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Re: Unfähigkeit zur Selbstentfaltung (war: [ox] Paper Linux-ist-wertlos)



Thomas Uwe Gruettmueller <sloyment gmx.net> writes:

On Sam, 06 Mai 2000 Steffen Schwigon wrote:
Stefan Merten <smerten dialup.nacamar.de> writes:
6 days ago Steffen Schwigon wrote:
Ich bin ja eben genau der Meinung, daß
 1. die gesamte Menge der Linux-Macher genau diese Elite ist, von der
    ich spreche (die allerdings merkwürdigerweise tatsächlich
    niemanden ausnutzen), und 

Paßt es in dein Elite- Konzept, die Programmierer generell als eine
Elite zu betrachten, egal ob zehnjähriger Autodidakt oder
Fließbandprogrammierer mit Diplom? Dann wäre der ausnutzende
Teil daraus, der, der sein Wissen hortet, oder sogar das seiner
Untergebenen.

Na, fast. Den "ausnutzenden Teil", der "Wissen hortet", hatte ich gar
nicht richtig bedacht, aber das paßt rein. Ich will aber eigentlich
auch nicht eine Kaste der Programmierer als generell fähigere Schicht
hervorheben. Es gibt auch da Leute, die nix selber zustande kriegen.

Insbesondere meine ich bei Elite nicht die technischen Fertigkeiten,
sondern die Fähigkeit, selbständig etwas aus diesen Fähigkeiten zu
machen, egal wie hoch oder niedrig sie sind.


Was ich dann aber immer noch nicht einsehen will, ist, daß bestimmte
Menschen von Natur aus zu dieser Elite gehören sollen (falls du
soetwas behauptet haben solltest).

Das ist ein schwieriger Punkt.

Ich bin durchaus der Meinung, das es ab einer gewissen persönlichen
Entwicklungs- oder Reifestufe Menschen gibt, die selbständig etwas aus
sich machen können und andere das nicht bringen werden.

Nun weiß ich aber nicht, ob diese Fähigkeit "angeboren" sein soll
(schnell weiterlesen!) oder ob das nicht einfach nur eine Frage der
Erziehung, der gesellschaftlichen Umstände, der Ausbildung und der
verfügbaren Vorbilder ist.

Ich glaube nicht, daß diese Fähigkeit "angeboren" sein soll, denn dann
wären wir schnell bei der Bewertung von Menschen, bei faschistoiden
Rassentheorien und ähnlichem Unsinn.

Ich weiß aber genausowenig, was den Unterschied ausmacht und ob es
tatsächlich diesen Reifegrad gibt, ab dem es z.B. zu spät ist,
jemandem diese Fähigkeit beizubringen.

Wenn es tatsächlich nur eine Frage der gesellschaftlichen Umstände
wäre, dann hättet ihr ja alle Recht hier in der Liste mit euren
gesellschaftlichen Umbau-Gedanken.

Am meisten denke ich, daß das familiäre Umfeld und die vorhandenen
lebenden Vorbilder entscheidend sind. Denn es gab zu jeder Zeit
"Elite", unabhängig von der Gesellschaftsform. 


Ich denke nämlich eher, daß man
mit endlichem Aufwand jede willkürlich herausgegriffene Oma vom
Hacken begeistern kann. 

Hm, daran zweifle ich allerdings etwas. Ich beobachte oft, daß
Programmierer untereinander in ähnlichen Strukturen denken, aber diese
Denkstrukturen überhaupt nicht nach außen transportierbar sind.

Ich kriege es z.B. oft einfach nicht hin, daß andere Leute mich
verstehen, wenn wir über ein Problem reden, welches programmiert
werden soll.

Ich steige dann aus meinen Tiefen auf und werde immer verwaschener und
ungenauer in meinen Aussagen, und irgendwann, wenn ich eigentlich
selber nichts mehr mit meiner eigenen unkonkreten Aussage anfangen
kann, dann, hoppla, verstehen sie mich plötzlich.

Ich weiß aber nicht, seit welchem Zeitpunkt das so ist und ob ich
wirklich eine "Begabung" habe, unverständlich zu sein, oder ob das
jeder lernen kann. :-)


Dies würde ich nicht nur auf das Programmieren, sondern auch auf jede
andere schöpferische Tätigkeit (Zeichnen, Musizieren,
Elektronikbasteln) anwenden wollen. 

Ob ihr's glaubt oder nicht, aber "schöpferische Tätigkeit" ist genau
der Begriff, nach dem ich seit Wochen suche. Fiel der hier schon
öfter, hab' ich das immer überlesen? So was billiges. Und ich bin
nicht drauf gekommen. :-/

Klar, Programmieren ist "schöpferische" Tätigkeit. Ich glaube, da war
ich in der "Programmieren"-Diskussion früher auch schon mal fast dran,
aber irgendwie nicht wirklich.

Ich gebe hiermit mein Festhalten am "Funktionieren nur beim
Programmieren" auf und erweitere das auf "schöpferische Tätigkeit".

Sehr öffnend das ganze. Hm. :-)


Eliten sind also künstliche Gebilde unserer heutigen unvollkommenen
Lebensumstände, von denen nur wenige Leute und auch diese nur
teilweise ausgenommen sind. 

Wenn ich jetzt über "schöpferische Tätigkeit" nachdenke und mir
die vielen Musiker, Zeichner und Architekten einfallen, dann wird die
Menge der Leute, denen ich auch zutraue, etwas aus sich selbst machen
zu können, tatsächlich immer größer.

Aber ich bin noch nicht bei Mehrheit. :-)


In wie weit stimmen wir jetzt in unseren Ansichten überein?

Es wird. :-)


(Greeti+Tha)nX
Steffen
-- 
Steffen Schwigon
<schwigon innocent.com>

----------------------
http://www.oekonux.de/



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