Sparsamkeit und Ueberfluss (was: [ox] Werttheorie und Marx-Exegese)
- From: Stefan Merten <smerten oekonux.de>
- Date: Fri, 26 Jan 2001 17:45:17 +0100
Hi Hans-Gert und Liste!
Last month (42 days ago) Hans-Gert Graebe wrote:
Stefan Merten antwortet am 09 Dec
Warum glaubst du, daß die Menschheit auch auf einem modernen Niveau
keine Welt errichten kann, die ökologisch sustainable ist und in der
Knappheit an materiellen Gütern keine Rolle spielt? Anders formuliert:
Was bringt dich dazu zu glauben, daß die Menschen ihre
Bedürfnisbefriedigung nur mit Zwangsmitteln so organisieren können,
daß die natürliche Lebensgrundlage langfristig erhalten bleibt? Noch
zugespitzter: Warum mußt du verschwenden?
Das zweitere hat mit der ersten Frage wenig zu tun. Eine ökologisch
nachhaltige Welt ist, wenigstens nach Auffassung der Experten ('Faktor
vier' als die _sehr_ vorsichtige Variante), nur mit _deutlich_
verringertem materiellem Einsatz zu haben.
Der materielle Einsatz in einer gegebenen Gesellschaftsordnung fällt
nicht vom Himmel sondern ist eine Folge der Gesellschaftsordnung. Die
bekannte Europareise des Joghurtbechers ist ja nicht irgendwelchen
rationalen, gar ökologischen Überlegungen geschuldet, sondern einzig
eine Folge der Wertform.
Damit kippt - wenn ich dich recht verstehe - deine
Argumentationslinie, daß die Wertform in einem rationalen oder gar
ökologischen Sinn von sich aus irgendwelche positive Wirkungen
erzielt. Und wenn wir da ohnehin politisch nachhelfen müssen, würde
ich doch schauen, ob die Wertform überhaupt noch irgendwelche
unabdingbaren positiven Wirkungen haben. Je länger wir hier
diskutieren, desto weniger kann ich davon sehen.
Du kannst natürlich das
Wort 'Knappheit' durch 'Sparsamkeit' ersetzen und schon ist der Zwang
(wenigstens auf den ersten Blick) raus, aber das musst Du dann auch
den anderen verklickern.
Was grundsätzlich möglich ist. Heute verwenden auch alle Geld.
Hierbei ist allerdings ein anderes
GPL-Prinzip hilfreich, nämlich das Miteinander der GPL-Gesellschaft im
Gegensatz zum Gegeneinander der Konsumgesellschaft.
Z.B.
Hier kommen wir wieder in den Bereich einer neuen Dominanzideologie
für die GPL-Gesellschaft, die sich m.E. in ersten Vorformen schon in
der Freien-Software-Szene herausbildet.
Zweitens: Sparsamkeit ist ja kein Widerspruch zu Überfluß.
Sparsamkeit und Überfluss sind für mich schon gegensätzliche Begriffe.
Sparsamkeit bedeutet Ressourcen mit Bedacht einzusetzen, Überfluß,
dass es nicht so drauf ankommt. Da ist immer noch Überfluß !=
Verschwendung.
Sorry, aber das ist Denken in kapitalistischen Kategorien, in denen
eben alles knapp ist (d.h. im Einzelfall knapp gemacht wird). Dein
Denken entspringt der Primitivbefreiung aus dem Kapitalismus, dem
Schlaraffenland. Das kann aber nur die Antithese zum Kapitalismus
sein.
Es ginge (mir) aber darum, die Synthese zu finden, die
Knappheit/Mangel und Überfluß/Verschwendung in einer neuen
gesellschaftlichen Formation integriert. Sparsamkeit im Überfluß
scheint mir da ein brauchbarer Begriff.
Und daß es Grenzen irgendwelcher Art geben muß, um Verschwendung zu
verhindern, das ist klar. Müßte es aber auch im Kapitalismus schon -
siehe Öko-Katastrophe...
Mit Freien Grüßen
Stefan
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