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Re: [ox] Weltliche Religion



Jac wrote:
Hallo Stefan,

haben wir nun im ersten Teil unserer Diskussion über Ökonomie
eine Einigung erreicht? -

Ich glaub' nicht. Ich verstehe Deinen "Okonomiebegriff noch immer nicht.

Am Freitag, 19. Mai 2006 14:42 schrieb Stefan Seefeld:
Jac wrote:
Hallo Stefan!

Am Freitag, 19. Mai 2006 02:55 schrieb Stefan Seefeld:
Andererseits bin ich mir nicht sicher, worauf Du hinaus willst. Meinst
Du die durch Erziehung vermittelten Werte h"atten sich in den letzten
2000 Jahren nicht wesentlich ver"andert ?
An welche Leitlinien denkst Du denn konkret ?
Die vermittelten Werte ändern sich natürlich mit den Zeitaltern. Der
Kapitalismus vermittelt Kindern andere Werte als der Feudalismus.
Welche ?

Beispielsweise:
Im Feudalismus waren Zungenküsse und Händchen halten unter Männern erlaubt, der Kapitalismus dagegen zeichnet sich durch eine
weit größere Furcht vor männlicher Homosexualität aus, so daß jede
Zärtlichkeit unter Männern mit Homosexualität gleichgesetzt wird.

Ich bin mir wieder einmal nicht sicher worauf Du hinaus willst. :-(
Dass sich Werte habe ich nie angezweifelt. Ich bin vielmehr auf Deine
urspr"ungliche Bemerkung eingegangen, die war:

Dann möchte ich einmal von Dir die ökonomische Begründung einer
Kinder- und Säuglingserziehung hören, deren Leitlinien schon in der
Bibel und in den frühest überlieferten Texten der Menschheit aufzufin-
den sind.

d.h. ich m"ochte herausfinden, was Du da f"ur invariante 'Leitlinien'
siehst, und wie Du sie erkl"arst.

Das Gewaltverhältnis, welches eine bestimmte Persönlichkeitsentwicklung jedes heute der autoritären Kultur des europäisch-asiatischem Kapitalismus
(wobei der amerikanische Kapitalismus zum europäischen zu rechnen ist)
unterworfenen Individuums erzwingt, sich nicht an der Autonomie der
eigenen Lebenswelt, sondern an fixen äußeren Ordnungen zu orientieren,
deren Änderbarkeit all zu oft völlig in Vergessenheit gerät, ändert sich über-
haupt nicht.

Ich glaube Du beschreibst als Ursache f"ur das 'Gewaltverh"altnis' genau
das was ich in einer anderen mail mit Entfremdung bezeichnet habe: das
Empfinden der eigenen Machtlosigkeit gegen"uber den selbst geschaffenen
Verh"altnissen, in denen wir leben.

Auf der anderen Seite f"uhrst Du hier Begriffe wie 'Individuum', 'Autonomie',
und 'eigene Lebenswelt', die auch nur Werte der modernen kapitalistischen
Gesellschaft reflektieren. Als ob das Individuum mitsamt seiner Autonomie
ein Primat "uber die Gesellschaft hat, und letztere nur im Sinne des
'Gesellschaftsvertrags' in Erscheinung tritt, der ein geregeltes Miteinander
erm"oglicht.
Ist der Gedanke, dass wir 'Individuen' erst aus der Gesellschaft heraus
entstehen, und ohne sie nicht denkbar w"aren, denn so abwegig ? Die 'Autonomie'
ist eine Illusion.


Die Folgen dieses Gewaltverhältnisses verführen dazu, aus der
gespaltenen Persönlichkeitsentwicklung heraus Herrschaft zu gewähren,
entweder Kalif anstelle des Kalifen zu werden oder eigene Macht, Bedeutung und Größe dadurch zu erlangen, daß man einem Mächtigeren dient, dessen
Größe auch die eigene Bedeutung aufwertet.

Menschen, die aus vielerlei Gründen - etwa als Angehörige einer nicht so
autoritären (z.B. indianischen) Kultur - keine gespaltene Persönlichkeitsent-
wicklung durchlaufen haben, orientieren sich an ihrer eigenen Autonomie
der Übereinstimmung mit all ihren Gefühlen und Bedürfnissen, weitaus we-
niger an äußeren Ethiken, Sitten, Normen und ökonomischen Zwängen. Für
diese Personen ist folgendes Verhältnis ganz "normal", welches ein soge-
nannter Häuptling eines Stammes am Amazonas einem Ethnologen an-
vertraute:"Wenn ich als Häuptling einem Untergebenen etwas befehle, was
dieser nicht aus freien Stücken zu tun gewillt ist, bin ich die längste Zeit
Häuptling gewesen!".

Hier beschreibst Du nicht die Harmonie der 'eigenen Autonomie' mit all ihren
'Gef"uhlen und Bed"urfnissen', sondern die Harmonie einer Gemeinschaft in
der Individuen sich weniger als Individuen begreifen als wir in unserer 'modernen'
Gesellschaft.
Das was Du hier '"aussere Ethiken, Sitten, Normen und "okonomische Zw"ange'
nennst, wird eben nicht als "aussere Zw"ange empfunden, sondern verinnerlicht,
also keine Spaltung zwischen Innen und Aussen, und damit keine Entfremdung.

Man beachte, welchen höheren Stellenwert hier dem eigenen Empfinden,
ob ein Befehl gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt ist, eingeräumt wird.

Das interpretiere ich ganz anders.

Gruss,
		Stefan
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