Re: [ox] Re: Leitfrage zu Open Music
- From: Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net>
- Date: Sat, 1 Dec 2001 04:27:28 +0100
Hi, Petra!
On Wednesday, 28. November 2001 17:50, Petra Wagner wrote:
Ich bin der Ansicht,
dass zu einem bestimmten Zeitpunkt geschaffene Kunst ein
durchaus schuetzenswertes Gut darstellt.
Wie weit soll der Schutz gehen?
Nur, weil Bach uns
heutzutage etwas anderes sagt als zeitgenoessischen
Zuhoererinnen und sich die Musik weiterentwickelt hat, wuerde
ich auch nicht wollen, dass wir Bachs Noten wegschmeissen und
durch eine neue Version "Bach Millenium" ersetzen.
IIRC gab es zu Bachs Zeiten noch kein Urheberrecht auf Musik,
und selbst wenn, so ist er inzwischen lange genug tot, so daß
seine Musik heute frei ist. Daher kann jeder, der Bock hat,
durchaus eine "Bach Millenium"-Version entwickeln. Dadurch wird
die Originalversion nicht weggeschmissen. Solange an dieser
nämlich auch nur ein einziger Mensch Freude hat, bleibt eine
Kopie von ihr erhalten.
Problematisch ist dabei, daß eine solche Umgestaltung
automatisch unfrei ist, wenn nicht der Umgestalter sie von sich
aus frei macht. Wie das aber gehen soll, dafür gibt es noch kein
Rezept.
Aber vielleicht verstehe
ich dich da auch nicht ganz richtig. Vielleicht meinst du
sowieso, dass eine neue freie Kultur schon genau weiss, welche
Kulturgueter nach wie vor aktuell sind und wuerde sie allein
deshalb immer wieder erschaffen. Nur bin ich gegen so etwas
wie demokratische Abstimmung hinsichtlich des kuenstlerischen
Wertes bestimmter Kunstwerke
Da es keine zentralistische Kultuplanungsstelle geben soll, ist
demokratische Abstimmung nicht vonnöten. Da sich die
Festplattenkapazitäten bei sinkendem Preis inzwischen schon
jährlich verdoppeln, sollte es möglich sein, daß jeder sein
eigenes Archiv führen und über den künstlerischen Wert der
Kunstwerke selbst entscheiden kann.
- was nicht gefaellt oder wir
alle sowieso besser koennen, duerfte eine jede dann einfach
loeschen und nach eigenem Gusto ersetzen?
Da jeder für sich selbst entscheidet, was er bewahrt, verändert
oder löscht: ja.
Es gibt ja durchaus
Kunstwerke, die inhaerent schon auf eine Interaktion zwischen
Kunstschaffenden und Kunstkonsumierenden setzen und die
Konsumenten an der Werkentstehung teilnehmen lassen (viele
Installationen beispielsweise). Aber sind das die einzig
"waren" oder "guten" Kunstwerke? Solche Gedanken finde ich
gefaehrlich.
Eine Wertigkeit von Kunst einzuführen fände ich ziemlich
anmaßend (aber zum Glück scheint das ja auch niemand vorzuhaben).
Bestimmte Arten von Kunst eigenen sich aber aufgrund ihrer
Kopierbarkeit für die Übertragung der Prinzipien freier Software
besser als andere. Digitale Kunst liegt wohl ganz vorne,
Zeichnungen auf Normalpapier eignen sich eher als Ölgemälde oder
Plastiken. Besteht ein Kunstwerk aus nackten Menschen, die sich
in Lebensmitteln rekeln, so dürfte das nahezu unkopierbar sein
(aber vielleicht noch abbildbar als Hologramm oder so, aber das
ist nicht wirklich das gleiche). Eine solche Skala hat aber
nichts mit Wertigkeit zu tun.
Tschüß,
Thomas
}:o{#
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