Re: [ox] Re: Reproduktion, Arbeit, Leistungsprinzip?
- From: Matthias Wirwall <wirwall gmx.de>
- Date: Thu, 15 Feb 2001 23:01:05 +0100
Stefan Merten schrieb:
Hallo Leute
lange genug war ich hier Konsument, was aber auch nicht immer einfach
ist.
Das Niveau und die Diskussionen finde ich spannend - meistens.
(Gibt es Leute die im Stuttgarter Raum rumhängen?)
Genug der Vorrede:
Stefan hat ein anderes Beispiel für funktionierende Grundsicherung
ohne Arbeit angebracht. Dein Gegeneinwand war: Ja, aber global
gesehen funktioniert das nicht. Du sagst aber nirgends, warum das
nicht gehen sollte.
Doch sagt er:
1. Es gibt Tätigkeiten, die *können* aus irgendwelchen Gründen
niemals, zumindest aber in absehbarer Zeit nicht so gestaltet
werden, daß sie
* entweder automatisiert sind oder
* Leute das als Selbstentfaltung im erweiterten Sinne (also incl.
Notwendigkeit)
machen werden.
Dafür gibt er keine Gründe an, aber da sind wir auch sicher im
Bereich des Glaubens. Ernsthafte Prognosen würden hier einen
erheblichen Aufwand bedeuten und ich hätte nicht mal eine Idee, wie
so etwas angegangen werden könnte. Hat nicht jemensch hier einen
Lehrstuhl, wo so etwas mal erforscht werden könnte?
Dazu braucht man keinen Lehrstuhl.
Ich arbeite bei einem großen Pneumatikhersteller, der für die
Automatisierungstechnik wichtige Bauteile entwickelt, baut und deren
Anwendungen beim Kunden auch projektiert.
Natürlich hat er auch seine Produktion stark automatsiert. Trotzdem
müssen Leute die Maschinen und trotz der Fortschritte im
Werkzeugmaschinenbau (der ist im übrigen sehr konservativ - teils von
Facharbeiterehre, teils von Ingenieurspathos geprägt).
So bestimmen auch heute Lärm und Dreck (Späne, Bohrmilch etc.) die
vergleichbar angenehme Atmosphäre. Aber hier werden Teile aus Gießereine
bezogen (Alu - im heißen Zustand hinterläßt es schlecht heilende
Wunden). Hier sind die Arbeitsbedingungen naturgemäß mieser. Trotz neuer
Technologien.
Wenn wir also automatsieren, haben wir auf lange Sicht immer noch
unangenehmste Arbeistbedingungen. Und sei es nur im Vergleich zur
automatsierten, sauberen Produktion.
Ein anderer Aspekt ist die Wartung von Maschinen. So sitzen in den
Reinsträumen der Dresdner Halbleiterhersteller (AMD und Infineon)
Wartungsingenieure in Schutzkleidung und langweilen sich und warten auf
Maschinenstörungen. Trotz hoher Gehälter (tw. 100000 DM/a) fliehen die
Ingenieure in scheinbar schlechterbezahlte aber krativere Jobs.
ad 1. Nun, ich glaube simpel, daß zumindest langfristig da noch viel
mehr möglich ist, als alles was wir uns heute vorstellen können.
Gerade wenn die kreativen Potentiale der Menschen in Freien
Projekten erstmal richtig Freigesetzt werden. Wieviel
arbeitssparende Innovationen gehen den KapitalistInnen durch die
Lappen, weil die Leute, die die Ideen haben, damit ihren eigenen
Arbeitsplatz gefährden würden?
Es reicht m. E. nicht allein auf das Rationaliserungspotential der
Mitarbeiter zu setzen. Denn es ändert nichts an der Verrücktheit einer
immer schneller werdenden und dadurch energie- und materialintensiveren
(damit man der Maschinendynamik gerecht werden) Produktion sowie
Projektierung/Konstruktion!
Letztlich müssen wir tatsächlich die Produktion reduzieren, mehr auf
Qualität, Reperaturfreundlichkeit und Recyclingfähigkeit achten. Aber
das sind alte Hüte. Letztlich brauchen wir zumindestens über einen Teil
der Produktion Verfügungsgewalt.
(Zum Beispiel wünsche ich mir mal Schuhe die länger als ein Jahr
halten.)
Hier könnten wir bedürfnisgerechte Produktion ausprobieren. Und da
bietet der Maschinenmarkt schon einige Möglichkeiten.
So das war es fürs erste
Tschö
MAWi
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