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[chox] Kroes will Energiekonzerne zerschlagen




Attacke auf hohe Preise und mangelnden Wettbewerb


Kroes will Energiekonzerne zerschlagen

EU-Kommissarin fordert Trennung von Netz und Stromproduktion / "Chinesische Mauern und Quasi-Unabhängigkeit"
Brüssel - EU-Kommissarin Neelie Kroes will mit einem radikalen Schritt für mehr Wettbewerb und niedrigere Preise auf den Energiemärkten sorgen. Kroes möchte den großen Konzernen ihre milliardenschweren Stromnetze wegnehmen. "Ich sehe nur diesen einen Weg", sagte sie am Montag.

Von Alexander Hagelüken

Die Wettbewerbskommissarin beklagt seit längerem zu geringe Konkurrenz auf den europäischen Strom- und Gasmärkten, die sich in zu hohen Preisen für die Verbraucher niederschlagen würden. Auch in Deutschland und anderen Mitgliedsstaaten sind die Energiekonzerne wegen ihrer hohen Tarife und daraus resultierenden Milliardengewinne unter Druck geraten. Kroes schlägt nun eine radikale Lösung vor: Die Trennung der Energieproduktion von den Netzen, die traditionell den Versorgern gehören. "Für mich ist es eine absolute Priorität, die Interessenkonflikte der Energiegiganten zu lösen", sagte Kroes auf einem Kongreß in Lissabon laut Redetext. "Mit der Infrastruktur in der Hand der bisherigen Monopolisten, gibt es zuviele Möglichkeiten, neue Konkurrenten zu diskriminieren", kritisierte die niederländische Politikerin. Die bisher vorgeschriebenen Trennungsmechanismen zwischen Produktion und Netz seien nicht ausreichend. "Europa hat genug von Chinesischen Mauern und Quasi-Unabhängigkeit.Es muss eine strukturelle Lösung geben, die ein für allemal Produktion und Vertrieb trennt: die eigentumsrechtliche Trennung", sagte Kroes. Die Wettbewerbskommissarin deklarierte diese Bemerkung als ihre persönliche Meinung. Damit scheint noch nicht klar, ob die EU-Kommission als ganzes Kroes" Plan folgt. Konkrete Gesetzesvorhaben will die Kommission spätestens Anfang nächsten Jahres vorlegen.

Damit wird jetzt eine intensive Lobbyschlacht um Kroes" Initiative beginnen. Die Energiekonzerne in Deutschland und anderen Mitgliedsstaaten lehnen eine Trennung von Netz und Produktion eindeutig ab. Wie in der Bundesrepublik besitzen die Versorger auch in den meisten anderen EU-Staaten die Netze. Anders ist dies nur in einer sehr kleinen Minderheit der Staaten.

Kroes deutete in Lissabon auch erneut an, dass sie langfristige Gaslieferverträge begrenzen will. Solche Verträge böten den Marktteilnehmern zwar Sicherheit. Wenn aber fast alles Gas auf dem Markt durch solche Verträge vergeben sei, könnten neue Wettbewerber nicht genug davon kaufen, um ein profitables Unternehmen aufzubauen und bisher dominanten Versorgern Konkurrenz zu machen.

Kroes forderte außerdem eine Stärkung der Energie-Regulierungsbehörden. Diese müssten mehr Einblick in den Markt bekommen und "potenziell marktrelevante Informationen" auch untereinander austauschen dürfen, forderte die Kommissarin. Sie ließ erneut erkennen,

dass sie weiter für eine stärkere europäische Aufsicht ist, die von den Mitgliedsstaaten bisher strikt abgelehnt wird. Um einheitliche Marktbedingungen zu schaffen, müssten die nationalen Regulierer eng zusammenarbeiten. "Ich frage mich aber, ob das genug ist", sagte Kroes.

Gespräche mit Moskau

Unterdessen dringt die Europäische Union weiter auf Zugeständnisse der russischen Regierung in Energiefragen. EU-Energiekommissar Andris Piebalgs erhob am Montag bei einem Besuch in Moskau erneut die Forderung, privaten westlichen Investoren die russischen Erdgasleitungen zu öffnen. Bislang stehen diese völlig unter der Kontrolle des staatlichen Konzerns Gazprom, der auf diese Weise sämtliche unabhängigen Gasprojekte blockieren kann. Russland liefert derzeit ein Viertel des Öl- und Gasbedarfs der Europäischen Union. Präsident Wladimir Putin lehnte es erst kürzlich beim EU-Gipfel in Lahti ab, die internationale Energie-Charta von 1994 ratifizieren zu lassen, die marktwirtschaftlichen Wettbewerb zwischen in- und ausländischen Firmen ermöglichen würde.

Stattdessen wurde unter seiner Regierung die staatliche Kontrolle im Energiesektor ausgeweitet. Jüngstes Beispiel sind die Pläne von Gazprom, das riesige Schtokman-Gasfeld ohne ausländische Partner zu erschließen zu wollen. Der Shell-Konzern wird aus einem großen Ölförderprojekt auf der Insel Sachalin herausgedrängt. Piebalgs warb für vertrauensbildende Maßnahmen auch durch einen regelmäßigen Informationsfluss über die russische Energiepolitik.

Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.251, Dienstag, den 31. Oktober 2006 , Seite 23


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