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Re: [ox] Patentrecht und GPL



From: Thomas Uwe Grüttmüller <sloyment gmx.net>
To: <liste oekonux.de>
Sent: Monday, January 17, 2000 7:26 PM
Subject: Re: [ox] Patentrecht und GPL


Das Beispiel ist in sofern problematisch, als daß neue
Präparate vor ihrer Zulassung (zumindest hierzulande)
erstens ausgiebig an Tieren und zweitens am Menschen
getestet werden müssen. Dies könnte die Sache erschweren.

Das Problem liegt wohl hauptsaechlich in der Frage, wer diese Tests
bezahlt. Ich weiss leider nicht genau, wie das im Moment geregelt ist,
aber ich vermute mal, dass der Kostentraeger die Firma ist, die das
Praeparat herstellen will. Ich koennte mir evtl. vorstellen diese Tests
(bzw. die Ergebnisse) als Teil des "Bauplanes" zu betrachten und
somit auch unter die GPL zu stellen. Somit koennten auch hier die
Kosten zumindest breiter verteilt werden. Allerdings kann man diese
Tests wohl nicht privat durchfuehren, da sie, was die "Hardware" betrifft
sehr (kosten)aufwendig sind (niemand baut sich ein Tierversuchslabor ins
Wohnzimmer, oder !?). Genau das koennte aber den Erfolg in Frage
stellen, denn was die (Computer)-Software betrifft beruht der Erfolg
der GPL gerade darauf, dass jeder die prinzipielle Moeglichkeit hat
mitzumachen. Zudem besteht folgendes Problem: Wer sagt, wann
ein Praeparat ausreichend getestet ist und fuer die Anwendung freigegeben
werden kann?
Eine andere Moeglichkeit waere eine zentrale Pruefstelle, die die Tests
durchfuehrt und dann ein Praeparat freigibt. Das wirft dann wiederum das
Kostenproblem auf. Ausserdem ist zentrale Kontrolle eine Sache, die mir
immer Magenschmerzen bereitet.
Tja, das ist wirklich kein triviales Problem.

Glaubt ihr das das prinzipiell funktionieren kann ?

Ich schon :o), allerdings hat diese Heimarbeit (z.B. jeder
Apotheker für sich in seiner Apotheke) Grenzen. Grössere
Serien sollte man schon in richtigen Fabriken herstellen.

Richtig! Aber es werden heute schon selten benoetigte Medikamente
in Apotheken in kleinen Mengen hergestellt, das koennte verstaerkt
und vor allem auch mit ganz neuen Medikamenten geschehen.

Doch dann fiele die freie (ungehinderte) Beteiligung an der
Entwicklung weg. Lösungsvorschläge, die mir einfallen wären:

o Auftragsarbeiten: die Fabriken haben nicht aus
  Eigeninitiative Produkte zu entwickeln, die sie dann
  verramschen, sondern die Dienstleistung anzubieten, auf
  ihren Maschinen Produkte herzustellen (vgl. Buchverlag
  vs. Druckerei)

Klingt ganz vernuenftig! Ist aber problematisch, da das Vorbild
(Buchverlag, Druckerei) gerade auf dem copyright Prinzip beruht.
Das copyright liegt beim Verlag. Der laesst Kopien in Auftrag bei
der Druckerei erstellen und verkauft sie dann. Den Gewinn dabei
zieht er hauptsaechlich aus der Tatsache, dass niemand anders Kopien
erstellen darf (im Gegensatz zum GPL Prinzip)

o Konkurrenz: die Fabriken stellen in Eigeninitiative
  Produkte (z.B. Linuxdistribution SuSE) nach GPL-
  Konstruktionsplänen her. Konkurrenz anderer Anbieter (z.B.
  PTS), sowie der "Nachbauszene" (selbstgebrannte SuSE-
  Dist., ausgedrucktes Handbuch)   verhindern die Aushöhlung
  der GPL. (Gefährlich ist dabei die DVD-Version von SuSE,
  da noch nicht genug Brenner im Umlauf sind).

Scheint mir im Moment die sinnvollste Methode zu sein. Zumindest
solange, bis der Produktionsaufwand auf  nahezu Null gesunken ist
und jeder auf Knopfdruck das erhaelt was er benoetigt (a'la Star Trek) ;-)

o Volkseigene Betriebe: ...wären zwar ideal, da dann
  nicht nur Wissen (Software, Literatur, Baupläne...)
  öffentliches Eigentum wären, sondern auch die
  Betriebe, was freie (ungehinderte) Beteiligung an der
  Entwicklung auch direkt in der Produktion ermöglichen
  könnte. VEBs werden allerdings bekanntlich üblicherweise
  sofort privatisiert zwecks ihrer Schliessung. :o(

Na, ja! Wenn Du an sowas denkst wie die sogenannten VEBs in
der ehemaligen DDR, ... Das wahren eher SEBs (Staatseigene Betriebe)
und weit entfernt davon oeffentliches Eigentum zu sein.
BTW: Ich bin der Auffassung, dass es sowas wie einen VEB nicht geben
kann. Ich glaube kaum, das "das Volk" einen Betrieb verwalten kann
(geschweige denn einen ganzen Haufen davon) aus dem einfachen Grund
weil es (IMHO) nicht so etwas wie Gemeinwillen gibt und der waere
wohl vorraussetzung um Entscheidungen zu treffen. Das gute alte
Mehrheitsprinzip ? Naja, das hat zu 12 Jahren Kohl-Regierung gefuehrt,
nicht gerade ein Argument fuer die Qualitaet von Mehrheitsentscheidungen...

Gruss,
Andreas


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