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[ox] Re: Doppelt Freie Software



Hi StefanMz, ThomasUG, alle!

Ich fasse in dieser Mail mal alles zu diesem Thread zusammen - auch
die entsprechenden Teile aus dem `Sun macht [mit StarOffice] ihre
eigene Scheisse'-Thread. Auf ThomasB gehe ich noch gesondert ein.

Last week (13 days ago) Stefan Meretz wrote:
da hast du IMHO einen wichtigen Gedanken verdichtet!

:-) . Ja, mir ging etwas in diese Richtung schon länger durch den Kopf
und ab und zu kommt dann der richtige Input aus der Liste und der
richtige Zeitpunkt und dann gelingt was :-) .

Stefan Merten wrote:
Ich führe mal den Begriff der Doppelt Freien Software ein um sie von
der kommerziellen / im Auftrag erstellten Freien Software abzugrenzen.

Die Idee finde ich gut, den Begriff aber noch nicht, weil das "doppelt
freie" keine Eigenschaft der Software wie das "einfach freie" (Copyleft)
ist, sondern eine des Produktionsprozesses: man sieht der FS nicht an,
wie sie hergestellt wurde (jedenfalls nicht generell)

Na, das gilt aber für die einfache Freiheit auch nicht. Die GPL ist
schließlich auch keine stoffliche Eigenschaft - etwas seltsam bei
Software von stofflicher Eigenschaft zu sprechen ;-) - von Software.
Sie ist vielmehr eine Meta-Eigenschaft, die als rechtliches Konstrukt
und - wie ThomasB richtig bemerkt hat - notfalls mit Staatsgewalt
durchgesetzt wird. So gesehen ist "doppelt Frei" nicht wirklich viel
schlechter.

Aber ich habe keinen anderen Begriff. Vielleicht können wir "doppelt
frei" auch in diesem metaphorischen Sinne verwenden.

Mir liegt nicht daran, mich an eine bestimmte Bezeichnung zu klammern.
Aber wenn der Begriff wichtig ist - was er auch mir zu sein scheint -,
dann fände ich eine griffige hilfreich. Der Begriff umfaßt - so wie
ich es ursprünglich gedacht hatte - vor allem die Freiheit von
Entfremdung bei den EntwicklerInnen. Geld ist da ein wichtiger Aspekt.

Last week (11 days ago) Thomas Uwe Gruettmueller wrote:
On Friday, 5. April 2002 12:05, Stefan Merten wrote:
um sie von der kommerziellen / im Auftrag erstellten Freien
Software abzugrenzen.

Verstehe ich das so richtig?

A == ( B | C ) & !D

Ein Programm ist nach deiner Def. genau dann "Doppelt Freie
Software" (A), wenn es nach GNU-Terminologie "freie Software"
(B) oder "halb-freie Software" (C), aber nicht "kommerzielle
Software" (D) ist.

Nun, entscheidend wäre für mich, daß einerseits die Grundfreiheiten
für die NutzerInnen gewährleistet sind - was die FSF(E) herausstellt -
aber eben auch die Entfremdungsfreiheit der EntwicklerInnen - was
ESR/OSI zwar beschrieben hat, aber sie gleich wieder per Verwertung
wegmachen wollen. Ob das als reale Kategorie zur Beurteilung eines
bestimmten Projekts im Detail hilfreich ist, kann ich nicht sagen. In
vielen Fällen wird es Mischformen und umfangreiche Grauzonen geben.
Die zentrale These jedoch ist, daß erst die Entfremdungsfreiheit die
(kreativen) Potentiale freisetzt, die einen Qualitätssprung gegenüber
dem verwertbaren Schrott ermöglichen.

Der Aspekt Open Source ist bei der Entfremdungsfreiheit BTW sogar von
untergeordneter Bedeutung, da der nicht für die Selbstentfaltung /
Entfremdungsfreiheit einer EntwicklerIn notwendig ist. Für die
Freiheit der NutzerInnen ist er natürlich essentiell.

Last week (7 days ago) Thomas Uwe Gruettmueller wrote:
Ich sehe hierbei nun folgenden Zusammenhang zum
"Doppelt-Frei"-Thread: OpenOffice.org ist freie Software.
Teile sind unter der Bezeichnung "Star Office" kommerziell
entstanden und von geringer Qualität (s.o.), möglicherweise
deshalb. Heute kann diese Software aber in Selbstentfaltung
weiterentwickelt werden, was auch geschieht, da sie
inzwischen frei ist. Dennoch liegen einer
Qualitätssteigerung Steine im Weg. Dies ist jedoch nicht ein
Problem der Software, sondern der Projektorganisation. Somit
wäre IMHO vielleich statt der Definition einer neuen
Softwareklasse (Was ist "doppelt Freie Software"?) die einer
neuen Projektklasse (Was ist ein "(doppelt) freies
Projekt"?) sinnvoller...

Ja, das ist es, was ich ausdrücken wollte. Dann könnte man
aber vielleicht beides so verknüpfen: "Doppelt Freie Software"
ist Software, die in einem "Doppelt Freien Software-Projekt"
entstanden ist.

(...oder: "Doppelt freie Software ist freie Software aus einem
freien Projekt" (daher "doppelt frei").

Das gefällt mir :-) .

Ansonsten s.o. Unter einem Freien Software-Projekt würde ich aber auch
intuitiv das verstehen: Ein Software-Projekt auf freiwilliger Basis -
ergo ohne Entfremdung. Ein Freies-Software-Projekt könnte dagegen auch
durchaus ein kommerzielles sein. Oh je, wie transportiert mensch das
ins Englische ;-) .

Der Begriff "freies
Projekt" ist doch noch frei, oder? ;o) )

Vielleicht sollten wir ein Warenzeichen auf das große `F' einführen.
Wenn die Telekom das schon für das `T' kann ;-) ... (oder war's ein
Geschmacksmuster?).

Das obige definiert aber den Begriff noch nicht. Vielleicht
sollten wir einen Kriterienkatalog aufstellen?

Mir fallen spontan folgende Sachen (ohne Rangfolge) ein:

S.o. Analog zu den Rechtefestlegungen für die NutzerInnen würde ich
Pflichten für die EntwicklerInnen festlegen - womit wir dann endgültig
bei dem neulich angedachten Gütesiegel wären:

* Die EntwicklerInnen müssen alle Entscheidungen auf freiwilliger
  Grundlage treffen.

  (Damit wären ChefInnen / MaintainerInnen auf ModeratorInnenrollen
  festgelegt. Auch das Beiseitestehen bei einem Konsens bei dem ich
  noch Einsprüche habe, die ich aber beiseite lassen kann (also nicht
  widersprechen muß), ist dabei eine freiwillige Angelegenheit.)

* Interessen, die in die Produktentwicklung einfließen dürfen sich
  ausschließlich auf die stofflichen Eigenschaften des Produkts,
  insbesondere die Produktqualität beziehen.

  (Damit wären Verwertungsinteressen raus.)

* Eventuelle Interessen von Dritten dürfen nur insofern eine Rolle für
  die EntwicklerInnen spielen, insofern sie sie zu ihren eigenen
  machen können.

  (Damit wäre sichergestellt, daß ich doppelt Freie Software auch auf
  Wunsch produzieren kann - weil mir daran liegt, jemenschem einen
  Wunsch zu erfüllen und deswegen ich mir deren Interessen zueigen
  mache. Sonst wäre eine doppelt Freie Entwicklung z.B. für Blinde gar
  nicht möglich, was ich aber für kontraintuitiv halte.)

So in etwa würde ich denken. Sicher habe ich was vergessen.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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