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Re: [ox] Konferenz-Beitrag: Von der Waren- zur Wissensgesellschaft



On Sun, Jul 08, 2001 at 10:14:38PM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:

Aber neben technischer gibt es ja auch noch soziale Kompetenz - um
eine von vielen rauszugreifen. Die finde ich *gerade* im Bereich der
Freien Software eine sehr wichtige Größe. 


Ich würde mal sagen, daß
z.B. eine erfolgreiche Maintainerschaft ohne soziale Kompetenz nicht
oder nur mit Mühe zu machen ist. Für diese Sorte Kompetenz spielt
Information aber nur eine untergeordnete Rolle. Hier sind Dinge wie
eine gute Wahrnehmung, Erfahrung im Umgang mit Menschen,
Moderationsfähigkeiten, etc. viel wichtigere Größen.

Und mit dem Wissen verhält es sich ähnlich. Ich schätze, daß die
Menschen vor 500 Jahren genauso viel Kilo Wissen im Kopf hatten wie
wir heute. Anderes halt.

Aber war denn die soziale Kompetenz früher weniger wichtig?
Oder die Information? -- Ich möchte mich hier nur an Deinen
Vergleich anlehnen, der auf das Wissen der Leute von vor 500
Jahren anspielt.  War nicht die Summe der Information, die
sozusagen den nicht- materiellen Anteil der Organisation der
Materie ausmachte (oder, ums ein wenig einzuengen, die für
die Organisation der gesellschaftlichen Reproduktion
notwendig war), auch schon damals unvergleichlich viel
höher, als wir noch heute in irgendwelche Maschinen
einspeisen können?

Wenn die Gesellschaft schon immer Wissensgesellschaft
gewesen sein soll, dann war sie erst recht schon immer
Kompetenz- und Informationsgesellschaft usw. usf. -- Oder?

Was stattgefunden hat, ist doch nur ein Prozeß von
zunehmender Arbeitsteilung (oder "Ausdifferenzierung", wie
der Soziologe sagen würde) und zunehmender
Vergegenständlichung der Zusammenhänge zwischen den
aufgespaltenen Teilprozessen (also zunehmender
_Vergegnständlichung_ von Information). Aber wer kann schon
Aussagen über die wirkliche Zunahme von Information machen?
Wer das aber kann, der hat sicher auch einen anderen Blick
auf den (Nicht-?)Zuwachs des Wissens! -- Oder?

-------#-------

Ich glaube allerdings nicht, daß die von mir gerade
praktizierte Einebnung von Begriffen besonders
erkenntnisfördernd ist. Im Gegenteil.  Ich glaube, es geht
bei der Beurteilung der Rolle von Wissen/Info/Kompetenz
nicht sosehr um ihre An- oder Abwesenheit in einer
Gesellschaft (bzw. in deren Reproduktionsprozeß), sondern um
ihre (relative) Rolle in der Herausbildung
gesellschaftlicher Strukturen: es ist das alte Lied von dem
Stoff, den man besitzen muß, um alle nach seiner Pfeife
tanzen lassen zu können, die in Reichweite sind (das fing
mit einem Stück Wald oder Steppe an, welches i.d.R. je einer
Horde oder so gehörte; dann waren es andere Menschen, die
man auf einmal besitzen konnte; dann reduzierte es sich auf
landwirtschaftlich nutzbares Land; schließlich auf das, was
wir heute mit Sachkapital bezeichnen; dann wurde das Geld-
oder virtuelle Kapital immer wichtiger; und jetzt, so die
These, sind es eben die modernerweise so genannten soft
skills, die Information, Kompetenz, Wissen und so weiter; --
alle diese hier aufgezählten Dinge gab es aber mehr oder
weniger explizit in allen Stadien wirtschaftlicher Tätigkeit
des Menschen, nur fielen sie in der unmittelbaren
Organisation der Gesellschaft unterschiedlich stark ins
Gewicht: mal konnte man auf einer Form von Besitz Macht
aufbauen, mal nicht...)

-------#-------

Beste Grüße,
Casimir.


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