Re: [ox] Re: Nochmal zum Thema Eigentum
- From: Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net>
- Date: Mon, 27 Aug 2001 06:53:20 +0200
On Sunday, 26. August 2001 21:21, PILCH Hartmut wrote:
Von Moses bis in die moderne
Rechsprechung hinein steht der Begriff "Eigentum"
grundsätzlich für *materielles*.
Dies gilt nicht fuer die Rechtsprechung des BVerfG.
Dieses hat in den letzten Jahren mehrfach Urheberrecht und
Patentrecht sowie allerlei andere abstrakte Rechtstitel unter
Art 14 GG subsumiert.
Aha.
Dann wurde durch Änderung der Wortbedeutung die Bedeutung des
Artikels verändert und somit ein "Grundrecht auf geistiges
Eigentum" definiert. War man also bis vor kurzem ein
Verfassungsfeind, wollte man so ein Recht einführen, ist man nun
einer, will man es denn wieder abschaffen.
(Solche Sprachänderungen sind nicht neu: Einstein hat z.B. die
Newtonsche Masse in "Ruhemasse" umbenannt und verwendet den
Begriff "Masse" für eine geschwindigkeitsabhängige, komplexe
Größe. Das finde ich übrigens voll krass...)
Sollte aber bei der Auslegung eines Gesetzes nicht danach
gegangen werden, wie es der Verfasser gemeint hat?
Auf den ersten Blick hat mich die Rechtsprechung des BVerfG
erschrocken, aber inzwischen finde ich sie nicht unbedingt
mehr so falsch. Es gibt tatsaechlich eine Oberklasse von
Rechtsarten, die man unter "Eigentum" zusammenfassen kann.
Diese Rechtsarten sind aber der Verfassung untergeordnet, und
wenn die Verfassung sagt, *eine* Form von Eigentum sei ein
Grundrecht, dann sind es noch lange nicht andere,
*eigentumsartige* Rechte. Der Gedanke, diese Rechte müßten
ebenfalls Grundrecht werden, nur weil sie eigentumsartig sind,
kommt mir ziemlich abstrus vor.
Nach dieser Logik müßte auch folgendes, abartiges
"Eigentums"-Recht unbedingt als Grundrecht in die Verfassung
aufgenommen werden:
Der Maintainer einer Mailingliste erhält eine lebenslange
Verfügungsgewalt an den Gedanken und Gefühlen, dem Bewußtsein
und dem Seelenheil der Mitglieder seiner Community und ihrer
sämtlichen Nachfahren...
Gemeinsam ist dabei, dass durch einen bestimmten,
konventionell oder gesetzlich geregelten Vorgang
Verfuegungsrechte entstehen, die nicht mehr willkuerlich
entzogen werden duerfen.
Ein Grundrecht eben.
Es ist fuer uns von Vorteil, Urheberrecht u.dgl. in einen
solchen Begriffszusammenhang einzuordnen, denn es erlaubt eine
verfassungsrechtliche Sicht auf die Dinge,
Die war vorher auch möglich, nur mit anderem Ergebnis.
ohne deshalb zu
einer Gleichsetzung von Geistigem und Materiellem
aufzufordern, wie es auf den ersten Blick aussehen mag.
Nein, es ist durchaus eine Rangfolge erkennbar:
1.) Man darf sich kein materielles Eigentum schaffen, das ein
geistiges Eigentum verletzen würde (z.B. eine Windows-CD selber
brennen).
2.) Man darf sich kein urheberrechtlich-geistiges Eigentum
schaffen, das ein patentrechtlich-geistiges Eigentum verletzen
würde (z.B. einen freien MP3-Encoder schreiben).
Ich finde es besser, zunaechst von
Moralkategorien wie etwa der besonderen Beziehung zwischen dem
Urheber und seiner individuellen Schoepfung auszugehen
Ist das der Gedanke hinter dem Urheberrecht oder
Hineininterpretiertes?
Tschüß,
Thomas
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