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Re: [ox] Begrifflichkeiten



Da will ich jetzt auch mal ausnahmsweise was zu sagen:

Wie aus euren Fremdwörterbüchern deutlich hervorgeht, ist der Begriff
"Dualismus" selbst sehr unscharf (wie die Bedeutung aller Wörter, ich
will euch hier aber nicht mit Semantik quälen...), einzige Gemeinsamkeit
der verschiedenen Definitionen ist lediglich, dass es immer um etwas
zweielementiges geht, m.a.W. werden zwei unterschiedliche Begriffe
miteinander kontrastiert. Ein klassischer Dualismus setzt wohl voraus,
dass die miteinander in Bezug gesetzten Begriffe Antonyme sind, dass
heisst, dass sie in einem logischen Zusammenhang stehen und sich
gegenseitig ausschliessen (wenn p, dann nicht q), gemeinsam aber eine
Sache beschreiben wie der Fall bei

1. Männer - Frauen: beschreiben die Gruppe der Menschen, 
2. positiv - negativ: beschreiben die Gruppe der Bewertungen
3. Leib - Seele: beschreiben gemeinsam das Bewusstsein (oder irgendwas
ähnliches)
4. Welle - Teilchen: beschreiben gemeinsam das Licht

Dieser grundsätzliche Gedanke des Dualismus, dass bei gegebenem p folgt,
dass q nicht der Fall sein kann, führt nach meiner Auffassung zu einer
politischen und rhetorischen Instrumentalisierung von "Scheindualismen"
wie

5. Ausländer - gute Nachbarn: beschreiben gute und böse Mitbürger
6. Frauen - Linux-User: beschreiben die Gruppe der tollen Leute

Der Scheindualismus in Beispiel 5 impliziert natürlich, dass Ausländer,
da sie aufgrund der dualistischen Repräsentation nicht in die Gruppe der
guten Nachbarn gehören können, die Gruppe der bösen Mitbürger stellen
müssen. In Beispiel 6 wird ausgedrückt, dass Frauen zwar zur Gruppe der
tollen Leute gehören, aber eben nicht Bestandteil der Gruppe der
Linux-User sein können.

Ich glaube aber auch, dass Menschen bei Dualismen oft "schwach" werden,
weil so eine bipolare Skalierung der Dinge in der Welt einfach zu
verstehen ist und auch für Theorien eine einfache Modellierung
ermöglicht. Dass diese Sichtweise normalerweise stark vereinfacht ist -
sogar für so scheinbar klare Kategorien wie Mann vs. Frau - ist wohl
allen Leuten klar, die an Theorien basteln. Ohne Modelle kommt aber eine
Theorie wohl selten aus, bei der Instrumentalisierung von Dualismen, um
Meinungen zu untermauern, sollte mensch meiner Meinung nach recht
vorsichtig sein.

Lieber Gruss,

Petra
-- 
"Simply put... everyone has a price, mine is chocolate!"
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