Message 12832 [Homepage] [Navigation]
Thread: oxdeT12830 Message: 3/6 L1 [In index]
[First in Thread] [Last in Thread] [Date Next] [Date Prev]
[Next in Thread] [Prev in Thread] [Next Thread] [Prev Thread]

Re: [ox-de] Oekonux Kritik auf http://marx101.blogspot.com/



Danke, Franz! Ich habe den Artikel nochmal formatiert, weil er wirklich 
gar so schrecklich zu lesen war:
http://www.keimform.de/2009/10/31/repost-ueber-den-commonismus/
Ciao,
Stefan

On 2009-10-31 09:28, Franz Nahrada wrote:
Folgendes fand ich im Weblog einer Seite von der man 30 Jahre lang
verleichsweise wenig gehört hat, der Konstanzer Wertformanalyse. Obs
auch wirklich von dort ist weiß ich allerdings nicht. Interessant zu
lesen ist es jedenfalls.  Der Autor greift die Unterscheidung
zwischen einfach und doppelt freier Software zunächst *an*, um sie im
nächsten Schritt selber positiv *auf*zugreifen. Dabei zeigt er
tatsächlich ein paar theoretische Leerstellen auf.

(Die unsägliche Formatierung im Weblog http://marx101.blogspot.com/
mit den reinvermantschten Fussnoten macht das Lesen des Aufsatzes
allerdings nicht gerade leicht, aber hier sind mal zentrale Zitate:)


"Bislang galt: Freie Software wird ausschließlich in ?Nischen?
kapitalistischer Vergesellschaftung geschaffen (Uni, private
Selbstausbeutung), die ohne die kapitalistische Lohnarbeit nicht
existieren würden. Zu Beginn der Entstehung von Freier Software war
dies tatsächlich so. Inzwischen gibt es jedoch eine Reihe von sog.
Global Players (IBM, Sun Microsystems, Intel, etc.) welche
EntwicklerInnen hauptberuflich für die Produktion Freier Software
beschäftigen. Neben den bereits erwähnten Vorteilen bedeutet es für
diese Firmen auch, dass wenn sie sich an der Entwicklung eines
selbständigen freien Softwareprojekts beteiligen, sie einen Fuß in
der Tür dieses Projekts haben und sowohl die Entwicklungsrichtung
mitbestimmen als auch von der Arbeit der Community profitieren
können. Die Beteiligung großer Software-Konzerne an Freier Software
hat einen vergleichbaren strategischen Stellenwert wie die Mitarbeit
derselben Konzerne in Standardisierungsgremien." (13)


"Gerade in ihren entwickeltesten Bereichen werden die Potenziale
immer wieder durch Produktionsverhältnisse begrenzt, die teilweise
anachronistisch wirken. Im Bereich der Informationstechnologien
scheint selbst das Kapital zu der Einsicht zu gelangen, dass neue
Formen der dezentral vernetzten Zusammenarbeit wie sie durch
Informationstechnologien ermöglicht werden, profitabler sind als
traditionelle Formen entfremdeter Arbeit unter den Prämissen des
Ausschlusses und der Arbeitsteilung, selbst wenn damit Teilautonomie
und Selbstorganisation Einzug in die Arbeitsorganisation halten. Die
Modelle zur Arbeitsorganisation in Softwareprojekten wie bspw. SCRUM,
Extreme Programming oder Agile Softwareentwicklung füllen die Seiten
der Managementliteratur zumindest für den Sektor der
Informationswirtschaft und lösen hinsichtlich ihres Hypes ältere
toyotistische Managementmodelle, die zuerst in der
Automobilproduktion Verwendung fanden, wie Lean Production,
Just-in-time-Produktion, etc. ab bzw. entwickeln sie weiter. " (14)

"Ist das Entwicklungsmodell Freier Software nur ein Hobby innerhalb
einer gesellschaftlichen Nische und somit Teil der kapitalistischen
Produktionsweise, so wie Tätigkeiten innerhalb der Familie oder
ehrenamtliche Freiwilligenarbeit? Oder ist es schon eine Keimform für
etwas neues innerhalb des Alten? Oder sehen wir am Ende gar nur eine
erneuerte, d.h. renovierte Variante des Kapitalismus damit aufziehen?
Wie lässt sich die folgende Feststellung erklären? ?Im Gegensatz zu
allen früheren Beispielen konnte sich freie Software aber nicht nur
eine Nische sichern, sonder wächst im Gegenteil immer weiter und wird
nach und nach zu einer ernsten Bedrohung für die proprietäre
Software? (Meretz/Merten 2005: 298). Bringt Freie Software eine
Voraussetzung für einen Verein unmittelbarer Produzenten? Entspricht
Peer-Ökonomie bzw. Commonismus dem Kommunismus bzw. der
kommunistischen Produktionsweise wie Marx sie entwarf?"

"Teile dieser periodisierenden Abfolge von fünf qualitativen
Entwicklungschritten erinnern entfernt an das gramscianische
Hegemoniekonzept, mit dem Machtgewinnungs- und -ausübungsformen
zwischen Staaten, Gruppen von Staaten und Gruppen innerhalb von
Staaten (z.B. zwischen herrschenden und subalternen Klassen)
analysiert werden, ohne jedoch die Flexibilität des Hegemoniebegriffs
zu erreichen oder die Menschen und ihre Handlungsfähigkeit im
gleichen Ausmaß in den Mittelpunkt zu stellen. Immerhin kann mit der
Keimformthese aber ein dialektisches Nebeneinander unterschiedlicher
und widersprüchlicher Produktionsweisen innerhalb einer Gesellschaft
beschrieben werden und somit das Problem vermieden werden, das Kurz
wie folgt beschreibt: Die angebliche Blindheit des Marxismus für die
?Frage des Übergangs, der praktischen
Transformationsbewegung, des berühmten ?Herankommens? an eine
nicht-wertförmige Reproduktion? (Kurz 1997).

Während Kurz es in seinem Artikel von 1997 noch nicht gelingt, zu
entwickeln, wie die ?Mikroelektronik als universelle
Rationalisierungs- und Kommunikationstechnologie? (ebda.) die
Transformation zu einer neuen Gesellschaft befördern kann, meinen
Meretz und Merten beinahe ein Jahrzehnt später in dem
Entwicklungsmodell für Freie Software eine gesellschaftliche Form
gefunden zu haben, die die kapitalistische Produktionsweise in Frage
stellt, sich in ihr zur Reife entwickelt und darüberhinaus das
Potenzial besitzt, das Zeitalter einer kommunistischen
Produktionsweise einzuläuten. Mit Hintergrundwissen aus der
Informatik, Erfahrungen aus der Praxis der Freien Softwareentwicklung
und einem Schuss utopischen Voluntarismus gelingt es ihnen, die bei
Kurz noch vorhandene Lücke zu schließen und mit einem konkreten
Fallbeispiel einer Keimform auf dem letzten Stand der
Produktivkraftentwickung im hochtechnologischen Kapitalismus zu
argumentieren. " (20(21)

"Fazit Die These der nicht Warenförmigkeit Freier Software und die
These der Keimform einer nichtkapitalistischen Produktionsweise,
lässt sich bei näherem Hinschauen nur mit diversen Kunstgriffen
aufrecht erhalten. Die mannigfaltigen, von den Vertretern dieser
These erkannten
Erscheinungsformen der Verwertbarkeit von Freier Software im Rahmen
der kapitalistischen Produktionsweise werden von ihnen oft als
Ausnahmeerscheinungen abgetan. So werden die meisten (GPL-artigen)
Open Source Varianten von vorneherein aus der These ausgeklammert und
selbst bei der Freien Software, bei der alle Voraussetzungen wie
freie Verfügbarkeit, freie Quellen, freie Änderbarkeit und freie
Verteilbarkeit erfüllt sind, müssen sie noch unterscheiden zwischen
?einfach freier Software? (Software, die unter
Lohnarbeitsverhältnissen entwickelt wird) und ?doppelt freier
Software? (die in der Freizeit und unter Bedingungen freier
Selbstentfaltung zustande kommt) um die These aufrecht zu erhalten.
Nicht abgestritten aber vernachlässigt wird die Unsitte der
Doppellizensierung, also der bemerkenswerten Ausbeutung der
unentgeltlichen Arbeit der Open Source Community durch die
Privatwirtschaft und deren Verwertungsinteressen. Das
emanzipatorische Potenzial des Ideals der Freien Softwareentwicklung
soll hier nicht in Frage gestellt werden sondern kritisch die
vielfältigen Wege aufgezeigt werden, wie Freie Software immer besser
in die kapitalistische Produktionsweise integriert wird und keine
reale Gefahr für das System des Kapitalismus mehr darstellt. Man
könnte auch, um im Bild der Keimformthese (Mertez/Merten 2005:
303ff.) zu bleiben, sagen, dass wenn die Keimform theoretisch zwei
Richtungen einschlagen kann, so liegt die ?Integration in das Alte?
sprich in die kapitalistische Produktionsweise immer näher und
unterstreicht die These von Marx, dass für den Kapitalismus
?sämtliche gesellschaftlichen Verhältnisse fortwährend zu
revolutionieren? geradezu eine Existenzbedingung ist (MEW 4: 465).
Dass es noch möglich ist, den Weg aus der Restauration des Alten
herauszugehen, soll dabei jedoch nicht ausgeschlossen werden." (24)


________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de


-- 
Start here: www.meretz.de
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



[English translation]
Thread: oxdeT12830 Message: 3/6 L1 [In index]
Message 12832 [Homepage] [Navigation]