu gewinnen.

Ok. Aber das ist schon ein entfremdetes, zumindest aber hochgradig
vermitteltes Interesse. Wenn ich Software-Qualität als ein typisches
Bedürfnis Freier-Software-EntwicklerInnen annehme, dann kann das
Bedienen der Windows-NutzerInnen potentiell gegen das
Qualitätsbedürfnis verstoßen.

Ich denke, dass hier Vorsicht angebracht ist, weil die Entfremdung
ziemlich schnell um die Ecke lugt. Damit wäre aber - nach
Oekonux-These - der Erfolg Freier Software fundamental gefährdet.

Eine interessante Frage ist dann, wie man die, die Programme brauchen,
bef"ahigen k"onnte selbst an deren Erzeugung mitzuhelfen, also eine Art
Emanzipation.


Das wäre eine Möglichkeit, dass die Nur-NutzerInnen quasi empowert
werden. Allerdings sehe ich da prinzipielle Grenzen, da aufgrund der
Komplexität von Software komplizierte neue Dinge nur mit komplizierten
neuen Gedanken gemacht werden können.

Das glaube ich nicht. Dein Essen machst Du ja auch in der Mikrowelle
warm ohne dass Du daf"ur Physik studieren musst.

Die Betonung lag auf *neue* Dinge. Klar kann ich mir auf eine
Instant-Suppe Wasser gießen ohne Koch zu sein. Ich kann aber mit
dieser Fähigkeit des Wasseraufgießens keine neue Suppe kochen, sondern
nur verschiedene Sorten vorgefertigter Instant-Suppen verzehrfertig
machen.

Eine neue Suppe zu kreieren ist aber eine Aufgabe, die völlig andere
Fähigkeiten benötigt als Wasseraufgießen. Ohne diese Fähigkeiten wirst
du tendenziell keine ansprechenden Ergebnisse erzielen. Das war's, was
ich ausdrücken wollte.

Um's mehr Software-technisch zu sagen: Wenn ich immer nur eine
bestimmte, beliebig komplexe Funktion brauche, dann kann ich mir ein
Programm besorgen, dass diese Funktion ausführt und habe alles was ich
brauche. Wenn meine Bedürfnisse damit gedeckt sind: Ok. Wenn ich aber
ein Bedürfnis habe, dass nicht durch vorhandene Software erledigt
wird, dann muss ich mir aus den vorhandenen Bausteinen eine neue
Lösung basteln. Dazu muss ich aber etwas anderes wissen, als zur
Erzielung der bestimmten Funktion vorher. Mehr Handlungsfreiheit
benötigt eben auch mehr Fähigkeit.

Hier liegt letztlich auch der Unterschied zwischen der Fähigkeit Word
zu bedienen und zu wissen, wie eine Textverarbeitung grundsätzlich
funktioniert. BTW ein wichtiger Faktor in der Diskussion um
Informatikausbildung an Schulen. Der Standpunkt M$ dürfte hier klar
sein...


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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