Re(2): [ox] Freie Software ist Müll
- From: f.nahrada magnet.at (Franz J. Nahrada)
- Date: Tue, 10 Dec 2002 17:41:05 +0100
holger w writes:
Ohne Produktion keine Distribution und umgekehrt, allein schon deshalb
gehoert beides zusammen, ja. Es sind dennoch zwei grundverschiedene
Dinge, ob ich ein Produkt herstelle oder fertige Produkte verteile. Der
Umsonstladen zielt erstmal auf letzteres. Wenn er damit die Gesellschaft
veraendern will, liegt also die These zugrunde, dass man das ueber die
Veraenderung der Distributionsverhaeltnisse machen koennte. Sprich, man
produziert einfach weiter wie vorher und verteilt das fertige Produkt
dann nur anders. Das uebersieht genau den Zusammenhang zwischen
Produktions- und Distributionsverhaeltnissen, den Du hier proklamierst.
Mit Verlaub, der Witz an freier Software ist auch und gerade
eine Dezentralisierung und Universalisierung, eine Transformation
dessen, was Produktion heißt.
In einem Nürnberger Projekt "Arbeit über Arbeit" fand ich
vor langer Zeit den Satz:
"Der Computer vereinheitlicht als universales
Werkzeug die unterschiedlichsten Inhalte und verlagert
die materielle Produktion endgültig an die Peripheriegeräte.
Ist "Welt" einmal digitalisiert und modellhaft, läßt sie sich
von unterschiedlichsten Autoren bearbeiten und verschicken,
um sich irgendwo zu materialisieren"
http://www.kubiss.de/kultur/projekte/arbeitueberarbeit/indexfla.htm
kann ich nix falsches daran finden. könnte nahezu als Motto
über oekonux und seinem Anliegen stehen.
und in einer immer noch stellenweise lesbaren Unzeitung aus Berlin heißt
es unlängst:
" So können verborgene Stätten der Produktion im Zeitalter des Empire
vieles bedeuten. Zum Beispiel sind damit die realen Arbeitsbedingungen in
den Chipfabriken der Dritten Welt gemeint, in denen die Armen arbeiten -
»mittellos, ausgeschlossen, unterdrückt und ausgebeutet, und doch lebend«.
Es können damit genauso die rundumverglasten Großraumbüros der Dotcom
Start-Ups in der ersten Welt bezeichnet werden. Dies sind nur die
materiellen Bezugspunkte. Hinabzusteigen zu den verborgenen Stätten der
Produktion bedeutet im digitalen Zeitalter aber noch etwas ganz anderes.
Es bedeutet nämlich, dass wir auch hinabsteigen müssen in die ganz anders
geartete immaterielle Technologie der Computerisierung und dort die
formalen Eigenschaften der Maschinen untersuchen, die der Webstuhl und die
allgemeine industrielle Monstrosität unserer Zeit sind."
http://www.jungle-world.com/_2002/50/sub04a.htm
Das spannende an Oekonux ist, daß diese Änderungen in einem
Aneignungssinn reflektiert werden. Schmeiß uns doch bitte nicht
zurück in die abstrakte Gegenüberstellung!
Franz
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