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[ox-de-raw] Re: [ox-de] Re: Nochmal: gesellschaftliche Natur



Am Dienstag, 19. September 2006 00:35 schrieb Stefan Meretz:
Na bitte, dann tu das. Ich sagte nur deutlich aus, dass ich daran kein
Interesse habe und dass ich die Idee einer "kollektiven Selbsttherapie"
für verfehlt halte, weil sie im Kern eine Psychologisierung
gesellschaftlicher Phänomene bedeutet. Warum du auf diesen Trip
verfällst, ist mir aber erst klar geworden, als du in für mich
wahrnehmbarer Klarheit angefangen hast, die Wertform zu heiligen. Mehr
dazu unten.

Die moderne, von gewissen Freudschen Irrtümern gereinigte Psycho-
analyse liefert eine sinnvolle Beschreibung gesellschaftlicher Phänomene,
sie psychologisiert keine gesellschaftlichen Phänomene, eben weil sie
im Kern ein Begreifen gesellschaftlicher Phänomene einschließt, d.h.,
zuende gedacht eine eigenständige Gesellschaftswissenschaft ist. In
Gestalt der Humanistischen Psychologie wäre sie in der Lage, die 
Soziologie als Vorläuferwissenschaft abzulösen. 

Auch das Verhalten von Menschen in unstrukturierten Gruppen ist 
ein gesellschaftliches  u n d psychologisches Phänomen. Hier die
psychologischen Anteile als im Kern Psychologisierung von
gesellschaftlichen Phänomenen zu negieren, kann m. E. nur im 
Illusionismus über die wirkliche Natur gruppenspezifischer 
Phänomene enden.

Wenn ich Dich richtig verstehe, formulierst Du nur etwas, was von
Max Stirner im Einzigen und sein Eigentum 1844 angedacht wurde.
Es ist im eigentlichen Sinne eine stirneristische bzw. myonaistische
Position, die im Ego jedes Menschen das einzige und wirkliche
Intentionszentrum anerkennt. Diese Lösung gedacht in intersubjek-
tiven Beziehungen geht tatsächlich auf, solange wir uns nicht in
entfremdeten Beziehungen bewegen. Leider ist dies jedoch durch
die bis in unsere Kreise hineinreichende Strukturierung der bestehenden
Gesellschaft als fortgesetzte Inscenierung frühkindlicher Verhältnisse
gegeben - die Wertform ist nicht ins Intentionszentrum zurückgeführt
und kann ohne ein gewisses Maß an "Therapie", an Lernen über sich
selbst, Anknüpfung an die verschüttete Entwicklung eigener Autonomie 
sowie ohne gesellschaftliche Veränderungen nicht aus ihrer Veräußerung 
ins Intentionszentrum zurückgenommen werden.

Gruss,
Jacob



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