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Message 00846 [Homepage] [Navigation]
Thread: choxT00846 Message: 1/1 L0 [In date index] [In thread index]
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[chox] heise online: EU-Rat nickt neue Regelungen zum Schutz geistigen Eigentums ab



Diese Meldung aus dem heise online-Newsticker wurde Ihnen von "Chox
<helmuth.s gmx.li>" gesandt. Wir weisen darauf hin, dass die
Absenderangabe nicht verifiziert ist. Sollten Sie Zweifel an der
Authentizität des Absenders haben, ignorieren Sie diese E-Mail bitte. 
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EU-Rat nickt neue Regelungen zum Schutz geistigen Eigentums ab

Der Rat der Europäischen Union[1] hat am Dienstagabend die
umstrittene[2] "Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz
der Rechte an geistigem Eigentum" verabschiedet. Eine Debatte unter den
Ministern der Mitgliedsstaaten, die in dem Gremium vertreten sind, fand
erwartungsgemäß nicht mehr statt: Die für das Gesetz zuständigen
Berichterstatter des Europäischen Parlaments[3] hatten sich bereits vor
der Ersten Lesung[4] mit dem Ministerrat abgestimmt[5], sodass das
rasche Passieren aller Instanzen weitgehend vorgezeichnet war.
Gemeinsames Interesse vieler Parlamentarier und des Rats war es, die
komplexe Richtlinie noch vor der EU-Osterweiterung an diesem Wochenende
durchzubringen und die Neuankömmlinge im Bereich der Durchsetzung von
Urheber-, Patent- oder Markenrechten vor beschlossene Tatsachen zu
stellen.

Ziel der Richtlinie sollte es nach Willen der EU-Kommission
ursprünglich sein, Inhabern und Verwertern von Urheber- und
Markenrechten scharfe Sanktionsmittel gegen kommerzielle Fälscher und
Produktpiraten in die Hand zu geben. Die Musik- und die Filmindustrie
erkannte in dem Vorstoß aus Brüssel jedoch rasch ihre Chance, die
drastischen Strafen des Entwurfs auch gegen Privatkopierer, CD-Brenner
und die Nutzer von Online-Tauschbörsen in Stellung zu bringen. So wurde
der Geltungsbereich der Richtlinie deutlich aufgebohrt. Er beschränkt
sich nicht mehr auf kommerzielle Verstöße, sondern macht illegales
Kopieren generell zur Straftat.

Bürgerrechtler und Verbraucherschützer waren beim Parlamentsvotum vor
sieben Wochen knapp mit ihrem Plan gescheitert, dem Regelwerk durch
Änderungsanträge einzelner Abgeordneten noch Steine in den Weg zu
legen. Ihre Kritik an der Richtlinie halten sie aufrecht: "Das gesamte
System des geistigen Eigentums wird auf den Kopf gestellt", warnte
Andreas Dietl von der "European Digital Rights"-Initiative (EDRi[6]) im
Gespräch mit heise online. Von einem "fairen Interessenausgleich" könne
künftig keine Rede mehr sein. Eingrenzende Faktoren wie
"Intentionalität" oder "Erwerbszweck", die den normalen Nutzer und
Privatkopierer vor rigiden Strafen und Verfolgungen durch die
Rechtsinhaber schützen, seien in der Richtlinie vielfach aufgegeben
worden.

Die alten und neuen EU-Mitgliedsstaaten werden nach der nun anstehenden
formalen Veröffentlichung des Gesetzes im Amtsblatt der Union zwei
Jahre Zeit haben, um die getroffenen Bestimmungen in nationales Recht
umzusetzen. "Dabei wird es spannend, welche Blüten die Richtlinie
treiben wird", zeigt sich Dietl alarmiert. Eine der Hauptfragen besteht
seiner Ansicht darin, ob in den europäischen Staaten auch eine Art
Privatpolizei unter dem Kommando der Rechteinhaber wie in den USA gemäß
der Bestimmungen des Digital Millennium Copyrights Act (DMCA[7])
zugelassen würde. Entsprechende Möglichkeiten gibt die Direktive, die
hauptsächlich auf das Lobbying der Musik-, Software- und Filmindustrie
in Brüssel hin ausgearbeitet wurde, zur Verfolgung von
Rechtsverletzungen unter anderem über Artikel 8 in die Hand.

Insgesamt erwartet Dietl, dass viele Mitgliedsstaaten die neuen
Bestimmungen in "trockenen" und wenig durchschaubaren Artikelgesetzen
mit Einzelregelungen etwa zum Urheberrechts- und Patentgesetz
umzusetzen versuchen. In Deutschland kommen die neuen Vorgaben aus
Brüssel wohl zu spät, um noch vom so genannten "zweiten Korb"[8] der
Urheberrechtsnovellierung berücksichtigt zu werden. Aus dem
federführenden Bundesjustizministerium[9] war zumindest bereits zu
hören, dass man dafür wohl einen "dritten Korb" brauche.

Während sich Vertreter der Nutzer und der Unterlassungsansprüche
fürchtenden Internetprovider besorgt zeigen, begrüßen Vertreter der
Rechteindustrie den Schritt zur Vollendung der Richtlinie. "Die EU hat
verstanden, wie ernst das Piraterieproblem ist", lobt etwa Francisco
Mingorance, Lobbychef der Business Software Alliance[10] in Brüssel.
Die EU-Richtlinie eröffne eine Reihe von zivilrechtlichen
Möglichkeiten, mit denen das Piraterieproblem angegangen werden könnte.
Dazu gehörten Durchsuchung, Beschlagnahmung und einstweilige Verfügung.
Sie erlaube es Richtern auch, die Herausgabe von Kontaktdaten von
Mittätern bei der Vervielfältigung und Verbreitung von Raubkopien zu
fordern. Mit diesem umfangreichen Instrumentarium sind die
Rechteinhaber allerdings nicht zufrieden: Mingorance mahnt eine
"einheitliche strafrechtliche Regelung zum Schutz geistigen Eigentums"
an, um die im Abstimmungsprozess über die Richtlinie noch gestoppte
durchgehende Kriminalisierung[11] von Rechtsverletzern voranzutreiben. 

Eine ausführliche Beschreibung der neuen Regelungen bringt c't im
aktuellen Heft:

P2P, Patente Piraten -- Die EU und der Schutz des geistigen Eigentums,
c't 9/2004, S. 46
 (Stefan Krempl)
 (jk[12]/c't)

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