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Re: [ox] Re: Klassenkampf



Tag zusammen!


Hi Olaf!

Nicht notwendig, da hast du schon recht. Aber Menschen die diese Kritik
teilen, werden
sich doch wahrscheinlich anders den Verhältnissen stellen, als solche,
die diese Kritik nicht teilen.

Aber wer teilt den diese Kritik nicht? Du brauchst doch nur die
Nachrichten einzuschalten um jede Menge Kritikwürdiges zu kriegen -
auch nach dem Common Sense und nicht nur nach irgendwelchen linken
Moralvorstellungen. Der Punkt ist, daß die Leute aus vielfältigen
Gründen abwinken. Einer der wichtigsten ist m.E.: "Es geht ja nicht
anders" und ein anderer wichtiger "Ich alleine kann ja sowieso nichts
ändern.". Freie Software widerlegt mindestens das Erste und eigentlich
auch das Zweite.

Aber schau dir doch an was da wie kritisert wird. Die meisten wollen doch,
dass es z.B.
Deutschland gut geht. Und in diesem Licht werden da Verhältnismässigkeiten
von Regierungstaten
diskutiert. Die Öffentlichkeit ist ein Teil eben dieses zu verfestigen.
Meine Behauptung ist also: die meisten Menschen _wollen_ Herrschaft.

Und dass Menschen erst mal in Inaktivität verfallen, weil sie eine Kritk
an etwas haben, ist auch
nicht so wahrscheinlich. Sie werden eher ihre Dinge, die sie vorher gerne
taten weiter betreiben.

Wieviel Aktivität aus Kritik wächst, ist durchaus sehr variabel - s.o.

Wieviel ist etwas komplexer. Das ist auch eine wichtige Frage, aber es kommt
mir grad erst
mal drauf an, was die Leute mit welcher Kritik tun und was sie eben nicht
tun.

Ich weiß, dass das alles nur Wahrscheinlichkeiten sind und es auf die Art
der Kritik ankommt etc.
Aber die Gegensätzlichkeit sehe ich noch nicht recht.

Mir geht es nicht um eine Gegensätzlichkeit. Wichtig ist mir, daß
dieser Impetus "Widerstand ist alles", der prototypisch von Jörg
Bergstedt vertreten wird, m.E. Blödsinn ist. Auch wenn ich schon
vorher von dem permanenten Anti nicht sehr angetan war - seit Oekonux
weiß ich, was schief ist ;-) .

Das ist nicht meine Position.

Widerstand gegen die Vernichtung der Zivilisation finde ich ja auch
wichtig. Schon deswegen, weil die GPL-Gesellschaft nur auf dem
vorfindlichen Niveau aufsetzen kann. Aber das ist halt - wie Heinz
Weinhausen schön ausgeführt hat - "nur" Dammbau. Es kommt aber darauf
an, neue Schiffe zu bauen.

Da ist für mich aber stark die Frage, was denn da mit welcher Motivation
gebaut wird.

Das kannst du ja machen, denke aber es bringt relativ wenig. Das ist
dann gut für dich, heißt aber nicht, dass es sich durchsetzt. Zum
einen generell, wenn die meisten Menschen keine Kritik an dieser Art
Gesellschaft, bzw. nicht aus der gleichen Richtung (hier gibt es ja
auch einige auf der Liste, die das krisenhafte des Kapitalismus
sehen und alles nötige zu seiner Erhaltung tun wollen).
Deswegen ist es zumindest nach meiner Einschätzung erst mal
arbeitsökonomisch schlauer, sich mehr mit der Kritik
der Verhältnisse und ihrer Verbreitung zu beschäftigen.

Festzuhalten bleibt: Das tun seit über 100 Jahren reichlich viele
Leute - mit dem sichtbaren Erfolg, daß wir uns da immer noch den Kopf
zerbrechen müssen :-( . Der idealistische Ansatz über Aufklärung und
moralische Empörung scheint irgendwie nicht zu funktionieren. Die
Freie Software funktioniert dagegen auch ohne diesen idealistischen
Ansatz - einfach weil's besser ist. Daher finde ich das
vielversprechender.

Naja, das Ding ist, dass die Menschen der letzten 100 Jahre immer darübr
nachdachten,
andere Ausgangsbedingungen hatten. Sobald sie aber praktisch _und_  als
gefährlich für
die jeweilige Herrschaft erschienen, wurden sie einfach platt gemacht.
Der NS ist da ja nicht das letzte Beispiel für eine
"Staatsfeindeschleifung".

Schon mal gefragt, warum sie platt gemacht werden konnten? Alles nur
taktische Fehler? Den Kapitalismus konnten die Fürsten jedenfalls
nicht (dauerhaft) aufhalten...

Da müssten konkrete Analysen für jede Situation her.
Das meinte, dass die Gewaltapparatur nicht unterschätzt werden sollte.
Und zu den Fürsten: die konnten ja in Deutschland einen Kapitalismus nach
ihrem Bilde
schaffen. Sie hatten zwar nur die Herrschaftsperspektive, haben die
Entwicklung z.T. stark
vorangetrieben (der nationalliberale Flügel) oder eben zugelassen, weil sie
ein bestimmtes
Verständnis von ihrer herrschaft hatten. Sie haben sich dafür - durch ihr
Tun - konkrete Vorteile
erhofft. Auch wenn sie dann 1918 überrollt wurden.

Im übrigen müsstest du eine Vorstellung von einem "idealen Zeitpunkt" für
eine
gesellschaftliche Umwälzung haben. Das das nicht so einfach zu haben ist,
weißt
du ja hoffentlich selbst. Eine Naturnotwendigkeit in der Geschichte gibt es
jedenfalls nicht.
Das legt aber erst mal deine untere Aussage nahe. Deswegen u.a. von mir der
Hinweis
auf das Tun der Fürsten.


Umgekehrt könnte ich grad dir ein bisschen Idealismus vorwerfen, wenn du
nicht berücksichtigst, dass
diese Art zu regieren und zu wirtschaften fester denn je im Sattel sitzt.

Dieser Meinung bin ich nicht. Eher im Gegenteil. Wenn z.B. permanent
das Hohe Lied der Arbeit gesungen werden muß, mit dem Refrain "Wer
nicht arbeitet soll auch nicht essen!", dann ist das für mich eher
eine Verfallserscheinung als ein Zeichen von Stärke. Ein starker
Kapitalismus (60er / 70er) hatte das jedenfalls nicht nötig.

Aber das sind doch - klar krisenhafte - Auseinandersetzungen, die aber
dauernd
stattfinden und stattfinden müssen unter den Prämissen. Ich bin kein
Geschichts-
wissenschaftler, meine mich an Fernsehinterviews aus den 60ern und 70ern zu
erinnern,
in denen jene reaktionäre Position auch vertreten wurden. Das kam da noch
ganz offen faschistisch rüber.
Deswegen solltest du die ganz normalen Auseinandersetzungen nicht
überintrepretieren.
Vielleicht ist die Position "Essen nur bei Arbeit" heute noch weniger nötig,
als früher.  Aber das
würde trotzdem nicht unbedingt bedeuten, dass sich die Verhältnisse
gebessert haben.


Mit Freien Grüßen

Stefan

Bestes

Olaf

________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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