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[ox] Grafik zum Bürgergeld




Hallo!

Ich bin gerade am Lesen der noch ungelesenen alten Mails und habe 
dabei sehr seltsame Ansichten zum Bürgergeld gefunden, z.B. daß wenn 
keiner mehr lohnarbeiten würde, das Bürgergeld aus dem Minus bezahlt 
werden müßte -- oder so ähnlich.

Damit meine Vorstellung vom Bürgergeld besser verständlich wird, habe 
ich sie eben mal schnell mit XFIG hingesaut. Bitte schön:
-> http://www.tu-bs.de/~y0014499/folder/buergergeld.fig oder
-> http://www.tu-bs.de/~y0014499/folder/buergergeld.pdf

Erläuterungen
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Im obigen Diagramm ist das Nettoeinkommen als Funktion vom 
Bruttoeinkommen angezeigt. Die gestrichelte dicke Ursprungsgerade 
stellt dabei die Abwesenheit jeglicher Steuer dar (Brutto=Netto). Die 
senkrechte gestrichelte Linie zeigt den Durchschnittsbruttolohn der 
Bevölkerung an, egal ob werktätig oder nicht. Dieser Wert ändert sich 
laufend. 

Das Prinzip der Umverteilung ist sehr simpel: 

Schritt 1:
  Jedem Bürger wird zunächst ein festgelegter Prozentsatz vom
  Bruttolohn abgezogen. 

Schritt2:
  Der jeweils abgezogene Betrag wird dann in einen großen Topf
  geworfen, umgerührt und auf alle Menschen zu gleichen Teilen
  aufgeteilt.

Was dabei herauskommt, zeigt der dicke schwarze Graph an. Die 
waagerechte gestichelte Linie trennt dabei das aus dem großen Topf 
stammende Geld (unten) von dem Geld, das noch vom Bruttolohn 
übriggeblieben ist.

Interpretation als "Negativsteuer"
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Effektiv bedeutet dies, daß jemand, der genau den durchschnittlichen 
Bruttolohn verdient, von der ganzen Umverteilung überhaupt nichts 
mitbekommt. Wer mehr verdient, bezahlt, und zwar maximal den 
festgelegten Prozentsatz vom Bruttolohn. Wer weniger als den 
Durchschnittslohn verdient, bekommt etwas zurück, nämlich maximal den 
festgelegten Prozentsatz vom Bruttodurchschnittslohn.

Andere Steuern
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In dem hier dargestellten Modell sind andere Steuern (für Schulen, 
Straßen, Krakenhäuser usw.) nicht miteingearbeitet, weil es sonst 
unanschaulich würde. Das soll aber nicht heissen, daß es solche 
Steuern nicht geben soll. (Man könnte diese zuerst abziehen und dann 
dessen Netto-Ergebnis im Umverteilmechanismus als Brutto einsetzen)

Fester Betrag oder fester Prozentsatz?
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Auf der Mailingliste war bisher immer von einem festen Betrag die 
Rede, z.B. 2000,-- DEM. (Das wäre für eine Familie mit drei Kindern 
10.000,-- DEM monatlich. Ist das machbar?) Wenn man den Betrag, der 
in Schritt 2 aus dem großen Topf pro Person ausgeschüttet wird, 
konstant halten will, muß man den oben angesprochenen Prozentsatz 
variabel gestalten. Dies ist aber in sofern gefährlich, da jeder 
Lohnarbeiter weniger bei gleichbleibendem Lohn der verbleibenden ein 
Absinken des Bruttodurchschnittslohnes verursacht und somit den 
Prozentsatz in die Höhe treibt. Dies hat wiederum zur Folge, daß 
Lohnarbeit ihren Reiz verliert und von immer mehr Leuten nicht mehr 
ausgeführt wird. Dies hätte ein Absinken des 
Bruttodurchschnittslohnes unterhalb des geforderten Betrages zur 
Folge, wodurch das ganze System zusammenbrechen würde.

Anders verhält es sich, wenn man den abzuziehenden Prozentsatz 
konstant hält, wodurch der pro Person herausspringende Betrag 
variabel, sprich vom Bruttodurchschnittslohn abhängig wird. Hierbei 
hat jeder zusätzliche Arbeitslose eine Verringerung der 
Pro-Kopf-Ausschüttung in Schritt 2 zur Folge. Dadurch erhhält man ein 
selbstregulierendes System.

Höhe des Prozentsatzes
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Da es sich bei der ganzen Angelegenheit um eine Steuer handelt, legt 
der Staat den Prozentsatz fest. Dies sollte aber nicht in Form von 
willkürlichen Erhöhungen und Absenkungen geschehen, sondern nach 
einer festen Formel erfolgen, die folgende Punkte berücksichtigt:

 o Eine Überzahl an Arbeitssuchenden ist ein Zeichen für eine
   schlechte Versorgung der nicht-lohnarbeitenden Bevölkerung. Der
   Prozentsatz sollte erhöht werden.

(Mir fällt gerade nicht ein, nach welchen Kriterien man das 
Bürgergeld nach oben begrenzen sollte. Würde man aber sofort 90% 
einsetzen, wäre das Chaos perfekt. Hmmm...)

Weitere Auswirkungen
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Auf dem "Arbeitsmarkt" gäbe es bei gleicher Nachfrage weniger 
Angebot. Dadurch erhöht sich der "Preis", sprich der Lohn des 
einzelnen Lohnarbeiters, was wiederum im großen bei gleicher oder 
weniger Arbeit einen höheren Durchschnittslohn zur Folge hat...

Warum ich diesen Thread für on-topic halte
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(In den meisten Mails, durch die ich mich gerade durchacker, vermisse 
ich so eine Erklärung...)

Freie Software, sowie später freie Hardware, schaffen einen 
Freiraum ohne innovationshemmendes, monopolförderndes "geistiges
Eigentum". Das Resultat ist ein hohes Maß an marktwirtschaftlicher
Konkurrenz unter den Herstellern und Händlern der 
Vervielfältigungsstücke. Dies hat folgende Effekte:

 o Der Marktpreis der Vervielfältigungsstücke sinkt nahezu auf
   ihre Selbstkosten.

 o Rationalisierung und damit verbunden ein enormer Anstieg der
   Sockelarbeitslosigkeit ist zu erwarten.

Damit nicht analog zur ersten industriellen Revolution die 
technischen Neuerungen zur Verelendung weiter Teile der Bevölkerung 
führen, oder gar bekämpft werden, sollte schon vor der Katastrophe 
ein sinnvoller Ausweg erdacht sein.

Ein solcher Weg könnte das Bürgergeld sein, da es 
Massenarbeitslosigkeit und damit die Rationalisierung nicht bekämpft, 
sondern die wichtigste Funktion der Lohnarbeit, nämlich die 
Sicherstellung der Lebensgrundlagen, von jener loslöst.

Bürgergeld ermöglicht ebenso, freiwillig auf den eigenen Arbeitsplatz 
zu verzichten, um so, zwar mit weniger Geld, doch dafür mit mehr 
Zeit, das eigene Leben, sowie die Welt, in der es stattfindet, 
eigenverantwortlich mitzugestalten, z.B. in dem man sich der Kunst 
oder der Wissenschaft hingibt.

Auf diese Weise ist Bürgergeld ein hilfreiches Mittel zum Aufbau 
einer auf den Prinzipien freier Software aufbauenden 
Gesellschaftsform. Bürgergeld ist jedoch Teil der Prinzipien freier 
Software.

Tschüß,
Thomas
 }:o{#


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Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: projekt oekonux.de


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