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Theorie-Projekt (was: [ox] Re: Noch mal zum virtuellen Theorie-Projekt)



Hi Annette und alle!

Auf die Fragen zur Diskussionsführung gehe ich andernmails ausführlich
ein.

7 days ago Annette Schlemm wrote:
Es geht nicht nur um Formen. Es geht z.B. auch um die Form, wie man die
Bearbeitung der Inhalte managed.

Yep!

Manchmal wäre es in so einer Situation des Hin- und Her-Argumentierens
wie in dieser Liste ganz gut, wenn mal jemand die strittigen Fragen
deutlich herausarbeitet und nochmal zur Diskussion gibt.

Genau. Klassische Moderationsaufgabe.

Dann kann es
verschiedene Entscheidungen geben: Okay, wir einigen uns doch auf eine
Seite oder: Wir kennen jetzt die verschiedenen Standpunkte und lassen
sie einfach uns gegenseitig akzeptierend stehen. Und dann kann davon
ausgehend etwas gezielter weiterdiskutiert werden.

Das, was ich aus RL als Strategiegespräch kenne.

Man könnte ja z.B. so was wie eine Zwischenbilanz dazu versuchen zu
formulieren und das ließe sich dann z.B. auch gut im Web dokumentieren
und später bei Vorträgen etc. verwendet werden.

Das fände ich den absoluten Bringer!

Was sind für Euch jetzt im Moment die Fragen, die wichtig sind?

Da muß ich erstmal drüber nachdenken. Aber ich denke dazu sollten wir
wirklich alle mal Stellung nehmen - auch vielleicht die, die selbst
nichts beitragen wollen/können.

(In
einer Diskussionsrunde würde man so als "Blitzlicht" machen).

Würde ich eher eine Runde nennen ;-) .

Ich sammle ja manchmal (zeitlich werde ich das nicht ewig durchstehen)
einige Diskussionsstränge auf, auch welche, die nicht direkt in Oekonux
gepostet sind (z.B. jetzt in http://www.thur.de/philo/oekonux4.htm).
Man kann nun einfach weiterreden-schreiben und die Sachen - wie es
Stefan Merten dankenswerterweise macht - einfach nach Datum und
genanntem Thread sammeln.

Ich selber denke aber auch in anderen Zusammenhängen im Moment aktiver
darüber nach, ob wir, da wir nicht zu zentralistischen Formen
zurückkehren wollen, als Alternative lediglich diese Art "Wildwuchs"
haben, oder ob es da Alternativen gibt, den ganzen Diskussionsprozeß
sinnvoller zu strukturieren. Wie gesagt, wenn das Bedürfnis nicht
besteht, will ichs Euch nicht aufdrängen

Ich denke, daß ein breiter Konsens darüber besteht, daß wir in den von
dir angesprochenen Punkten Fortschritte machen wollen.

(ich selber hätte eh nicht die
Zeit und die Kompetenz, das zu machen).

Das scheint mir das größte Problem :-( .

Manchmal wünschte ich, wir wären schon nach der Revolution und ich
könnte Oekonux (und ein paar andere Projekte) full-time verfolgen und
hätte trotzdem einen gefüllten Kühlschrank und ein Dach über dem Kopf
- und natürlich Internet-Anschluß ;-) .

IRL kenne ich Analogien aus durchaus überlegten Methoden der
Gesprächsmoderation in Gruppen. Auch da reicht Wildwuchs-Reden i.a.
nicht aus, wenn es kein Kaffeklatsch werden soll, sondern es gibt
erprobte und immer wieder zu erprobende Methoden, in der Gruppe
gemeinsam Zwischenbilanzen, Entscheidungen und Weiterführungen zu
organisieren.

Genau. Zwei Elemente finde ich IRL sehr hilfreich: Protokolle und
Runden.


Wörtliche oder wortnahe Protokolle sind natürlich bei einer
(archivierten) Mailing-Liste nicht nötig, weil ja sowieso alles schon
geschrieben ist - was ja irgendwie auch sehr praktisch ist :-) . Aber
Protokolle fassen ja auch zusammen. Vielleicht sollte ich daher besser
von Zusammenfassungen sprechen.

Eine Zusammenfassung, die gelegentlich erstellt werden müßte und auf
einer Web-Site sicher auch einen besonderen Platz bekommen sollte,
sollte m.E. kurz zusammenfassen, worum es im zusammengefaßten Zeitraum
gegangen ist. Toll wäre ein kurzes Nachvollziehen der wichtigsten
Argumente. So etwas wäre vor allem für Außenstehende und gelegentliche
(Web-)Gäste sehr nützlich.


Runden finde ich IRL immer ausgesprochen nützlich. Zur Erläuterung: In
einer Runde nimmt jedeR GesprächsteilnehmerIn zu einer speziellen
Frage Stellung - und zwar aus seiner Sicht. Die Reihenfolge ist dabei
i.a. durch die Sitzreihenfolge vorgegeben. Eine Abwandlung, die mir
für Mailing-Listen angemessener erscheint, ist der Fishbowl, bei dem
einige Diskutanten von ZuhörerInnen umgeben sind, die selbst nichts
sagen.

Leider ist mir völlig unklar, wie diese tolle Technik auf eMail
umgesetzt werden kann, da gerade die Synchronität und Einkanaligkeit
von Face-To-Face-Kommunikation und die dadurch sich automatisch
ergebende Reihenfolge und Klammerung in eMail ja aufgehoben ist - (so
toll ich das in anderen Zusammenhängen auch finde).

Um eine Runde zu simulieren, müßten wir also eine Technik (er)finden,
die uns die Reihenfolge und die Klammerung gewährleistet. M.a.W.: Wie
kriegen wir es hin, daß jedeR zur formulierten Frage genau einmal
Stellung nimmt.

Eine Schwierigkeit sehe ich darin, daß der Zeitrahmen bei eMail sehr
offen ist. Vielleicht kann bei der Formulierung der Frage ein Time-Out
definiert werden, bis zu dem eine Stellungnahme erfolgen soll. Ein
Time-Out könnte auch dazu dienen, einen Rahmen zu bilden. Die Länge
eines solchen Time-Outs hängt natürlich von der Mailing-Liste und der
Wichtigkeit der Frage ab. Für Oekonux würde ich i.d.R. mal eine Woche
ansetzen - damit mal eine Zahl da ist.

Bei einer RL-Runde ist auch automatisch klar, welche Beiträge zu einer
Runde gehören. Wenn eine Mailing-Liste für die Dauer einer Runde nicht
ansonsten völlig stillgelegt sein soll, dann würde ich eine
entsprechende Kennzeichnung im Subject für nötig halten. Vielleicht
könnte die Einleitung der Runde durch eine Mail mit einem Subject der
Form: "RUNDE: <Zentrale Frage>" geschehen, und alle Antworten direkt
auf diese Mail.

Zur Einleitung einer Runde bräuchten wir dann natürlich auch einen
definierten Vorgang. Im wesentlichen müßte dieser Vorgang die Frage
und die oben erwähnten Rahmenbedingungen klären.

Das klingt jetzt alles sehr technisch und formal. Meine RL-Erfahrung
zeigt aber, daß es nützlich ist, soviel Disziplin aufzubringen, sich
an solche Formen zu halten.


Dummerweise ist das natürlich alles mit Arbeit verbunden. Aber nach
meiner Erfahrung wird eine Diskussion effektiver, wenn sie ein wenig
organisiert wird.

Einige andere Ansatzpunkte, wo das auch gefragt wird:
K.Kelly (New Rules for the New Economy : 10 Radical Strategies for a
Connected World)
"Without some element of governance from the top, bottom-up control will
freeze when options are many. Without some element of leadership, the
many at the bottom will be paraly-zed with choices."

Ein starker Hinweis darauf, daß es gar nicht immer einfach ist, mit
Freiheit umzugehen. M.E. wichtig festzuhalten, daß das so ist!

Rötzer, F., Hacker und Aufmerksamkeitsökonomie, 17.11.1998, in:
Internet: http://www.heise.de/tp/deutsch/special/wos/6439/1.html:
"Solche "Autoritäten" können sehr unterschiedliche Formen annehmen, aber
sie ziehen kraft ihrer Position und der Beherrschung des
Aufmerksamkeitsspiels kollektive Aufmerksamkeit auf sich und "schenken"
Integration, die es ermöglicht, interne Konflikte aufzulösen - und sie
werden desto eher als "Führer" anerkannt, wenn sie nicht nur
gruppenspezifische Kompetenz, sondern auch gruppenintegrierende und nach
außen wirkende Kompetenz besitzen. Die Besitzer, Führer, Prominenten
oder Integratoren verteilen die Aufmerksamkeitsressourcen, was auch
heißt, wer was machen darf und wem was zugeschrieben wird."

Ich kann dieses Denken in Terms of Aufmerksamkeitsökonomie langsam
nicht mehr sehen...

DiBona, C.,Ockman, S., Stone, M., Open Sources: Voices from the Open
Source Revolution
http://www.oreilly.com/catalog/opensources/book/intro.html:
"One thing that keeps this happening is the open methods used in the
development of the Linux kernel. Linus Torvalds, Alan Cox, and the rest
run a tight ship and are the central authority for adding and accessing
the kernel. The Linux kernel project has been called a benign
dictatorship, with Linus as its dictator, and so far this model has
produced a nicely written tight kernel without too much extraneous cruft
in it.
What's ironic is that while Linux has experienced little actual forking,
there exist large patches that convert the Linux kernel into a hard
real-time kernel, suitable for tight critical device control, and
additionally there exist versions of Linux that can run under
dramatically weird architectures. These patches could be considered
forks, as they are based on a set kernel and grow from there out, but
because they occupy special niche application areas for Linux, they do
not have a fractu-ring effect on the Linux community as a whole."

Gerade das letzte Zitat: Da hab ich überhaupt keine Ahnung, es
interessiert mich aber sehr, wie das abläuft und was man davon denken
kann und vielleicht auch: ob man da Ideen für unsere oder ähnliche
Arbeitsprozesse gewinnen kann...

Hmmm... Ich versuche mal zu erklären, was Code-Forks sind.

Jeder Software liegt eine Menge von Sourcen zugrunde. Sourcen sind
quasi die menschennahe Beschreibung eines Programms (das Executable
ist die maschinennahe). Eine ganz einfache Source für das allseits
beliebte Hello-World!-Beispiel in C ist z.B.:

	#include <stdio.h>

	void main(int argc, char *argv[])

	{
	  printf("Hello world!\n");
	}

Diese Sourcen unterliegen im Laufe einer Programmentwicklung natürlich
Veränderungen - das Programm verändert sich ja auch. Ist nach einer
Änderung wieder ein lauffähiger Zustand erreicht, so wird von einer
Version gesprochen.

Nun können Veränderungen an einem bestehenden Programm natürlich in
verschiedene Richtungen gehen - das ist oben angesprochen. Dann wird
von einem Fork gesprochen. Code-Forks sind deswegen unbeliebt, weil
sie ein Projekt unübersichtlicher machen. Es wird zunehmend
schwieriger festzustellen, welche Teile der Sourcen mit welchen
anderen ordentlich zusammenspielen, so daß auch Entwicklungen im einen
Zweig nicht ohne weiteres in den anderen übernommen werden können.
Dies gilt vor allem dann, wenn die Forks sich überlappen, z.B. also
das gleiche Problem auf unterschiedliche Weise angehen.

Oben werden Quasi-Forks beschrieben, die offenbar als unproblematisch
empfunden werden.

Well, all this said, denke ich, daß wir die Frage der Code-Forks nicht
sehr produktiv übertragen können. Am ehesten würde ich von sich
verzweigenden Threads in einer Diskussion sprechen, aber ich sehe die
bei weitem als nicht so problematisch an, wie Code-Forks.

Hmmm... Wenn ich's mir recht überlege, ist es vielleicht doch gar
nicht so entfernt...


						Mit li(e)bertären Grüßen

						Stefan





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