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Re: [ox-de] Text zu Keimformen bzw. der Entwicklung sozialer Vermittlungsmechanismen



Hallo Hans-Gert,


Das sind natÃrlich uralte philosophische Fragen, wo man nicht hinter 
Kant zurÃckfallen sollte. Das Subjekt, selbst als Kollektiv (was das 
auch immer sein soll), ist nur insoweit gestaltungsmÃchtig, inwsoweit es 
beschreibungsmÃchtig ist. GestaltungsfÃhigkeit - wenigstens in dem von 
dir gebrauchten VerstÃndnis - setzt BeschreibungsfÃhigkeit voraus. 
Technik - im Sinne eines solchen durch Beschreibung konstruierten 
Artefakts, das auf RealitÃt losgelassen wird, ist aber grundsÃtzlich 
"kollateralschadensfÃhig", entwickelt also Dynamiken jenseits der 
beschriebenen - Ãbrigens durchaus auch bei "bestimmungsgemÃÃem Gebrauch".

Emergente PhÃnomene eines Ameisenstaats auf dessen Umwelt - ich komme 
auf dieses Beispiel zurÃck - sind sicher auch Ergebnisse "kollektiven" 
Wirkens. Was ist hier bei Menschen anders, bzw. ist Ãberhaupt was 
anders? Auch das "Ameisensystem" hat keinen globalen Speicher, sondern 
speichert ZustÃnde lokal in den "KÃpfen" der Ameisen selbst. Globale 
ZustÃnde werden kommunikativ hergestellt, sind also nicht dinglicher 
Art, sondern PhÃnomene einer metabolischen Art wie die Benard-Zellen im 
Kochtopf. Emergente gesellschaftliche PhÃnomene entstehen auf dieselbe 
Weise, allein der "lokale Speicher" der Menschen ist leistungsfÃhiger.

Die genannten KollateralschÃden zeigen uns also, dass wir uns nicht in
einer "Blase aus Beschreibungen" befinden, sondern dass noch was anderes
als Beschreibungen von Welt um uns herum ist â eben Welt; dass wir uns
also gegen ein Gemisch von Welt und Beschreibungen von Welt verhalten,
wie du (im vorigen Mail) gesagt hast. Gleichzeitig kÃnnen wir uns aber
durch das Loslassen unserer Artifakte auf die Welt auch noch dessen
vergewissern dass wir gestaltungsfÃhig sind, schlieÃlich sind ja neben
den KollateralschÃden auch noch andere, und zwar durchaus beabsichtigte,
Wirkungen zu beobachten.

Hab ich dich soweit richtig verstanden? Wenn ja:

Ich sage nicht dass es fÃrs Hier und Jetzt auch nur irgendeine Rolle
spielt, dass in meinen Handlungen die Bewegung der Gesamtheit ihren
Ausdruck findet â dass ich also aus einem sehr breiten
Betrachtungswinkel besehen nicht das Subjekt bin, fÃr das das ich mich
selbst halte. Dass also weder das technische Artefakt, das ich in meiner
Garage baue, noch der Gedanke den ich hÃchstpersÃnlich denke seine
Quelle in mir hat.

Relevant wird diese Ãberlegung ja *erst dann*, wenn ich versuche vom
Standpunkt des Hier und Jetzt auf das GroÃe und Ganze zu wirken, dieses
zu gestalten, herzustellen. Erst dann muss ich mich ja Ãberhaupt mit dem
VerhÃltnis zwischen Mikro- und Makroebene beschÃftigen; also der Frage,
wer hier eigentlich wen herstellt.

Ich kann den Subjektstatus des Menschen, seine GestaltungsfÃhigkeit
meiner Ansicht nach also nicht einfach generell abhandeln, sondern muss
diese je nach Bezugsrahmen bewerten. Und in Bezug auf das
gesellschaftliche GroÃe und Ganze fallen mir keine technischen Artefakte
ein, die mir irgendeine Auskunft Ãber meine GestaltungsfÃhigkeit geben
kÃnnten.

Liebe GrÃÃe,
Stefan.



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