Re: [ox] Re: Knappheit und Notwendigkeit
- From: RalfKrae aol.com
- Date: Fri, 15 Jun 2001 04:58:36 EDT
Hallo Stefan und alle
und auch Sanktionsmöglichkeiten, um die nötigenfalls durchzusetzen.
Diese Sanktionsmöglichkeiten brauchst du nur, wenn du von vorneherein
von gewaltförmigen Verhältnissen ausgehst. Auf Basis von
Selbstentfaltung sind die schlicht Quatsch und eher kontraproduktiv,
weil unter solchen Verhältnissen je meine Interessen mit den je
gesellschaftlichen übereinstimmen. Das obige Beispiel - übrigens weit
jenseits Freier Software - mag das illustrieren.
Sanktionsmöglichkeiten machen Sinn, wenn ich nicht von vornherein davon
ausgehe, dass alle Menschen, die in einer bestimmten Situation
Verpflichtungen eingegangen sind, auch zu allen späteren Zeitpunkten bis zur
Einlösung ihrer Verpflichtung ihre Bedürfnisse bzw. Interessen immer noch so
definieren würden, dass sie diese Verpflichtungen einhalten wollen und alle
dazu notwendigen Anstrengungen unternehmen werden, auch wenn es ihnen
aufgrund veränderter Situation gar nicht mehr so gut passt. Halte ich auch
ohne Kapitalismus für wenig realistisch. Bzw. verweist auf den Punkt, zu dem
ich mich schon ausführlicher geäußert habe, dass dieses abstrakte Postulat
der dauernden Übereinstimmung der individuellen mit den gesellschaftlichen
Interessen (welche das auch sein mögen bzw. ob man davon übetrhaupt so
einfach sprechen kann) sich nicht halten lässt.
> Und es wird auch nicht so laufen können, dass gesellschaftlicher
Austausch
> sich nur auf in Selbstentfaltung geleistete Tätigkeiten und Produkte
beziehen
> kann und die anderen Arbeiten, eben diejenigen, die andere Bedürfnisse
haben,
> selbst erledigen müssen.
So ist es bei der Freien Software jedenfalls nicht.
> 1. sind viele dazu nicht in der Lage, sondern auf
> Hilfe, Versorgung, Pflege, Erziehung usw. angewiesen, und
Wie in der Freien Software. Da funktioniert's nach meiner Wahrnehmung
jedenfalls so gut, daß immer mehr Leute GNU/Linux auf ihren Desktop
holen.
Aber real doch so, dass es nicht nur ehrenamtlich "Frei" läuft, sondern
zunehmend über kommerzielle Angebote mit Installationshilfen etc., und das
ist kein Zufall. Insoweit ist das wohl eine Unbterstützung für meine als für
deine Position. Wenn es nicht darum, innerhalb einer Community von Computer-
bzw. Software-Freaks sich gegenseitig bei der Lösung interessaner Probleme
oder auch mal unter Bekannten persönlich zu helfen, sondern darum, dass Leute
mit dem m.E. völlig berechtigten Anliegen, einfach ein Betriebssystem zu
bekommen, das stabil läuft und mit dem sie möglichst wenig Arbeit haben und
auch nicht unbedingt mehr wissen und können wollen, als sie brauchen für ihre
Anwendnungszwecke - schließlich ist ein Computer nur ein Werkzeug, und bei
einem Auto bin ich auch froh, wenn ich die Bedienungsanleitung möglichst nie
brauche und schon gar nicht selber dran rumschrauben muss - also in solchen
Fällen scheint die Motivation der Freie Software Freaks jedenfalls nicht mehr
auszureichen, allen potentiellen und realen NutzerInnen hinreichenden Support
zu geben nur aus Lust und im Dienste der Sache, sondern das klappt nur, wenn
die Leute was dafür kriegen: konkret Geld. Das ist kein Vorwurf, ich habe
dafür vollstes Verständnis, aber man sollte nicht so tun, als wäre es anders.
> 2. haben wir es mit
> einem hoch arbeitsteiligen gesellschaftlichen Produktionsprozess zu tun,
wo
> sehr viele Produkte und Dienste sich wiederum auf andere Stufen und
> Abteilungen des Produktionsprozesses beziehen und überhaupt keine
direkte
> oder irgendwie unmittelbar kommunikativ vermittelbare Beziehung zwischen
den
> ProduzentInnen und den EndkonsumentInnen der verschiedenen Produkte
besteht,
> die nach vielen weiteren Stufen daraus entstehen werden. Damit das
läuft, ist
> notwendig, dass regelmäßig hunderttausende verschiedene Produktionen in
> bestimmten Mengen stattfinden und verteilt werden,
Again: So what? Warum soll die dafür notwendige Organisationsleistung
nicht in Selbstentfaltung geschehen können? Ich z.B. finde den
Bahnverkehr spannend gerade *weil* es so eine ungeheure logistische
Leistung ist und ich mich gerne mit komplexen Probleme befasse.
Anderen wird es ähnlich gehen.
Es geht nicht nur um die Organisationsarbeit, sondern um die viele Arbeit,
deren Zusammenhang zu bestimmten Bedürfnissen von Menschen vielleicht z.T.
für einige der OrganisationsarbeiterInnen, aber eben nicht für diese
ProduzentInnen selbst erkennbar ist.
> und ich halte es für
> unrealistisch, dass das irgendwie das Ergebnis davon sein wird, dass die
> ProduzentInnen ja auch das Bedürfnis haben, ihre Produkte "in die
> Gesellschaft hinaus zu geben".
Was ist z.B. mit denen, die den Job heute machen? Wäre es nicht
denkbar, daß sie ihn in beFreiter Form weitermachen?
Wäre bei einigen möglich, aber bei allen bzw. so vielen, wie nötig sind (auch
wenn man einbezieht, dass neue aus eigenen Bedürfnissen hinzukommen)? Denken
kann man vieles, aber ein bisschen realistisch sollte es schon sein.
Viele Grüße
Ralf Krämer
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