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Re: [ox] Re: Kooperation 1



am 18.05.2001 9:00 Uhr schrieb quasi unter casimir.purzelbaum utopix.net:

Hallo,

Das Problem, was Du meinst (glaub ich), ist, daß der die
kapitalistische Produktionsweise vermittelst des Marktes alle
alle anderen Produktionsweisen an den Rand drängt bzw. schlicht
zerstört und unmöglich macht. Das ist aber keine Eigenart der
kapitalistischen Produktionsweise und ihres Kerns, der
Marktbeziehungen. Alternative Produktionsweisen (einschließlich
ihrer Vermittlungsgrundlagen) sind doch zu jeder Zeit
unterdrückt worden, d.h. in den Grenzen gehalten worden, die
für das herrschende System günstig bzw. unvermeidbar waren.
Man denke nur an die "imperialistischen" Bestrebungen eines
Alexander von Macedonien, Roms, Karthagos, der Hunnen, Tartaren,
"Chinesen", an die Christianisierungskampagnen und Kreuzzüge der
der katholischen Kirche, an die ganzen Kriege weltlicher
Herrscher zurück, welche mitnichten nur Querelen unter "Gleichen"
(so wie sie heute auf dem Markt ausgetragen werden) waren,
sondern ebenso darauf abzielten, andere "Produktionsweisen"
inklusive deren Vermittlungsgrundlagen zu vernichten, zu
usurpieren, der eigenen Reproduktionsweise unterzuordnen (und das
obwohl die territoriale Integration weit weniger vorangeschritten
war!). 

Das ist ja alles noch kein Grund sich für den Kapitalismus zu begeistern!
Was mich stört ist auch weniger die Tatsache, daß überhaupt andere
Produktionsformen an den Rand gedrängt werden, als die humanitären
Konsequenzen, die daraus folgen, die Verarmung und Verödung ganzer
Kontinente. In dieser Hinsicht leistet der freie Markt allerdings ganze
Arbeit. Im übrigen möchte ich bei unserer Diskussion vorsichtshalber
anmahnen, daß es ziemlich schwierig ist sich ÜBER den Kapitalismus zu
unterhalten, so als wenn wir ihn von außen betrachten und uns dafür oder
dagegen entscheiden könnten. Das bekommt dann leicht so den Charakter von
Diskussionen für und gegen das Wetter. Ich habe vielleicht einen anderen
Interpretationsansatz über humanitäre Katastrophen als Du, auch über die
wahrscheinliche zukünftige Entwicklung, wenn alles so weiterläuft wie
bisher. Da es mir nicht darum geht, sich um einen abstrakten Begriff zu
streiten, können wir die Frage auch so formulieren: wofür lohnt es sich zu
engagieren? 


Der christliche Glaube wurde den Menschen nicht differenzierter
aufgezwungen als heute der Markt.
Ich wage sogar zu behaupten, daß das damalige Vorgehen weit
weniger differenziert war als das heutige.

Kommt darauf an. Die Germanen jedenfalls dürften durch ihre
Christianisierung an Differenziertheit nur gewonnen haben. Und die
Geschichten von der angeblichen Sachsenschlächterei Karls des Großen
sind im übrigen Märchen und nationalistische deutsche Propaganda des
neunzehnten Jahrhunderts.
Obwohl es nicht in unser Thema gehört, kann ich mir doch eine Bemerkung
nicht verkneifen: ich habe mich eine Weile lang mit germanischer Mythologie
beschäftigt, sofern man da von "Mythologie" überhaupt sprechen kann. Eine
zusammenhängende Erzählung ist überhaupt erst unter dem Einfluß des
Christentums entstanden. Was davor war, schnurrt auf einige Rhapsodien
zusammen, die an Substanz nicht viel mehr als Suff und Prügel beinhalten.
Die Primitivität und der geringe Gehalt an Problemen und Fragestellungen ist
erschütternd. 
In Parenthese dazu sei angemerkt, daß ich nicht dazu neige alles nur
ökonomisch erklären zu wollen und ich finde es daher vollkommen berechtigt,
wenn Du ökonomische und nichtökonomische Kategorien (Markt und Christentum)
gleichberechtigt zur Diskussion stellst. Wenn ich mir die Exzesse in den
Fußballstadien anschaue, so stimmt es sicherlich, daß sich dort
kapitalistisch "entwurzelte" Menschen austoben. Damit ist aber noch nicht
die Frage geklärt, warum diese Zustände in Deutschland und Großbritannien
besonders übel sind, obwohl diese Länder ökonomisch und sozial besser
dastehen, als beispielsweise Italien....


Ohne den
abstrakten Wert kann der Markt gerade wegen seiner
chaotischen Struktur nicht existieren, er ist das einzig
verlässliche Halt in dem Gewühl. Umgekehrt ist es der
abstrakte Wert auch wieder, der dieses Chaos erzeugt und
zwar gerade wegen seiner Abstraktheit. Ungefähr so, wie in
jenem unsterblichen Loriot-Sketch "Das Bild hängt schief",
wo ein auf Ordnung und rechte Winkel versessener Mensch eine
Spur heilloser Verwüstung hinter sich herzieht.


Kenn ich leider nicht! (Gibt's da 'n link oder so?)

War noch nicht Deine Zeit? der Sketch nimmt ja so eher das durch die 50er
Jahre gegangene Spießertum auf die Schippe. Wenn du TV hast, wirst Du aber
sicher bald eine Wiederholung zu sehen bekommen -ist ein Evergreen.

Gruß,

Johannes

JohSt


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