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Message 00106 [Homepage] [Navigation]
Thread: choxT00106 Message: 1/1 L0 [In date index] [In thread index]
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[chox] Newsflyer-Kommentar zu Kurz & Co.



Heyho,

aus'm neuen Mai-Newsflyer hier ein Kommentar von Mausebär aus Leipzig
...
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Manchmal frag ich mich,
bin ich oder ihr verrückt  
 

singen Tocotronic. Geht’s anderen genau so? Vielleicht anlässlich der
vergangenen machtvollen Friedensmanifestationen in der Leipziger Innenstadt?
Wenn ja, dann sei euch zur Orientierung die alte antinationale Grundregel ans
Herz gelegt: Wenn mehr als 1000 Deutsche für eine Sache demonstrieren, muss
an der was faul sein. Die vergangenen Wochen boten Anschauungsmaterial ohne
Ende.
So lassen zigtausende friedenswillige Leipzigerinnen und Leipziger die
Tradition der Montagsdemos wieder aufleben. Tiefensee vorneweg, hinterdrein der
Führer, Christian, der salbungsvolle Pfaffe mit der oberpeinlichen Jeansweste.
Diesmal geht’s um Frieden, darum also, dass dem „irakischen
Volk“ weiterhin das versagt bleiben soll, wofür man vor über einem Jahrzehnt
auf die Straße ging – freie Wahlen nämlich. Beim Anblick der riesigen,
sich den Ring hinunterwälzenden Masse kommt man ins Grübeln. Es ist so
merkwürdig ruhig. Was fehlt denn hier? Nach einiger Überlegung wird klar: Es
fehlen Marschmusik und Fackeln. Immerhin flattern Palästinafahnen fröhlich im
Wind. Die Demonstranten freuen sich schon auf den gemütlichen Teil mit schlechter
Musik vorm Reichsgericht.

Und wieder ist da die kleine Gruppe der zu Antideutschen pauschalisierten
Nestbeschmutzer, die deutlich macht, dass nicht ganz Leipzig Saddam Hussein für
den legitimen Ausdruck des irakischen Volkswillens und Ariel Sharon für
einen Nazi hält. Diese Gruppe trägt wieder mal Flaggen mit Davidstern und mäkelt
am Ruhebedürfnis der Zivilcouragierten herum. Die rufen in Richtung der
Israelfahnen: „Wer Krieg will, ist ein Mörder“. Doch so friedliebend
wie sie sich geben, sind sie nicht. Die Friedensfreunde wollen nicht reden,
sondern prügeln. Und dann wird es schnell eng für die Kritiker der
Friedensbewegung. Während die ersten Friedensaktivisten dazu ansetzen, handgreiflich zu
werden, versteigt Tiefensee sich zu der Behauptung, dass auch für diese
Demonstration wieder das Motto friedlichen Bürgerprotests gegolten hätte:
„Keine Gewalt!“.

Dabei hatte es ganz anders angefangen: Thomas Ebermanns im
„konkret“ veröffentlichter Vorschlag, die Friedensbewegung zu spalten wird vom
Bündnis gegen Rechts (BgR) aufgegriffen. Ein klares Statement in Form eines
Aufrufs zu einer explizit linken Friedensdemo ist das Ergebnis (nachzulesen bei
www.left-action.de): Kritik an Antiamerikanismus und deutscher
Friedenssehnsucht und natürlich eine eindeutige Antikriegsposition. Die einzig mögliche
Variante, in diesen Zeiten korrekte Kritik am normalkapitalistischen
Krieg-Frieden zu üben, sollte man meinen und doch war Engagement für den Frieden selten
so anstrengend. Denn man lief da mit Leuten auf der Straße, deren militanten
Friedenswillen es wenig schert, dass hier auch dem Antiamerikanismus eine
Absage erteilt werden soll. Sie lassen sich kein schlechtes Gewissen in den Bauch
reden, schon gar nicht von diesen Antideutschen – diesmal als BgR
verkleidet und sowieso wie alle, die einen kritischen Gedanken wagen wahlweise
von Mossad, CDU und amerikanischem Konsulat finanziert. (Zu den Details
befragen sie am besten die Gruppe „Krisis“ – die macht daraus
gerade ein Forschungsprojekt.)

Sie kennen nur noch einen Unterschied – Friedensfreund oder
Kriegshetzer. In ihrem Weltbild sind BgR und Antirassistische Gruppe, die CDU, Thomas
Ebermann, die „Bahamas“ und der „Gegenstandpunkt“
kriegshetzende Wahnsinnige, fünfte Kolonne des kulturlosen Cowboys aus
Washington. In diese Reihe gehörte bis vor einiger Zeit auch noch Robert Kurz von der
„Krisis“, der aber Selbstkritik geübt hat und nun zum
Hardcore-Peacer mutiert ist. Leipziger Kulturbürgertum, Punks für Gerhard Schröder, der
„wertkritische“ Witzbold Franz Schandl, die PDS und der
„Bund gegen Anpassung“ hingegen stellen die Gegenpartei, die Seite der
„Vernunft“.

Das ausgesprochen ehrenwerte Projekt des BgR (keine Ironie) ist auf der
ganzen Linie gescheitert. Es ist zerschellt an den Projektionen der
antiemanzipatorischen Massen, aus denen jetzt herausbricht, was sie schon immer dachten:
Dass es gilt, sich für Kultur/Staat/Nation abzurackern und die schnöde
amerikanische Geldmacherei zu bekämpfen, dass es gilt, die Völker bestimmen zu
lassen, was gut für sie ist (was zählen da schon Individuen wie Frauen und
Schwule, bevorzugte Opfer allen Volkskriegs), dass es gilt, sich ein gutes Gewissen
zu verschaffen für ihre eurochauvinistische Möblierung einer verfallenden
Welt.

Mit den Antideutschen ist es wie mit der DDR: Sie ist grundsätzlich
abzulehnen und doch gibt es Positionen, die so ekelhaft sind, dass man sich einfach
schützend vor das Arbeiter-und-Bauern-Paradies stellen muss.

Für ihren reflexhaften Macker-Bellizismus, ihre kurzschlüssige
USA-Begeisterung, ihre schwer erträgliche Aufklärungshuberei (die ausgerechnet im Irak
Feudalismus verortet!), ihre Ignoranz gegenüber der Krisenwirklichkeit (seit dem
zweiten Weltkrieg scheint sich für sie die Erde nicht weitergedreht zu
haben) und ihren festen Willen, die Kriegsrealität zugunsten der Analyse dessen,
was die Leute so schwatzen, auszublenden – für all das sind Antideutsche
hart zu kritisieren. Gegen diesen regressiven Haufen der Friedensbewegung
aber müssen sie verteidigt werden. (Siehe dazu auch den Text der
„aka“ in diesem Heft.)

Verrückte Zeiten: Auch diejenigen, die bisher im allgemeinen Dummschwatz aus
„Bedingung der Möglichkeit kritischen Denkens“ (die angeblich
durch US-Kampfbomber geschaffen würde) einerseits und „Bush =
Hitler“ andererseits den Kopf noch halbwegs oben behielten, verblöden so langsam.
Autoren der Gruppe „Krisis“ bspw. kopieren gerade die blumige
Ausdrucksweise der ehemaligen irakischen Offiziellen. Diese redeten davon, dass
die „Bäuche“ der Eindringlinge „für immer in der Hölle
braten“ (Saddam Hussein), von einer „Botschaft der
Erniedrigung“ für die amerikanischen Söldner, die nichts anderes seien als
„Wüsten-Tiere“ (Informationsminister al Sahhaf). Norbert Trenkle meint bzgl.
einer angeblich „’antideutschen’ Vergatterung“ der
Linken, dass es „an der Zeit“ sei, „sich einmal kräftig zu
schneuzen um endlich wieder freier atmen zu können“ (um also die
antideutschen Bazillen wieder los zu werden?). Robert Kurz schwadroniert von
„selbsternannten antideutschen Lynch- und Femegerichten“ und er „hört
die versammelte Schafherde schon blöken auf das Kommando der [auf dem
SPOG-Kongress – Mausebär] anwesenden und noch mehr der abwesenden
bellizistischen Vordenker“. Einer allerdings scheint direkt aus dem Wörterbuch des
Unmenschen abzuschreiben: „Die Antideutschen müssen in Quarantäne. Die
Antideutschen sind keine Spielart der Linken, sondern deren radioaktiver
Abfall, die deutsche Sonderform ihres Zerfalls. Ihre Organe sind unerträglicher
Mist.“ Das sagt der „geschätzte jW-Autor“ Franz Schandl,
Meister des nörgelig-penetranten Wortspiels und seit Jahren Hasser aller
Deutschlandhasser, eben derjenige, der Antideutsche im antizionistischen Hetzblatt
„junge Welt“ als „Bund deutscher Likud-Buben“
tituliert hat. Das Glashaus, in dem er sitzt, hat schon keine Wände mehr, doch er
schmeisst einfach weiter mit Steinen.

Jetzt, da die Krisis-Autoren Indymedia als Plattform entdeckt haben, wollen
sie offensichtlich Bewegungspolitiker werden: „Für die kritische
Solidarität mit der Antikriegsbewegung und den Bewegungen gegen die kapitalistische
Globalisierung hier und überall auf der Welt, für die neue transnationale
Solidarität von unten...!“, schreibt Robert Kurz in flammender
Aufruf-Diktion.
Ich hätte eine Bewegung für sie, eine, die nicht wenige Anzeichen des
Agierens „gegen Markt und Staat“ aufweist – eine Bewegung, die
Ministerien stürmt und die Zentralbank abfackelt, die aus Geldscheinen Konfetti
macht und Botschaften ausräumt. Na, wie wär’s?! Mindestens doch wäre
sie nicht zu verteufeln, es könnte in ihr Potenzial stecken, an dem anzusetzen
wäre?! Schreibt die Gruppe „Krisis“ jetzt also einen
Unterstützungstext für die irakischen Männer und Frauen, die all das getan haben?
Erklärt sie sich mit ihnen „kritisch solidarisch“, auch wenn diesmal so
ganz und gar kein Antiamerikanismus dabei war?
Zwar ist Antideutschen offensichtlich nichts mehr peinlich – siehe das
jüngste „Bahamas“-Papier „Bush – the Man of
Peace“. Doch das ist kein Trost dafür, dass es noch nie so peinlich wie heute
war, zur wertkritischen Fraktion gerechnet zu werden. Doch „ich will
nicht schlecht über euch reden“...

Mausebär 



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