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Re: [ox] Re: Leitfrage zu Open Music



Hi Benni, Petra, alle!

Last week (11 days ago) Benni Bärmann wrote:
On Tue, Nov 13, 2001 at 11:08:26AM [PHONE NUMBER REMOVED], Petra Wagner wrote:
In Zeiten der digitalen Kopie ist das ja nicht so ein Problem. Man speichert
einfach alle Versionen ab. Allerdings ist die Logik der neuen Kultur eher
die, dass es ein "Urwerk" nicht mehr gibt, sondern dass schon dieses in
einem gemeinsamen Prozeß entsteht.

korrekt, ein urspruengliches Kunstwerk gibt es nicht. Aber wenn Menschen
Kunst schaffen, dann stellt diese immer wieder ein ganz persoenliches
kuenstlerisches Urwerk dar. Dies mag von durchaus zweifelhafter
Qualitaet, aber dennoch fuer die KuenstlerIn von entscheidender
Bedeutung sein.

Genau darum geht es mir aber, dass ein solches Denken dieser "neuen Kultur"
nicht mehr angemessen wäre. Das ist vielleicht jetzt etwas sehr radikal,
aber ich glaube schon, dass "Kunst", so wie wir sie heute verstehen, nicht
mehr zu dieser neuen Kultur passt. Kunst verlangt vom Konzept her
Selbstverwirklichung und nicht Selbstentfaltung, also eine
individualistische Entwicklung von "Talenten" und nicht eine gemeinsame
Entfaltung von Fähigkeiten.

Erst wenn wir beginnen zu begreifen, dass die Ideen von anderen uns nicht
einschränken, sondern die Bedingung unserer Ideen sind - und zwar nicht nur
im Sinne von Inspiration, sondern wirklich und unmittelbar - kommen wir
diesem neuen Verständnis von Kultur vielleicht nahe und damit auch einem
neuen Verständnis von Subjektivität - das nur um klar zu machen, warum ich
da so drauf rum reite.

Finde ich einen total wichtigen Punkt, den du da entwickelt hast. Ist
mir schon in irgendeiner vorherigen deiner Mails schon mal
aufgefallen. Ja, ich habe auch das Gefühl, daß sich hier viel
verändern kann / wird.

Als Malerin haette ich es auch nicht gern,
wenn jemand auf meinem eigenen Bild ein neues malt.

Hm. Warum eigentlich?

Weil ich es genau so haben wollte wie es da nun mal ist - und weil ich
schrecklich eitel bin und mich teilweise auch ueber das definiere, was
ich geschaffen habe.

Genau. Das ist der Punkt. Deswegen hat Kunstverständnis soviel mit Identität
und mit Subjektivität zu tun.

Und das ist - nach dem wenigen was ich in den letzten paar Monaten
darüber gelernt habe - ein sehr modernes Verständnis des
KünstlerInnen-Daseins. Z.B. die KünstlerInnen in den Klöstern haben
ihre Kunst - z.B. im Bereich des Bücherkopierens - zur höheren Ehre
Gottes betrieben. Da war nix mit dem eigenen Ego so wie das heute
scheinbar verstanden wird.

Will sagen: So eine Einstellung geht als KünstlerIn auch und also ist
das heutige kein Naturgesetz sondern Ergebnis einer bestimmten
(Hegemonial)kultur.

Exakt da sehe ich übrigens auch erhebliche Widerstandslinien, die bis
hinein in die Personen verlaufen. Ich erinnere mich gut an den Vortrag
von Jeanette Hoffmann im Oktober in Berlin '00, bei der sie genau
diesen Spagat beschrieben und auch selbst wahrgenonmmen hat:
einerseits Open-Source-Entwicklung gut zu finden und andererseits
wütend zu sein, wenn sie als Quelle eines Zitats nicht ordentlich
angegeben wird.

Im Bereich von Musik ist der Nachweis des Plagiats sehr
schwierig.

"Plagiat" ist ein wichtiges Stichwort. Ich denke, dass tatsächlich diese
neue Kultur eine Kultur des Plagiats sein wird.

Ich dachte immer, das Plagiat sei die höchste Form der Anerkennung ;-) .


						Mit Freien Grüßen

						Stefan

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Organisation: projekt oekonux.de


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