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RE: [ox] Technik und Selbstentfaltung



Stefan Merten wrote:

Völlig unbestritten gibt es eine Ausbeutung des Trikont. Diese ist
aber nach meiner festen Überzeugung nicht entscheidend für den
Wohlstand hier. Das wäre richtig, wenn wir noch in
Feudalgesellschaften mit ihrer wesentlich statischeren
Produktivkraftentwicklung leben würden - tun wir aber nicht.

Und wo kommen die billigen Rohstoffe fuer die Produktivkraftentfaltung her?
Wer pflueckt die Orangen, den Kaffee usw. Koennte es nicht so sein, dass der
billige Ueberfluss gerade aus einer Kombination von deutlicher
Produktivitaetssteigerung und verschaerfter Ausbeutung herruehrt? Wobei
einige Regionen selbst fuer die Ausbeutung zu uninteressant sind (Teile
Schwarzafrikas), sofern es nicht um Diamanten oder sowas geht, aber das
erledigt der oertliche Warlord meist gleich in einem Aufwasch.

Oder siehst du irgendwo einen Sektor entstehen, der massenhaft neue
(manuelle) Arbeitskräfte einsaugen würde, und der nicht nur als Folge
der Prekarisierung begriffen werden kann?

Ich sehe eine Ausweitung von Arbeit in dem was man informeller Sektor nennt.
In den Sweat-Shops von Kairo wird eben auch fuer den Weltmarkt produziert
(Kleidung, Buntmetall usw.). Ich habe den Eindruck, dass diese billigen
Arbeiten umstandslos in den Produktivitaetsfortschritt im (in erster Linie)
Westen eingerechnet und dann ausgeblendet werden. Wenn PCs und Komponenten
in China/Taiwan billig produziert werden kann man schon auf die Idee kommen,
dass die demnaechst bei Aldi zum Duftproebchen beigelegt werden.

Niemensch hat gesagt, daß die materielle Produktion *als solche*
vernachlässigbar wird. Die These ist vielmehr, daß die *Bedeutung*
materieller Produktion durch die Bedeutung der Produktion von
Information genauso wegdominiert wird, wie die Bedeutung der
Landwirtschaft durch die der Industrieproduktion. Und diesen Effekt
kannst du im realexistierenden Kapitalismus schon beobachten.

Nur in den westlichen Industriestaaten, wobei eben der Aspekt der
Verlagerung nicht uebersehen werden sollte. Wobei ich zumindest was den
Bereich Logistik/Transport anbelangt historisch gesehen mit der Ausweitung
der Produktion von Information auch eine Ausweitung des Transports sehe.
Meine Vermutung waere, dass es einen Schwellenwert gibt; zumal ja ein nicht
unerheblicher Teil der Informationsproduktion sich mittel- oder unmittelbar
auf die 'reale' bezieht. Also etwa mit Hilfe von Scannerkasse,
Wahrscheinlichkeitsrechnungen, Kundenbefragung, Lagerdaten usw. die aktuelle
Bleistiftknappheit in meinem Supermarkt rechtzeitig erkennen und im exakt
richtigen Zeitpunkt nachliefern.

Auch wenn der eher immaterielle Bereich von Information (Nachrichten,
Unterhaltung, Chats etc.) sich ausweiten wird, wird es weiterhin eine
Rueckkopplung an klassische Industrieproduktion geben.

Markus


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