Re: Ideologie und so (was: [ox] Presseecho der Konferenz)
- From: sabine.nuss gmx.de
- Date: Wed, 2 May 2001 21:28:28 +0200
Hallo Dirk, hallo Benni, hallo Liste,
da möcht ich mich kurz mal einklinken....zumindest an ein paar
Stellen...
Dirk wrote:
Ich messe Realität am Vorhandensein durchdachter Modelle, die über
eine blosse Idee hinausgehen.
Welche Modelle hast Du da im Kopf? Sowas in der Art der
Koordinatenbildchen mit x- und Y-Achse aus den VWL-
Lehrbüchern? Ich nehme einfach mal an, Du meinst diese Modelle,
als Ökonom wirst Du sie zur genüge kennen. Ich habe gelernt,
dass die Volkswirte im Rahmen der Anwendung dieser Modelle
immer betonen, dass sie gerade nicht den Anspruch haben, die
Realität abzubilden. Mit den Modellen "der Ökonomie" (welche
oder was ist hier mit "Ökonomie" gemeint?) kannst Du die Realität
in ihrer Komplexität gar nicht abbilden, sondern nur einzelne
Mechanismen aus dem Kontext heraus "modellhaft" abbilden und
daraus dann Kausalitäten ziehen (siehe beispielsweise den sehr
umstrittenen Zusammenhang von Lohnsenkung und
Beschäftigung). Die Aussagekraft dieser Modelle verliert, weil sie in
der beliebten ceteris-paribus-manier (man abstrahiert von allem)
eben genau aus dem gesellschaftlichen Kontext gerissen werden,
der sie eigentlich gerade erst beeinflusst. So gedacht, sind die
Modelle insofern auch nicht mehr, als eine Idee. Nicht?
edoch spätestens seit meinen ersten
Kenntnissen aus der Volkswirtschaftslehre kenne ich auch grundlegende
Prinzipien eines ökonomischen Systems, kenne sowohl die Funktionsweise
als auch die Grenzen eines Marktmodelles und kann demzufolge auch
einiges zu der _ökonomischen_ Sicht der marxistischen Theorie sagen,
allerdings habe und werde ich mich mit der ideologischen Betrachtung
auseinander setzten, auch wenn das sicherlich eine gewisse Ignoranz
beinhaltet.
Letzteres verstehe ich nicht recht. Was wäre deine
Entgegensetzung? Also: "und werde ich mich mit der
ideologischen Betrachtung auseinander setzten" - statt was?
Benni schrieb als Reaktion auf Dirk:
Das wichtige ist doch, das jedes Denken immer auf Axiomen und
Annahmen beruht, auch Deines. Bei so unterschiedlichen Positionen
wie unseren kann man also nur sinnvoll diskutieren, wenn man sich
über diese divergierenden Grundannahmen zumindestens verständigt.
Hm, das sehe ich auch so. Selbst wenn die zeitgenössischen
Ökonomen so tun, als könnten sie langsam mit der Mathematik
verschmelzen und nicht mehr (explizit) auf Adam Smith rekurrieren,
so schleppen sie doch eine Menge Grundannahmen in ihre
Modellchen mit rein, die man dort (und in den Köpfen der
Studenten natürlich auch) nicht mehr sieht. Daher wird es schwer
sein, Grundannahmen oder Prämissen offenzulegen.
Ein Beispiel ist das berühmte nutzenmaximierende Individuum.
Hier bräuchte es doch ewig, bis man mal ausdiskutiert hat, woher
die Annahme einer solchen Idee eines solchen Wesens stammt
und welches die Prämissen sind, die dem stillschweigend
zugrunde liegen. Das wird leider in der VWL und in der BWL schon
gar nicht behandelt. Aber es wäre ein Anfang, weil dieses
"nutzenmaximierende Individuum" das allem zugrundeliegende
Menschenbild der "herrschenden" Ökonomie ist.
Eigentlich wollte ich mich nicht gegen Deinen, Dirk, Ideologie-
Vorwurf gegenüber Oekonux wenden (das ist eine andere
Diskussion, die ich hier nicht führen will), ich wollte nur
klarmachen, dass Du ebenfalls mit Ideologie argumentierst und
einer anhängst. Sie tarnt sich halt in einem mathematisch-
empirischen Mäntelchen.
Liebe Grüße
Sabine
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