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[ox] Kommentar zu Abs. 26



Ulrich Leicht, UlrichLeicht t-online.de, hat einem neuen Kommentar 
geschickt.

Kommentierter Absatz:

http://www.opentheory.org/proj/linux-wertlos/v0001.phtml#26

(26)
 Konkrete Arbeit ist der abstrakten Arbeit überlegen. Das weiß auch der
Exekutor des Wert-Gesetzes in der Produktion. Deswegen spielt der Spaß, das
Interesse am Produkt, auch in der geldgetriebenen Produktion eine wichtige
Rolle. Es ist nur so, dass die abstrakte Arbeit immer gewinnt. Letztlich
zählt eben nur, was hinten rauskommt - und zwar an Geld.


Kommentar:

http://www.opentheory.org/proj/linux-wertlos/v0001.phtml#26.1

(26.1)
In Zusammenhang mit meinen anderen Kommentierungen halte ich diese
Formulierungen natürlich auch für problematisch. Aus meinen
\"Arbeitserfahrungen\" bezweifele ich auch, daß es diesen Widerspruch
\"konkret\" - \"abstrakt\" in der eigentlichen Produktion in der Weise
gibt. Der \"Executor des Wert-Gesetzes\" rechnet natürlich mit den
Fähigkeiten, Fertigkeiten und dem Können der \"Arbeitenden\", deren
Arbeitskraft er eingekauft hat. Aber auch hier interessiert dies nur in
Zusammenhang mit maximalen Verwertungseinsatz. Gefragt sind bestenfalls
Identifikation mit diesem Ziel, entsprechende diesbezügliche Flexibilität,
aber weniger umfassende Qualifikation, Mitdenken gar Nachdenken über und
Durchschauen des Produktionsprzeßes und -ablaufs. Der Spaß hält sich
wahrlich in Grenzen. Und wenn wir als abhängig Beschäftigte ehrlich sind:
selbst die \"Klassenfeinde\" sind Opfer der Fetischverhältnisse, die
Unternehmer und Manager sind dem Verwertungs\"spiel\" und -druck gnadenlos,
bei Strafe ihres Untergangs, eben als spaßlose \"Charaktermasken\"
unterworfen. Zum theoretischen Hintergrund meiner Interventionen gerade
auch als \"zwangs\"arbeitender Mensch und Gewerkschafter möchte ich auf den
hervorragenden Artikel von Robert Kurz, \"Postmarxismus und
Arbeitsfetisch\" in Krisis 15, 1995 verweisen, der auch zum Verständnis
aller anderen Darlegungen zum Thema Arbeit, so auch des \"Manifests gegen
die Arbeit\" wichtig ist. Daraus als Einstieg zur Problematik, gilt auch
für Absatz 27 und Kommentar 27.1, einige Zitate: Wie argumentiert der
\"doppelte Marx\" in Sachen Arbeit: \"Als Bildnerin von Gebrauchswerten,
als nützliche Arbeit ist die Arbeit ... eine von allen Gesellschaftsformen
unabhängige Existenzbedingung des Menschen, ewige Naturnotwendigkeit, um
den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur, also das menschliche Leben zu
vermitteln.\" (Kapital Bd.1, 57)  Immerhin steht hier nicht, wie oft vom
Marxisten behauptet, die Arbeit sei gleich der Stoffwechselprozeß mit der
Natur, also ewige Notwendigkeit, sondern kann auch als historisch
veränderbarer Vermittlungsprozeß gesehen werden. In der Deutschen Ideologie
wie an anderen Stellen liest sich das anders: \"... daß in allen bisherigen
Revolutionen die Art der Tätigkeit stets unangetastet blieb und es sich nur
um eine andre Distribution dieser Tätigkeit, um eine neue Verteilung der
Arbeit an andre Personen handelte, während die kommunistische Revolution
sich gegen die bisherige  A r t  der Tätigkeit richtet, die  A r b e i t 
beseitigt(!) ...\"  (DI 71) Und daraus folgern Marx und Engels: \"...
müssen die Proletarier, um persönlich zur Geltung zu kommen, ihre eigene
bisherige Existenzbedingung, die zugleich die der ganzen bisherigen
Gesellschaft ist, die Arbeit, aufheben.\" (DI, 79) Dazu schreibt Robert
Kurz in dem Kapitel \"Der doppelte Begriff der abstrakten Arbeit und die
gesellschaftliche Sphärentrennung\": Marx war sich offenbar seiner
\"doppelten\" Argumentation bewußt, was sich unter anderen darin zeige 
\"... daß er sich zur Behebung des Dilemmas mit einem begrifflichen Trick
sozusagen selbst überlistet. Denn eigentlich ist der Begriff der \'Arbeit\'
ohne jedes Attribut, die Abstraktion \'Arbeit\' also, bereits der Begriff
der warenproduzierenden Produktionstätigkeit. Die sogenannte
Gebrauchswertseite dieser Tätigkeit kann überhaupt nur die Kehrseite
derselben gesellschaftlichen Realabstraktion sein: die Art und Weise
nämlich, wie diese gesellschaftliche Abstraktion sich des sinnlichen
Stoffes bemächtigt und ihn ihrer Form unterwirft. der \'Doppelcharakter der
Arbeit\' (Marx) ist nicht ontologisch verankert, er ist seinem Wesen nach
der Doppelcharakter warenproduzierender Verhältnisse. Marx macht nun aus
der stofflich-sinnlichen Seite der \'Arbeit\' (und damit aus dem
\'Gebrauchswert\', der doch nur die stofflich-sinnliche Seite derselben
Wertabstraktion darstellt) einen ontologischen Begriff, der eben jene
\'ewige Naturnotwendigkeit\' sein soll. Damit wird er kompatibel mit dem
immanenten, notwendigen Selbstverständnis der Arbeiterbewegung. (...) Aber
die warenproduzierende \'Arbeit\' ist auch noch in einem zweiten Sinne
\'real abstrakt\', den Marx keineswegs systematisch entwickelt: nämlich in
ihrer Existenz als eine  a u s d i f f e r e n z i e r t e  S p h ä r e,
die getrennt ist von anderen Sphären wie Kultur, Politik, religion, erotik
usw. oder, auf einer anderen ebene, auch getrennt von \'Freizeit\'. ... Die
Entfaltung und schließlich die volle Entfesselung der Formabstraktion in
der Moderne ist aber nur möglich dadurch, daß die \'Arbeit\' als diese
getrennte, \'real abstrakte\' Sphäre ausdifferenziert wird, vom übrigen
Lebensprozeß getrennt wird; daß der warenproduzierende mensch also nicht
nur von der sinnlichen Qualität seiner Gegenstände, sondern in und
hinsichtlich der \'Arbeit\' auch gleichzeitig von den anderen
lebensmomenten \'absieht\' (abstrahiert), die zu funktionalen Sphären
jenseits der \'Arbeit\' geronnen sind.\" (Krisis 15, 108-113)


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http://www.oekonux.de/



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