[ox] Grafik zum Bürgergeld
- From: Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net>
- Date: Sat, 21 Apr 2001 05:53:12 +0200
Hallo!
Ich bin gerade am Lesen der noch ungelesenen alten Mails und habe
dabei sehr seltsame Ansichten zum Bürgergeld gefunden, z.B. daß wenn
keiner mehr lohnarbeiten würde, das Bürgergeld aus dem Minus bezahlt
werden müßte -- oder so ähnlich.
Damit meine Vorstellung vom Bürgergeld besser verständlich wird, habe
ich sie eben mal schnell mit XFIG hingesaut. Bitte schön:
-> http://www.tu-bs.de/~y0014499/folder/buergergeld.fig oder
-> http://www.tu-bs.de/~y0014499/folder/buergergeld.pdf
Erläuterungen
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Im obigen Diagramm ist das Nettoeinkommen als Funktion vom
Bruttoeinkommen angezeigt. Die gestrichelte dicke Ursprungsgerade
stellt dabei die Abwesenheit jeglicher Steuer dar (Brutto=Netto). Die
senkrechte gestrichelte Linie zeigt den Durchschnittsbruttolohn der
Bevölkerung an, egal ob werktätig oder nicht. Dieser Wert ändert sich
laufend.
Das Prinzip der Umverteilung ist sehr simpel:
Schritt 1:
Jedem Bürger wird zunächst ein festgelegter Prozentsatz vom
Bruttolohn abgezogen.
Schritt2:
Der jeweils abgezogene Betrag wird dann in einen großen Topf
geworfen, umgerührt und auf alle Menschen zu gleichen Teilen
aufgeteilt.
Was dabei herauskommt, zeigt der dicke schwarze Graph an. Die
waagerechte gestichelte Linie trennt dabei das aus dem großen Topf
stammende Geld (unten) von dem Geld, das noch vom Bruttolohn
übriggeblieben ist.
Interpretation als "Negativsteuer"
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Effektiv bedeutet dies, daß jemand, der genau den durchschnittlichen
Bruttolohn verdient, von der ganzen Umverteilung überhaupt nichts
mitbekommt. Wer mehr verdient, bezahlt, und zwar maximal den
festgelegten Prozentsatz vom Bruttolohn. Wer weniger als den
Durchschnittslohn verdient, bekommt etwas zurück, nämlich maximal den
festgelegten Prozentsatz vom Bruttodurchschnittslohn.
Andere Steuern
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In dem hier dargestellten Modell sind andere Steuern (für Schulen,
Straßen, Krakenhäuser usw.) nicht miteingearbeitet, weil es sonst
unanschaulich würde. Das soll aber nicht heissen, daß es solche
Steuern nicht geben soll. (Man könnte diese zuerst abziehen und dann
dessen Netto-Ergebnis im Umverteilmechanismus als Brutto einsetzen)
Fester Betrag oder fester Prozentsatz?
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Auf der Mailingliste war bisher immer von einem festen Betrag die
Rede, z.B. 2000,-- DEM. (Das wäre für eine Familie mit drei Kindern
10.000,-- DEM monatlich. Ist das machbar?) Wenn man den Betrag, der
in Schritt 2 aus dem großen Topf pro Person ausgeschüttet wird,
konstant halten will, muß man den oben angesprochenen Prozentsatz
variabel gestalten. Dies ist aber in sofern gefährlich, da jeder
Lohnarbeiter weniger bei gleichbleibendem Lohn der verbleibenden ein
Absinken des Bruttodurchschnittslohnes verursacht und somit den
Prozentsatz in die Höhe treibt. Dies hat wiederum zur Folge, daß
Lohnarbeit ihren Reiz verliert und von immer mehr Leuten nicht mehr
ausgeführt wird. Dies hätte ein Absinken des
Bruttodurchschnittslohnes unterhalb des geforderten Betrages zur
Folge, wodurch das ganze System zusammenbrechen würde.
Anders verhält es sich, wenn man den abzuziehenden Prozentsatz
konstant hält, wodurch der pro Person herausspringende Betrag
variabel, sprich vom Bruttodurchschnittslohn abhängig wird. Hierbei
hat jeder zusätzliche Arbeitslose eine Verringerung der
Pro-Kopf-Ausschüttung in Schritt 2 zur Folge. Dadurch erhhält man ein
selbstregulierendes System.
Höhe des Prozentsatzes
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Da es sich bei der ganzen Angelegenheit um eine Steuer handelt, legt
der Staat den Prozentsatz fest. Dies sollte aber nicht in Form von
willkürlichen Erhöhungen und Absenkungen geschehen, sondern nach
einer festen Formel erfolgen, die folgende Punkte berücksichtigt:
o Eine Überzahl an Arbeitssuchenden ist ein Zeichen für eine
schlechte Versorgung der nicht-lohnarbeitenden Bevölkerung. Der
Prozentsatz sollte erhöht werden.
(Mir fällt gerade nicht ein, nach welchen Kriterien man das
Bürgergeld nach oben begrenzen sollte. Würde man aber sofort 90%
einsetzen, wäre das Chaos perfekt. Hmmm...)
Weitere Auswirkungen
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Auf dem "Arbeitsmarkt" gäbe es bei gleicher Nachfrage weniger
Angebot. Dadurch erhöht sich der "Preis", sprich der Lohn des
einzelnen Lohnarbeiters, was wiederum im großen bei gleicher oder
weniger Arbeit einen höheren Durchschnittslohn zur Folge hat...
Warum ich diesen Thread für on-topic halte
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(In den meisten Mails, durch die ich mich gerade durchacker, vermisse
ich so eine Erklärung...)
Freie Software, sowie später freie Hardware, schaffen einen
Freiraum ohne innovationshemmendes, monopolförderndes "geistiges
Eigentum". Das Resultat ist ein hohes Maß an marktwirtschaftlicher
Konkurrenz unter den Herstellern und Händlern der
Vervielfältigungsstücke. Dies hat folgende Effekte:
o Der Marktpreis der Vervielfältigungsstücke sinkt nahezu auf
ihre Selbstkosten.
o Rationalisierung und damit verbunden ein enormer Anstieg der
Sockelarbeitslosigkeit ist zu erwarten.
Damit nicht analog zur ersten industriellen Revolution die
technischen Neuerungen zur Verelendung weiter Teile der Bevölkerung
führen, oder gar bekämpft werden, sollte schon vor der Katastrophe
ein sinnvoller Ausweg erdacht sein.
Ein solcher Weg könnte das Bürgergeld sein, da es
Massenarbeitslosigkeit und damit die Rationalisierung nicht bekämpft,
sondern die wichtigste Funktion der Lohnarbeit, nämlich die
Sicherstellung der Lebensgrundlagen, von jener loslöst.
Bürgergeld ermöglicht ebenso, freiwillig auf den eigenen Arbeitsplatz
zu verzichten, um so, zwar mit weniger Geld, doch dafür mit mehr
Zeit, das eigene Leben, sowie die Welt, in der es stattfindet,
eigenverantwortlich mitzugestalten, z.B. in dem man sich der Kunst
oder der Wissenschaft hingibt.
Auf diese Weise ist Bürgergeld ein hilfreiches Mittel zum Aufbau
einer auf den Prinzipien freier Software aufbauenden
Gesellschaftsform. Bürgergeld ist jedoch Teil der Prinzipien freier
Software.
Tschüß,
Thomas
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