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Re: [ox] Bildet NutzerInnengemeinschaften!



* Benni Baermann <benni obda.de> [2002-11-30 08:46]:
On Sat, Nov 30, 2002 at 01:35:15AM [PHONE NUMBER REMOVED], Holger Weiss wrote:
(ich kann gerne begruenden, warum freie Software m.E.
viel "revolutionaerer" ist als ein Umsonstladen, wenn gewuenscht).

Darüber würde ich mich freuen.

Freie Software steht in einem Spannungsverhaeltnis zu kapitalistischer
Produktion, der Umsonstladen (wenn ich ihn recht verstehe) nicht. Fuer
freie Software _an sich_ bekomme ich kein Geld, kapitalistische
Produktion freier Software ist damit erstmal nicht moeglich. Obendrein
untergraebt freie Software, wenn sie denn erfolgreich ist, die
Profitmoeglichkeiten der proprietaeren Konkurrenz. Ernstzunehmen ist
dieser Widerspruch nur dann, wenn man annimmt, dass die
Produktionsprinzipien freier Software _produktiver_ als die der
proprietaeren Software sind. Da genau das m.E. der Fall ist, gibt es
Strategien, diesen Produktivitaetsvorsprung indirekt in kapitalistische
Strukturen einzubinden, siehe RedHat und Co. Dass es, wenn ueberhaupt,
nur indirekt funktioniert, zeigt den Widerspruch.

Ein Umsonstladen steht im Unterschied hierzu m.E. in keinem Widerspruch
zu kapitalistischer Produktion. Es werden ja nur die gebrauchten,
kapitalistisch produzierten Produkte weggegeben. Damit steht der
Umsonstladen nicht in "Konkurrenz" zu kapitalistischer Produktion,
sondern hoechstens in Konkurrenz zur "Zu Verschenken"-Rubrik der lokalen
Gebrauchtwarenzeitung. Ob Du die Sachen wegschmeisst, in der Zeitung
annoncierst oder in einen Umsonstladen gibst, ist der kapitalistischen
Produktion herzlich egal. An anderer Stelle hast Du gesagt, dass genau
das ja Sinn der Sache sei (dass Umsonstlaeden nichts mit Kapitalismus zu
tun haben, also in keinem Verhaeltnis zu ihm stehen, auch nicht in einem
Widerspruchsverhaeltnis). Kann ja sein. Das bedeutet nur, dass der
Umsonstladen kein Schritt hin zur Abschaffung des Aequivalenzprinzips
ist -- es bedeutet, dass freie Software "revolutionaerer" ist, weil sie
sich mit kapitalistischen Produktionsprinzipien "anlegt".

Die Knappheit an Informationsgütern ist durch das Internet faktisch
beseitigbar, die Knappheit an materiellen Gütern ist es nach meinem
Dafürhalten auch 

Schraeg ist fuer mich auch, dass Leute, die so "revolutionaere"
Forderungen aufstellen, so platte ideologische Kategorien wie
"Knapptheit" nicht hinterfragen. Die "Knappheit" ist ein von der
neoklassischen Oekonomie postulierter Begriff, der dazu dient, den
kapitalistischen Markt als die der natuerlichen Knappheit angemessene
Organisationsform zu rechtfertigen.

Es macht sich nicht ganz so gut von oben herab zu behaupten andere
würden "nicht hinterfragen", wenn man grad neu in einen
Diskussionszusammenhang kommt, oder?

Ich bin neu auf der Liste, gehoere aber zu denen, die Archive, FAQs etc.
lesen, bevor sie posten. Dass ich zum Begriff der Knappheit _vorher_
nichts gesagt hatte, liegt genau daran, dass ich mich erst gestern auf
Euren Seiten danach umgeschaut habe (im Archiv, den FAQs und unter
http://www.oekonux.de/einfuehrung/kladde.html#Stichwort: Knappheit).

Trotzdem hast Du recht, neu reinkommen und gleich "lospoebeln" ist
scheisse, zumal ich natuerlich nur einen winzigen Teil des Archivs
kenne. Sorry, falls ich Banalitaeten wiederholt haben sollte! Sowas ist
tatsaechlich _mehr_ als nervig fuer die Leser. Im Allgemeinen lese ich
einige Wochen oder Monate in einer Newsgroup/Liste mit, bevor ich poste.
Ab sofort werde ich das auch hier so halten und in keinen neuen Thread
mehr einsteigen.

Sorry, aber das finde ich wirklich reichlich arrogant.

Wenn ich kritisiere, glaube ich natuerlich, dass ich richtig liege und
mein Gegenueber falsch liegt. Wenn _das_ schon "von oben herab" ist, ist
Arroganz eine gute Sache, weil der Diskussion dienlich. Meine Kritik
koennte natuerlich falsch sein, daher macht es Sinn, wenn mein
Gegenueber genauso "arrogant" ist und meine Postings kritisiert. Ich
wuensche mir, dass er/sie sich beim Schreiben nicht anstrengt,
moeglichst freundlich zu klingen, sondern sich anstrengt, moeglichst
_kritisch_ zu antworten. Um deutlich zu machen, dass mir beim Schreiben
immer bewusst ist, dass ich falsch liegen koennte, baue ich regelmaessig
"m.E.", "in meinen Augen" etc. in meine Saetze ein. In diesem Satz hatte
ich das halt nicht getan.

aber was Du machst, ist Schwarzmalerei verbunden mit der Forderung
nach "wirklich revolutionärer" Praxis, die das alleine seligmachende
sei und alles was Du damit erreichst ist Lähmung.

Erstmal hatte ich nur gesagt: Die Aufhebung des Aequivalenzprinzips ist
so ziemlich das "revolutionaerste", was man derzeit fordern kann. Wenn
das das _Mindeste_ ist, was ueberhaupt nur politisch interessant ist
(also quasi das "allein Seeligmachende"), dann folgt daraus logisch,
dass die Praxis "wirklich revolutionaer" sein muss.

Holger

-- 
You tried your best and you failed miserably.
The lesson is 'never try'.
  
                        Homer Simpson (The Simpsons, Burns' Heir [1F16])
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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