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Re: [ox] Noch mal zur Freien Gesellschaft



Jakob schreibt:

In seiner Analyse hat Christof recht, nicht jedoch darin, Hans
Argument abzulehnen, daß jeder/jede Pred und Prod ist. Es ist
Teil von Christofs Entfremdung, die Prods als Gruppe zu wählen
und gegen tatsächliche oder vermeintliche Preds vorzugehen,
als sei Christof rein, nicht von dieser Welt und nicht auch  - wie 
jeder andere - Opfer und Täter. Durch seine Wahl negiert er
die Pred-Anteile seiner Persönlichkeit und kann sich die Macht
der Definition zueignen, jeden als Pred zu definieren, deren
Argumentation ihm nicht paßt.

Andreas, dein Konzept des irre/rational ist Christofs Konzept
mit anders definirten Gegensätzen. Auch Du eignest Dir
Macht zu, die Argumentation eines anderen als grundsätz-
lich und immer abwegig zu definieren und du forderst, diese
Person nicht mehr anzuhöhren. Im Klartext beinhaltet dies,
daß eine Argumentation nicht abwegig ist, weil sie die
Wirklichkeit nicht trifft, sondern weil der als "irre" be-
zeichnete - oder als "irre" stigmatisierte Mensch - sie äußert.

In einer freien Gesellschaft sollte jedoch klar sein, daß
Argumente widerlegt werden können, keinesfalls jedoch
Menschen aufgrund ihrer Argumentation, Lebensführung
oder Handlungsweise stigmatisiert werden dürfen.

Volle Übereinstimmung. 

Es ist allerdings so, daß in einer Freien Gesellschaft auch die
Möglichkeit bestehen muß, bestimmten anderen Menschen "aufgrund ihrer
Argumentation, Lebensführung oder Handlungsweise" aus dem Weg gehen zu
können....denn wenn nichts beiderseits ein Interesse an Argumentation und
Klärung unterstellt werden kann, was auch immer bedeutet dem anderen ein
Moment an Wahrheit zuzugestehen, dann wirds ungemütlich.

Die meisten hier haben sich bemüht, die Wahrheit des Pred/Prod Arguments
anzuerkennen, nämlich den Umstand daß es verschiedene Handlungsstrategien
gibt, die aber oft genug erlernte und von der Gesellschaft vorgegebene
sind. Ich habe ja selbst eine solche Dichotomie erwähnt die ich immer
wieder verwende, das "Paradigma der Pflanze" vs. "das Paradigma des
Tiers". Es ist auch richtig daß solche Handlungsdispositionen mit
gesellschaftlicher Stellung wechseln, mit individuellem Charakter
verwachsen können usw.

Es wäre auch immer noch richtig an bestimmten Handlungen nachzuweisen daß
sie predatorenhaft sind, das heißt die individuelle Selbstbestimmung und
Freiheit anderer verletzen. Es geht aber nicht an, daraus den Schluß zu
ziehen, das Prinzip der
Guten/Erniedrigten/Beleidigten/Produktiven/Krativen/Ausgebeuteten für sich
gepachtet zu haben und als deren Anwalt durch die Welt zu ziehen. Da ist
etwas identitäres passiert, was einer ziemlichen Verschiebung gleichkommt.
Irre ist das nur deswegen nicht, weil das Muster so verbreitet ist, daß es
gar nicht mehr auffällt. Jedes moralische Individuum hat dieses Muster
drauf, beherrscht aber perfekt es zu seinem Vorteil einzusetzen. Irre ist
offiziell nur der, der dem Muster verfallen ist und wirklich an das
glaubt, was die anderen gekonnt zu relativieren verstehen. Das desavouiert
aber eigentlich beide, den Normalen und den Irren.

Franz



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