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[ox-de-raw] heise online: 3D-Drucker für das Volk



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25.10.2006 09:02

3D-Drucker für das Volk

Quelle: Fab Home
				
			
				
			
		
			
		 Seit einigen Jahren geistert eine Idee durch die
Technikwelt, die bislang als nicht realisierbar verspottet wird: eine
universelle Produktionsmaschine, mit der jeder beliebige Dinge selbst
herstellen kann ? gerne auch mal "Santa-Claus-Maschine" genannt.  In
den Achtzigern war das in der Tat noch Sciencefiction, als die
Enterprise in der zweiten Star-Trek-Staffel einen ?Replikator? in der
Bordlounge hatte. Das so genannte Rapid Prototyping, mit denen man im
Maschinenbau Prototypen von Bauteilen Schicht für Schicht ?wachsen?
lässt ? eine Art rudimentäre Vorstufe ?, steckte da noch in den
Anfängen. 

Seitdem hat sich die Technologie enorm weiterentwickelt. Inzwischen
können in kürzester Zeit selbst Kleinserien von stählernen Teilen mit
Stückzahlen bis zu 25.000 gefertigt werden, deren Qualität herkömmlich
produzierten kaum noch nachstehen. Aus Rapid Prototyping ist Rapid
Manufacturing geworden. Erschwinglich ist es aber nach wie vor nur für
Unternehmen: RM-Maschinen sind immer noch schrankgroße Kisten, deren
günstigste Varianten etwa 20.000 Euro kosten. Für hochwertige
Industriemaschinen kann man das Zehn- bis Zwanzigfache veranschlagen. 

Kein Wunder, dass die Zahl der installierten RM-Anlagen überschaubar
ist: Gut 12.400 waren es 2005 weltweit, berichtet der aktuelle Wohlers
Report[1], der jährlich den Stand der RM-Branche bilanziert. Glaubt man
deren Vertretern, wird sich daran so schnell nichts ändern: Weil kein
Massenmarkt in Sicht ist, gibt es keinen Anreiz für die
Anlagenhersteller, günstige Modelle für kleine Unternehmen oder gar
Endverbraucher zu entwickeln.

Dieses Henne-Ei-Problem gab es schon einmal ? bei einer Technologie,
die heute jeden Winkel unseres Alltags durchdringt: Computern. Als die
noch Industriemaschinen waren, brachte die Firma Popular Electronics
einen Bausatz heraus, mit dem Bastler für nur 400 Dollar einen Rechner
selbst bauen konnten. Eine fertig montierte Variante war für 675 Dollar
zu haben. Dieser ?Altair 8800?[2] gilt heute als der Durchbruch für das
Konzept des ?Personal Computers?. 

Einen solchen Durchbruch will nun eine Gruppe aus Ingenieuren und
Robotikern an der Cornell University für das Rapid Manufacturing
schaffen: Das Fab Home-Projekt hat ein Konzept für einen ?Personal
Fabricator?, kurz ?Fabber? genannt, entwickelt, der zum ersten Mal
nicht nur eine nette Konzeptstudie ist. Das ?Model1?[3] könnte
womöglich der Altair 8800 für die Produktion werden.

?Das sind alles Standardteile, die zusammen etwa 2000 Dollar kosten?,
sagt der Robotiker Hod Lipson, einer der Initiatoren von Fab Home. Der
Prototyp, den er und seine Kollegen gebaut haben, basiert auf dem
?Fused Deposition Modeling?. In dieser RM-Variante wird erhitztes,
geschmolzenes Kunstharz über Kanülen schichtweise auf einer
Arbeitsplattform deponiert. Die Form einer jeden Schicht stammt dabei
aus einem 3D-Datenmodell des Gegenstandes, das mit einem CAD-Programm
erzeugt worden ist. Einmal aufgetragen, härtet sie aus, während die
nächste Schicht folgt. Dabei müssen je nach Geometrie zunächst auch
Stützen mitgefertigt werden, damit das Objekt nicht umfällt. Die werden
in der Nachbearbeitung dann entfernt.

Doch das Model 1 kann nicht nur Plastikteile erzeugen. Mit Hilfe eines
Metallionen haltigen Kunstharzes ist es Lipsons Team gelungen, auch
Teile zu fertigen, die als elektronische Komponenten dienen. Denn
anders als im Rapid Manufacturing geht es den Fab Home-Entwicklern
nicht nur um massive Teile, sondern um ganze Apparate, die sich
programmieren und bewegen lassen. Lipsons Ziel: Der Fabber soll
irgendwann seine eigenen Bauteile herstellen können, die man dann zu
einem weiteren Fabber zusammensetzen kann. Schließlich soll das Gerät
mehr als nur ein weiteres Werkzeug sein.

Ein Beispiel ist ein ?Aktuator?, wie er in der Robotik genutzt wird.
Legt man eine Spannung an die leitende Schicht an, verbiegt sie sich
und damit auch das umgebende Plastik. ?Wir haben nicht nur den ersten
Aktuator gedruckt, sondern kürzlich auch einen Transistor?, sagt
Lipson. Eine flache geschichtete Batterie kann das Model 1 ebenfalls
schon ausspucken.

Auf der Fab Home-Projektseite[4], einem gut strukturierten Wiki, finden
Experimentierfreudige nicht nur eine komplette Dokumentation, wie man
das Model 1 baut. Auch Steuersoftware und druckbare Dateien für erste
Testobjekte  können dort heruntergeladen werden. Denn Fab Home ist
konsequent als Open-Source-Projekt angelegt. ?Ziel ist, die
Solid-Freeform-Fabrication-Technologie in die Hände von neugierigen,
kreativen und unternehmerischen Bürgern zu legen?, schreibt Hod Lipson
auf der Projektseite. ?Fabbers können Innovation demokratisieren.?

Noch nicht so weit wie Fab Home ist das britische RepRap-Projekt[5],
das sich demselben Ziel verschrieben hat. Der Bausatz für den
?Replicating Rapid-Prototyper? soll am Ende nicht teurer als 500 Euro
werden. Alle Konstruktionsdetails werden unter der GNU General Public
License zur Verfügung gestellt.

Doch der Erfolg von Fabbern ist nicht nur eine Frage der Kosten. ?Sie
zu benutzen muss so einfach werden wie die Erstellung und der Druck von
Dokumenten?, betont Adrian Bowyer, Ingenieur an der Universität Bath
und Spiritus Rector von RepRap. CAD-Programme zur Erstellung der
nötigen Konstruktionsdateien haben noch lange nicht die
Benutzerfreundlichkeit anderer populärer Software erreicht. ?Die
Benutzeroberflächen werden sich aber schnell entwickeln?, ist sich
Bowyer sicher. Das verwendeten Datenformat STL (für Standard
Triangulation Language) sei schon jetzt ein offener Standard für
CAD-Programme, der von RM-Technologien verwendet werden.

Während Lipson vor allem vom ?Metaproblem der Ingenieurwissenschaften?
motiviert wurde, nämlich ?eine Maschine zu bauen, die andere Maschinen
bauen kann?, nennt Bowyer auch politische Gründe. Marx und Engels
hätten im Kommunistischen Manifest die richtige Diagnose getroffen,
dass das Problem der Arbeiterklasse gewesen sei, nicht über eigene
Produktionsmittel außer ihrer Arbeitskraft zu verfügen. Die Lösungen
seien aber nicht politische Revolutionen, sondern Produktionsmittel,
die sich selbst reproduzieren können. ?Eine
Replicating-Rapid-Prototyping-Maschine wird ein revolutionäres Eigentum
an den Produktionsmitteln durch das Proletariat ermöglichen ? ohne den
chaotischen und gefährlichen Revolutionskram?, schreibt[6] Bowyer auf
der RepRap-Seite. Woher das Proletariat die Materialien für die Fabber
bezieht, sagt er allerdings nicht.

Solche radikalen Überlegungen gab es auch in der Computertechnik-Szene
der siebziger Jahre. Es kam anders: IBM stieg 1981 ins PC-Geschäft ein,
das damit doch wieder zum Big Business wurde. Bei den Fabbern dürfte es
genauso kommen, ahnt auch Bowyer. Dass die RM-Hersteller noch keinen
billigen 3D-Drucker auf den Markt gebracht hätten, läge an den
Investitionen, die in die Entwicklung der Technologie gegangen seien.
Technisch wären sie schon jetzt dazu in der Lage, sagt er. ?Doch viele
Patente laufen bald aus. Dann steigt ein dicker Fisch wie
Hewlett-Packard ein und verkauft Fabber für 1500 Euro.?

Zum Weiterlesen:
Hod Lipson, "Homemade: The future of Functional Rapid Prototyping"[7],
IEEE Spectrum, Mai 2005

Videos:
Rapid-Manufacturing-Forschung am Cornell Computational Synthesis Lab[8]
(35 MB)
"Druck" einer einfachen Batterie[9]
 (nbo-tr[10]/Technology Review)

URL dieses Artikels:
  http://www.heise.de/tr/artikel/79986

Links in diesem Artikel:
  [1] http://www.wohlersassociates.com/2006info.htm
  [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Altair_8800
  [3] http://128.253.249.235/wiki/index.php?title=Fab%40Home:Model_1
  [4] http://128.253.249.235/wiki/index.php?title=Main_Page
  [5] http://www.reprap.org
  [6] http://reprapdoc.voodoo.co.nz/bin/view/Main/BackgroundPage
  [7] http://www.mae.cornell.edu/ccsl/papers/Spectrum05_Lipson.pdf
  [8] http://ccsl.mae.cornell.edu/research/sff/3dp.wmv
  [9] http://ccsl.mae.cornell.edu/research/sff/SFFBatteryFaster.wmv
  [10] nbo-tr tr.heise.de

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Copyright 2006 Heise Zeitschriften Verlag



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