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Spaß am Sparen Ein neuartiges Stadtfahrzeug bricht mit vielen Erwartungen So muss sich ein Pilot fühlen, der in seinen Düsenjet klettert. Ein Bein nach dem anderen um das Lenkrad schlängeln, langsam in den Sitz sinken, Beine ausstrecken und Flügeltür zuziehen. Geschafft. Clever, das von der TU Berlin entwickelte "Compact Low Emission Vehicle for Urban Transport" gleicht einem Torpedo auf drei Rädern. Gerade drei Meter misst das Stadtfahrzeug, wie schmal es ist, zeigt sich erst im Vergleich mit einem Auto: einen Meter. Windschnittiger geht es kaum. Clever ist denn auch das erste Drei- Liter-Fahrzeug, das Spaß am Sparen machen soll. Während die meisten Hersteller sportliches Fahren in viel PS übersetzen, nimmt es Clever wörtlich. Sportlich heißt hier direkter Straßenkontakt. Wie ein Motorrad legt sich das Dreirad in die Kurve. Computergesteuerte Wankhydraulik sorgt dafür, dass der Cityflitzer immer in der Spur bleibt. Bei einer Präsentation vor dem Brandenburger Tor scharten sich kürzlich Schaulustige um das futuristische Wespentaillen-Fahrzeug mit LED-Scheinwerfern im Rückspiegel, die wie Fühler aus dem Chassis ragen. Die Berliner drückten sich die Nase platt an der tropfenförmigen Kabine, und als plötzlich ein Hüne ausstieg, ging ein Raunen durch die Menge. Peter Naumann ist zuständig für solche Emotionen. Der Professor für Industrial Design an der Fachhochschule München weiß, wie man Gefühle anknipst. "Dinge sollen Spaß machen", sagt Naumann, der auch schon Hubschrauber entworfen hat und Motorräder. Diese Verwandtschaft kann Clever nicht verleugnen. Naumanns erste Skizze glich einem Comic. Da jagte ein Geschoss über die Straße, bullige Reifen, glühende Rücklichter. Beim Zeichnen wurde Naumann klar, dass er Fahrerkabine und Motor trennen musste. Dabei blieb es. Fahrer und Sozius sitzen hintereinander, ihre Kabine ragt über den Motorblock, der wie ein Außenborder das Fahrzeug anschiebt. 395 Kilo bringt Clever auf die Waage; da reichen 15 PS, um das Fahrzeug in weniger als sieben Sekunden auf 60 Kilometer pro Stunde zu beschleunigen. Bei Tempo 100 ist für das Stadtfahrzeug Schluss. Gas geben hat bei Clever eine doppelte Bedeutung. Zwei Standardgasflaschen, die später an Tankstellen und Supermärkten ausgetauscht werden sollen, treiben den 230-Kubikzentimeter-Erdgas-Motor an. Clever ist die Kunst der Reduktion. Wie wäre es mit Verkleidungen über dem Alu-Spaceframe der Kabine? Das ist machbar, sagt Michael Fischer von BMW. Der Diplomingenieur ist zuständig für Vorentwicklung und neue Fahrzeugkonzepte wie den Clever. "Wir wollten unter 400 Kilo bleiben", sagt er. "Draufpacken können wir immer." Das heißt auch: wissen, wo man sparen kann. Verkleidungen gehen ins Gewicht. Und jedes Gramm zählt beim Prototypen des neuen Stadtfahrzeugs. Wenn man bedenkt, dass in Oberklasseautos rund 200 Stellmotoren werkeln, vom elektrischen Fensterheber bis zur Sitzverstellung, die Strom fressen und Platz brauchen, vor allem aber einiges Gewicht auf die Waage bringen, lernt man das Leichtgewicht schätzen. Die Kombination aus Aluminium-Spaceframe, Kunststoffkarosserie und Erdgasmotor senkt den Verbrauch auf rund 2,6 Liter pro 100 Kilometer. Clever ist der beste Beweis, wie Innovation funktioniert, wenn Staat und Wirtschaft zusammenarbeiten. Das Konzept entstand 2002 auf Initiative der TU Berlin am Institut für Kraftfahrzeuge von Professor Volker Schindler. Die Berliner wollten "ein Fahrzeug konstruieren, das mit geringem Schadstoffausstoß energie- und platzsparend zwei Personen durch die Stadt befördern kann". Im selben Jahr entstand ein europäisches Konsortium, die EU förderte mit Projektmitteln. Anfang 2003 wurde BMW beauftragt, ein sogenanntes Package für Clever zu entwickeln, Technik und Gestaltung. Der Automobilhersteller koordinierte die Umsetzung und schrieb einen Wettbewerb für das Design des Cityflitzers aus, den naumann-design im Oktober 2003 gewann. Bereits Ende des Jahres stand das Konzept: Kabine auf Motor, dynamische Linienführung, Gasantrieb. In vielerlei Hinsicht bricht Clever mit Erwartungen. Der Kleinwagen entstand größtenteils am Computer. Aufwendige Modellbauten, wie sie sonst üblich sind, gab das knappe Budget von rund vier Millionen Euro nicht her. An BMW ging nur ein digitaler Flächendatensatz, den die Techniker sofort überprüften und Veränderungen zurück an Peter Naumann mailten. Der präsentierte im Februar 2005 ein erstes Modell, gefertigt im Rapid-Prototyping-Verfahren. Selbst die Sicherheit kommt aus dem Computer. 18 Rechenläufe gingen dem tatsächlichen Crashtest voraus. Clever erhielt drei Sterne beim EuroNCAP-Test, das entspricht einem normalen Kleinwagen. Wenn sie das Konzept optimierten, seien vier Sterne drin, ist Michael Fischer überzeugt. Der zweite Prototyp fährt mit Elektroantrieb, ein Kilo schwerer wegen der Batterien. Ende des Jahres soll der Elektroflitzer fertig werden. Für den Straßenverkehr ist Clever nicht zugelassen. Noch nicht. Es hapert an Kleinigkeiten wie der Lüftung. Auch Scheibenwischer fehlen. Das aber ist schnell zu beheben. Der Dreirad- Kurvenneiger mit Tandem-Sitzanordnung verspricht viel. BMW hat bereits Interesse signalisiert, nicht ganz uneigennützig. Interessant ist das Fahrzeug, weil sich die Automobilhersteller eine freiwillige Selbstverpflichtung gegenüber der EU auferlegt haben, den Flottenverbrauch, also den Durchschnittsverbrauch ihrer gesamten Fahrzeugpalette bis 2007 auf 140 Gramm Kohlendioxid zu reduzieren, bis 2012 sogar auf 120 Gramm. Clever schafft die Hälfte. Ein guter Schnitt, nicht nur für die Umwelt. Clever ist kein Fahrzeug für Minimalisten und Öko-Freaks, sondern eine Zukunft der Mobilität. Oliver Herwig http://www.clever-project.net/german/design_prototyp.htm _______________________ Web-Site: http://www.oekonux.de/ Organization: http://www.oekonux.de/projekt/ Contact: projekt oekonux.de
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