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Re: [ox] Begriffsbildung (war: Die Schlauch-Seil-Inkontingenz)



Hi Kai und Liste!

Last week (7 days ago) Kai wrote:
Hallo liebe Freunde der Begriffsbildung,

Na, dann ufern wir mal ein bisschen zu Hegel aus ;-) . Kenne ich nur
aus der Reflexion. Aber ein paar Eindrücke sind hängen geblieben.

Ein kleines Mini-tutorial Begriffsbildung fuer
Anfaenger/Nicht-Hegelianer:
http://hegel-werkstatt.de/artikel/logik/begriff.htm

Das habe ich mal schnell gelesen. Was mich instinktiv stört sind
Absätze wie

  Ist genug Material vorhanden, so wird angefangen, das Material zu
  ordnen. Dabei ist zu beobachten, dass mit vermehrtem Wissen die
  Ordnung von sehr äußerlichen Kriterien (Farbe, Geruch, Anzahl
  einzelner Teile, u.ä.) zu immer passenderen/immanenteren Kriterien
  vorgedrungen wird (etwa wird heutzutage in der Biologie das
  Pflanzen- und Tierreich nach der Verwandtschaft der DNS unterteilt).

Warum ist die DNS *per se* das passendere / immanentere Kriterium? Ich
glaube, dass das nicht mal für die gesamte Biologie gilt. Das stört
mich an Hegel (bzw. der Reflexion durch z.B. dich ;-) ) immer so, dass
da irgendwo im Hintergrund das Richtige (TM), die Wahrheit (TM) und
ähnliche Kaliber lauern. Das teile ich nicht und das stößt mich ab.

Außerdem stößt mir als Informatiker, der mit Gödel groß geworden ist,
so etwas...

  Formale Logiker behaupten schließlich, dass sich wissenschaftliche
  Systeme einteilen ließen in die unbewiesenen & unbeweisbaren Axiome
  und den aus ihnen durch tautologische Umformungen gewonnene
  "abgeleiteten" Sätze. Dabei werden auch die dabei angewandten
  Umformungsregeln der formalen Logik, konsequent selbst wieder als
  unbewiesenen & unbeweisbaren Axiome betrachtet.

  Wenn auch Gedanken dieser Art in Büchern über Formale Logik und
  Wissenschaftstheorie anzutreffen sind und durchaus auch aus der
  Philosophie ihren Weg in die Feuilletons und die Begründung von
  allerlei skeptischen und relativistischen Zeitgeistes finden, so
  wird doch der "normale" Betrieb der Wissenschaften durch sie nicht
  sonderlich berührt.

...natürlich ein wenig sauer auf. Ich finde das nicht so
vernachlässigbar. Der Gödel'sche Bruch ist m.E. in der
Wissenschaftsgeschichte einer der wichtigsten, wenn nicht der
wichtigste überhaupt. Nach Gödel sieht auch und gerade die Welt anders
aus (und nach der Entdeckung des Chaos m.E. nochmal). Ich würde daher
auch nicht solche Generalabsolutionen erteilen:

  Denn die Arbeit selbst des dümmsten und borniertesten
  Wissenschaftlers besteht nun einmal (meines Wissens <g>) nicht
  darin, sich beliebige Axiome auszudenken und diese dann wiederum
  beliebig umzuformen.

Generell finde ich den Link aber ganz nett - vor allem die 2.
Vorbemerkung, die m.E. ganz gut trifft. Allerdings würde ich das
Minimalismusgebot...

  Es kommt hierbei also darauf an, das vorgefundene Material so zu
  ordnen, dass sich möglichst viele Erscheinungen mit möglichst wenig
  Annahmen/Axiomen/Gesetzen (hier also benutzt i.S. von "nicht weiter
  ableitbarem") erklären lassen.

...heute auch nicht mehr so ungebrochen teilen. Dieses
Minimalismusgebot hängt m.E. mehr mit der begrenzten Kapazität /
spezifischen Struktur eines Menschenhirns zusammen als mit irgendetwas
anderem. Eine Computer-Intelligenz könnte das m.E. z.B. ganz anders
sehen.

Dementsprechend ist auf den Einwand


Aber auch der Elefant ist ja nicht der Weisheit letzter Schluss. Der
Elefant kann ja als Teil einer Herde betrachtet werden und dann ist er
wieder nur Bestandteil einer Gesetzmäßigkeit: Viele Elefanten kommen auf
einem räumlich stark begrenzten, aber dennoch wechselnden Gebiet vor.
<<<<

zu sagen, dass auch dies (z.B.: den Elefanten "sozial", "oekologisch",
generell: im Zusammenhang) zu betrachten, auch eine weitere Sichtweise
ist, die eben in der Begriffsbildung einzugehen hat, wenn sie als
Sichtweise einmal vorhanden ist.

Das ist natürlich eine mögliche Herangehensweise. Aber gerade weil
ich hier:

  Klar ist dabei wohl jedem, dass der Begriff dabei einerseits die
  Grenze zu dem Anderen eindeutig (?) bestimmen (Schritt 1) sollte,
  andererseits sollte er zu allen Erscheinungsformen die unter ihn
  fallen (Schritt 2) passen.

das Uneindeutige, die unscharfe Grenze stark machen würde, würde ich
vermuten, dass du damit nicht weit kommst und die Grenzen in
Windeseile so weit nach Außen verschiebst, dass der Begriff nicht mehr
greift. Damit ist auch nichts gewonnen - oder?

Bevor ich noch auf einige einzelne Punkte der letzten Mail von Stefan
Merten
eingehe, noch eine Vorbemerkung zu seienm abschliessenden Absatz


Um Oekonux als Beispiel zu nehmen: Wenn ich da einen Einführungsvortrag
halte, dann stelle ich mich auch nicht erst eine Stunde hin und erkläre
die Mechanik einer Mailing-Liste - was ich eigentlich müsste, da dies
der hiesige Prozess der Begriffsbildung ist. Nein, ich präsentiere in
einer knappen Stunde o.ä., die Konzentrate unseres gemeinsamen
Erkenntnisprozesses. Dadurch gehen die anderen Teile nicht weg - sie
sind nur gerade nicht im Fokus. <<<

a)
IMHO ist es sinnvoll, hier zwei Ebenen zu unterscheiden:
das technische Mittel der Diskussion, die Mailinglisten, und
theoretische
Grundlagen eienr Diskussion, wie etwa
Logik/Begriffsbildung/Wissenschaftstheorie
etc.

Ähm - für mich ist die Mailing-Liste vor allem ein soziales Phänomen.
Die Technik spielt da für mich eine untergeordnete Rolle, weswegen...

Wenn wir im Beispiel der bekannten ISO-7-Schichten-Modell der
Netzwerkkommunikation spraechen, dann waere die Begriffsbildung auf
Ebene der (unteren) Anwendungsschicht, die Mailingliste irgendwo weiter
unten bei der Transportschicht.

...ich die Mailing-Liste eher auf die Anwendungsebene packen würde
;-) . BTW: Nett, dass du es den InformatikerInnen auf der Liste ein
wenig leichter machst :-) .


						Mit Freien Grüßen

						Stefan


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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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