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Re: [ox] Overhead



Hi Benni und alle!

3 days ago Benni Baermann wrote:
On Tue, Apr 24, 2001 at 01:01:33AM [PHONE NUMBER REMOVED], Stefan Merten wrote:
Das ist m.E. ein falscher Schluß. Das Argument wäre ja, daß mit dem
Geld lediglich ein Fetisch aufrecht erhalten wird, der *zusätzlich* zu
den konkret gesellschaftlich notwendigen Arbeiten gepflegt werden muß.
Kurz: Produktion und Distribution ist eine anthropologische Konstante
- - Verkaufen und Kaufen nicht. Wenn wir aber dem Götzen nicht mehr
dienen müssen, dann entfällt dieser Aufwand ganz real. Oder?

Dieser schon. Mein Argument war, dass dafür wahrscheinlich anderer
Aufwand entsteht. Zum Beispiel größerer Diskussionsaufwand.

Da bin ich anderer Ansicht. Dein Argument bedeutet ja, daß dieser
Diskussionsaufwand jetzt nicht stattfindet. Tut er aber meiner Ansicht
schon. Eine Firma ist ja eine Planwirtschaft im Kleinen und da finden
auf der sachlichen Ebene ähnliche Prozesse statt, wie wir sie auch in
einer GPL-Gesellschaft brauchen werden - einfach weil sie zur
Organisation einer komplexen, arbeitsteiligen, industriell geprägten
Produktion unabdingbar dazugehören.

Klar, an Formen würde ich mir da auch anderes wünschen als immer noch
verbreitet, aber ob das mehr Aufwand ist, wage ich zu bezweifeln. Als
Beispiel würde ich gerne das Konsensprinzip heranziehen, von dem gerne
behauptet wird, daß es zu lange dauert. Das glaube ich nach
jahrelanger Aufmerksamkeit in diesem Bereich nicht mehr. Gewaltsam
durchgesetzte Entscheidungen mögen schnell sein - effektiv sind sie in
der Regel nicht, da zu viele Überwältigte gegen die Entscheidung
arbeiten (innere Kündigung als Endstadium). Wenn ich mir den
Gesamtprozeß einer Problemlösung anschaue, dann würde ich sagen, daß
die Schwierigkeit des Problems die entscheidende Größe ist und nicht
das angewendete Entscheidungsverfahren.

Weiterhin geschehen Dinge nach meiner Wahrnehmung auch in der Freien
Software ohne spezielles individuelles Zutun. Beispiel muß ich leider
schuldig bleiben - vielleicht die Dezentralität der Entwicklung als
Hinweis. Mir scheint hier ein Analogon zum automatischen Subjekt des
Kapitalismus zu existieren - aber das habe ich noch nicht richtig
klar. Anyway finde ich das aber eine wichtige Eigenschaft, da hier
eine Entlastungsfunktion herkommen kann.

Das Selbe kann man ja beim Übergang vom Despotismus zur Demokratie
beobachten. Es werden weniger Sicherheitskräfte benötigt, dafür mehr
Wahlurnen (nur mal so als plattes Beispiel).

Das wäre mal genauer zu untersuchen. Wobei Despotismus ja aber was
anderes ist als Feudalismus - vielleicht indem die gesellschaftliche
Einbettung beim Feudalismus eher gegeben ist.

Was ich sagen will, ist nur: Jede Gesellschaftsform hat ihre eigenen
Meta-Aufwendungen auch die freie Assoziation freier Individuen. Und
ich würde mal davon ausgehen, dass sie in etwa gleich gross
ausfallen. Das ist nur geraten, aber die einfachste Theorie und
somit erstmal als richtig vorauszusetzen ;-)

Ja, ja, das Minimalismusgebot ;-) . Aber neige ich auch zu.

Daraus folgt auch, dass man mit rein utilitaristischen
Argumentationen den Kapitalismus nicht überwinden kann.

Weiß ich nicht. Wenn es tatsächlich so ist, daß die
Produktivkraftentwicklung den Überbau sprengt, dann geht das schon.
Auch der Zusammenbruch des sog. Realsozialismus würde ich als ein
solches Phänomen sehen wollen - allerdings ohne die anschließende
Entfaltung der Produktivkräfte in kapitalistischer Form bzw. nur noch
prekär.


						Mit Freien Grüßen

						Stefan


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Organisation: projekt oekonux.de


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