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Freies Radeln als Keimform? (was: Re: [ox] Freies Radeln gescheitert ?)



Hi Christoph und Liste!

2 days ago Christoph Reuss wrote:
Btw, ich finde es interessant, dass auf dieser Liste niemand meine
Frage nach einer "GPL-Keimform" für Fahrradverleih beantworten konnte,
aber die Leute genügend Zeit haben, irgendwelche unrealistischen
"Gegenbeispiele" zu konstruieren  und an der pragmatischen Lösung
(Züri rollt) herumzunörgeln.  Schade eigentlich.

Nun sei doch nicht so ungeduldig ;-) . Außerdem haben ja auch andere
mittlerweile.

Was eine bestechende Ähnlichkeit zu Freier Software ist, ist die
Eigenschaft des kostenlosen öffentlichen Guts. Na ja, nicht ganz
kostenlos (Ausweis als Pfand), aber zumindest nicht ohne weiteres
gegen Geldgegenwert.

Nun haben wir solche kostenlosen - d.h. nicht nutzungsbezogen
finanzierten - öffentlichen Güter allenthalben. Straßen z.B. Viele
davon - jedenfalls, die mir so einfallen - sind aber in der Tat
immobil, so daß ein Mißbrauch wie bei mobilen Gütern nicht ohne
weiteres stattfinden kann. Bei Software stellt sich BTW das Problem
wegen der Eigenschaften von Informationsgütern so nicht.

BTW stellt sich hier auch wieder das Herrschaftsthema. Auch bei den
immobilen kostenlosen öffentlichen Gütern sind Mißbräuche denkbar. Daß
aber nur wenige Leute Straßen verbarrikadieren und exklusiv nutzen,
ist eine Folge eines funktionierenden Herrschaftssystems - wobei in
diesem Fall der Dominationsfaktor ja eher gering ist und die
freiwillige Zustimmung überwiegt.

Ein Unterschied ist die Begrenzung - wie ThomasUG richtig angedeutet
hat. Freie Software ist - auch aufgrund ihrer Eigenschaft als
Informationsgut - im Überfluß vorhanden. Fahrräder dagegen sind nur in
Amsterdam im Überfluß vorhanden - jedenfalls habe ich nur da etwas
Ähnliches wie Freies Radeln beobachten können - allerdings gänzlich
unorganisiert.

Ein weiterer wichtiger Punkt, auf den FranzN schon hingewiesen hat,
ist die unterschiedliche Betreuung. Das Freie Radeln wird nicht von
Leuten betreut, die das aus Selbstentfaltung tun, sondern ist ein
kommunales Projekt. Sehe ich momentan aber erstmal nicht als
Kill-Kriterium.

Am wichtigsten aber scheint mir, daß beim Freien Radeln für
entscheidend zu viele nicht der Aspekt klar zu sein scheint, daß die
maximale Selbstentfaltung aller der eigenen Selbstentfaltung nützt und
eine Verfolgung von (gemeinschaftsschädlichen) Eigeninteressen
letztlich mir selbst schadet. Wobei es ja auch wirklich nicht gerade
offensichtlich ist, warum ich was davon habe, wenn alle Fahrräder
kostenlos nutzen können. Ich denke, daß hier einer der Knackpunkte
bezüglich der Keimformfrage liegt.

In der Tat ist ja auch das kurzfristige *entfremdete* Eigeninteresse
durchaus besser durch Klauen bedient. Ein reines Nutzungsinteresse
dagegen könnte bei ausreichender Fahrraddichte wohl eher nicht zu
solchen Effekten führen. Auch hier scheint mir also die Möglichkeit
des entfremdeten Interesses mal wieder einer der Knackpunkte. Vor der
Abschaffung des Geldsystems dürfte daran auch nicht viel zu ändern
sein :-( .

Quintessenz? Ich bin nicht sicher. M.E. überwiegt der Charakter des
kostenlosen öffentlichen Guts, so daß ich eher nicht von einer
Keimform sprechen würde.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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Organisation: projekt oekonux.de


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