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Re: [ox-de] Fwd: [pox] Suche nach Autor_innen über Oekonux



Hi again!

16 minutes ago Stefan Merten wrote:
Ich leite Philip's Anfrage mal hierher. Vielleicht hat jemand Lust?

Da der Aufruf wegen der guten Analyse durchaus lesenswert ist, schicke
ich ihn nochmal Mail-freundlich hierher.


						Grüße

						Stefan

=== 8< === 8< === 8< === 8< === 8< === 8< === 8< === 8< === 8< === 8< ===
Das rechtspolitische Magazin für Uni und soziale Bewegung.

Autor_innenaufruf für das Heft 1/2010 mit dem Themenschwerpunkt 

Wem gehört die Welt? 

Aneignungskonflikte um geistiges Eigentum 

Redaktionsschluss: 31. Oktober 2009 

Liebe Autor_innen, liebe Leser_innen, 

Informations- und Kommunikationstechnologien haben sich in den
industrialisierten Gesellschaften mit großer Geschwindigkeit
durchgesetzt. Die Veränderung der Produktionsbedingungen und des
Privatlebens wurde als so extrem empfunden, dass zu ihrer Beschreibung
Metaphern wie die der "digitalen Revolution" erfunden wurden.
Informationsverarbeitung und das Wissen der Beschäftigten spielen
nicht nur in der Produktion eine größere Rolle: auch die hergestellten
Produkte sind in Folge der zivil-kommerziellen Verbreitung des
Internets immer öfter geistige Schöpfungen. An die Stelle der
Industriegesellschaft, so wird behauptet, trete nun die Informations-
oder Wissensgesellschaft.

Neben das Sacheigentum als grundlegender Rechtsinstitution des
industriellen Kapitalismus tritt nun das geistige Eigentum in Form von
Patent- und Urheberrechten. Zwar gibt es in Deutschland bereits seit
dem 19. Jahrhundert ein kodifiziertes Immaterialgüterrecht, mit dem
die kommerzielle Verwertung geistiger Schöpfungen gesichert wird.
Diese basiert aber auf dem Gedanken, das einer kapitalintensiven
Produktion zu Grunde liegende Wissen eines Marktakteurs vor den
wenigen anderen Marktakteuren zu schützen, die genug investieren
könnten, um selbst in die Produktion einzusteigen.

Dank der massenhaften Verbreitung von Computern und deren Vernetzung
durch das Internet, ist aber zumindest die Produktion von Gütern, die
unmittelbar in digitaler Form nutzbar sind - z.B. Musik, Film, Texte
und Software - ohne Investitionen in nennenswerter Höhe möglich,
solange kopierbare Vorlagen existieren: das Immaterialgüterrecht muss
nun also nicht mehr Produzent_innen vor anderen Produzent_innen
schützen, sondern vor den eigenen Konsument_innen. Der verbalen
Kriminalisierung von sog. "Raubkopierern" durch die Content-Industrie
folgte bald die faktische durch Änderungen des Urheber- und des
Telemediengesetzes. Unterdessen wird das Immaterialgüterrecht nicht
nur seinem Schutzzweck, sondern auch seinem Gegenstand nach
ausgedehnt. Unter dem Kampfbegriff "Biopiraterie" werden Patente der
Agrar-Industrie auf die genetischen Codes von Pflanzen und Tieren
verhandelt.

Gegen solche Tendenzen zur künstlichen Verknappung von digitalen
Informationen hat sich eine breite Bewegung formiert. Open Source
Software wird dezentral entwickelt und kostenlos verteilt.

Der Quellcode wird offengelegt. Unter dem Stichwort Free Culture
werden Musik, Filme und Texten mit creative commons Lizenzen versehen.
Diese erlauben ausdrücklich die Verbreitung der lizensierten Werke,
schließen aber - je nach dem Willen des/der Urheber_in - bestimmte
Formen der Nutzung aus, etwa das Sampling, eine kommerzielle
Weitergabe oder die Verbreitung ohne Nennung des/der Urheber_in. Im
Wissenschaftsbetrieb wird Open Access zusehens beliebter. Die Idee
dahinter, nämlich Forschungsergebnisse offen im Internet zugänglich zu
machen, um anderen Wissenschaftler_innen das Aufbauen darauf zu
erleichtern, wird mittlerweile auch von den maßgeblichen deutschen
Forschungsgesellschaften unterstützt.

Ebenso wie das bürgerliche Sacheigentum als Ausschlussrecht die
Gestalt des geistigen Eigentums prägte, könnten solche soziale
Bewegungen, die die dem Immaterialgüterrecht zugrundeliegenden
Paradigmen in Frage stellen, auch auf die Gestalt des Sacheigentums
zurück wirken. Ließe sich etwa auch die Produktion stofflicher Dinge
wie ein Open Source Software-Projekt oder ein unter creative commons
lizensierter Spielfilm organisieren - also kollektiv und ohne
Rücksicht auf den Tauschwert?

Mögliche Einzelthemen: 

- Open Source, creative commons, Open Access: was ist und wie
  funktioniert das?

- Geistiges Eigentum als Konzept: ist es sinnvoll Ideen wie Sachen zu
  behandeln und wem nützt das?

- Neue Finanzierungsmodelle für Künstler_innen: Kulturflaterate &
  bedingungsloses Grundeinkommen

- Ökonux: wie könnte Open Source außerhalb der digitalen Produktion
  funktionieren?

- Google Book Settlement: Förderung von Open Access oder gefährliches
  Monopol auf das (Bücher-)Wissen dieser Welt?

- Hinter schwedische Gardinen: die Bit-Torrent-Technologie und das
  Pirate-Bay-Urteil

- Politische Bewertung der Erben: was will und wie cool ist die
  Piratenpartei?

- Verfolgungspraxis der Content-Industrie: die Massenabmahnung und das
  Telemediengesetz

- Raubkopierer_innen sind Verbrecher_innen: die Geschichte einer
  Kriminalisierung

- Vollzugsdefizite: was unternimmt die Content-Industrie eigentlich
  gegen www.kino.to & Co.?

- Zweiter Korb der Urheberrechtsnovelle (Gesetz vom 26.10.2007): Recht
  auf Privatkopie und Interessen der Content-Industrie 

- Geistiges Eigentum im internationalen Recht: TRIPS, WIPO und die
  Richtlinie 2001/29/EG 

- Wer hat sich das denn ausgedacht? Patentschutz für genetischen Code 

Diese Aufzählung ist selbstverständlich nicht abschließend und soll
nur der Anregung dienen. Euch, liebe Autor_innen und Leser_innen,
möchten wir bitten, uns bei der Erarbeitung dieses Schwerpunktes mit
Beiträgen zu unterstützen und diesen Aufruf weiterzuleiten.
Gleichzeitig wollen wir Interessierte zu einer Erstveröffentlichung in
Forum Recht ermuntern. Der Redaktionsschluss ist Freitag, den 31.
Oktober 2009. Zur besseren Koordination (etwa um
Themenüberschneidungen zu vermeiden) möchten wir Euch bitten, Artikel
unter geistiges-eigentum at forum-recht-online dot de anzumelden.

Liebe Grüße, Eure Reds
________________________________
Web-Site: http://www.oekonux.de/
Organisation: http://www.oekonux.de/projekt/
Kontakt: projekt oekonux.de



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