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Re: [ox] Re: zur Debatte ...



Am Dienstag 02 Mai 2006 11:29 schrieb Wolfram Pfreundschuh:
Am 01.05.2006 um 17:28 schrieb Helmuth Supik:
Hallo Helmuth,

den Aktienmarkt auf Wetten zu reduzierend, halte ich für irreführend.

nicht auf den Aktienumsatz sondern auf die 97% des Devisenumsatzes.

Was von Kritikern als Wetten bezeichnet wird ist z.B.:
Du zeichnest ein Papier,nach welchem ein bestimmter Wert- der DAX
oder der $-
zum bestimmten Datum einen bestimmten Wert erreichen. Wenn es
zutrifft, hast
Du sehr viel gewonnen, wenn nicht hast Du ebenso viel verloren,
weil der
Hebel extrem hoch ist.

Es ging mir aber eher um das gewaltige Missverhältnis zwischen
"investierendem" Kapital und von Investitionen entkoppeltem Kapital
Kannst Du dazu etwas sagen?

Der Devisenumsatz betreibt ja die Ausbeutung der armen Länder, indem
der Wert ihrer Devisen durch niedrigsten Reproduktionsstandard
erpresst wird, gemessen an dem Reproduktionsstandard der Länder, die
ihnen Pharmaka und Technik usw. liefern. Das macht ja den "langen
Hebel" der Aktienwerte aus, die hierzulande nur noch als
physikalisches Gesetz interpretiert werden. Aber es ist doch ganz
einfach zu sehen: Wer könnte hier überhaupt mit 90 Euros im Monat
insgesamt leben? Nicht mal ein Bettler, weil allein seine Bleibe
schon ein Vielfaches mehr kostet. Daran zeigt sich, dass der Euro
oder der Dollar dort sehr anders bewertet sein muss als hier.
Den Ausdruck "entkoppeltes Kapital" halte ich gleichermaßen für
irreführend. Das investierende Kapital ist das akkumulierende
Kapital, also das Kapital, das seinen Mehrwert in Produktionsmittel
rückverwandelt, sich als konstantes Kapital also wieder auf den
Arbeitsprozess zum Zweck der Erwirtschaftung unbezahlter Arbeit bezieht.
Schon immer wurden dem Mehrwert aber zugleich Wert zum Besitzerwerb
von Gütern entnommen, die ohne Arbeit und Technik da sind
(hauptsächlich Bodenschätze und Grund, bzw. Land). Der so abgezweigte
Wert diente als Grundrente alleine der Entwicklung und Fortbestimmung
politischer Macht entnommen und bildete ursprünglich auch die
Grundlage des Nationalstaates (Landaufteilung, Frequenzbesitz u.a.
und hiervon abgeleitet auch die Verfügungshoheit über allgemeine
Arbeitsprodukte wie Deichbau, Straßenbau, Kommunikationsmittel usw.).
Durch Besitz an solchen Gütern wird das Kapital erst wirklich und
vollständig zu einer selbständigen politischen Macht, die auch so
etwas wie eine Staatsrendite  ermöglichte, die ja wohl inzwischen
überholt ist. Die "Entkoppelung" von Kapital ist also nichts anderes
als die zunehmende Aufhebung des Nationalstaats als Gesamtkapitalist,
die Globalisierung der Finanz- und Aktienmärkte, die sich als
Privatbesitzer jener Grundlagen der Nationalstaaten annehmen. Und das
können sie, weil zugleich die Wirtschaft sich selbst unmittelbar
durch transnationale Konzerne internationalisiert hat und hierdurch
die Nationalökonomie in eine einfache Betriebswirtschaft verwandelt
worden war: Die Staatesn selbst konkurrieren wie Einzelunternehmungen
gegeneinander um den Erhalt ihrer Wirtschaften und Binnenmärkte. So
entstand ihre Finanznot, denn auf ihr Renditenmonopol mussten sie
zunehmend verzichten. Und deshalb mussten sie in ihrer Finanznot auch
das hiermit zum Teil wertlos (weil nicht arbeitseffektiv) gewordene
Staatseigentum entsprechend an das Kapital abtreten und es konnte
somit auch diese Renditen privatwirtschaftlich verschärfen.
Da ist also eigentlich nichts entkoppelt, sondern die Verwertung
lediglich über die Nationalstaaten hinweg totalisiert. Was für das
Kapital zu akkumulieren ist, wird je nach Gunst der
Steuererleichterung und Stücklohnkosten usw. in irgendeinem Land
angelegt und bewirtschaftet, das natürlich gegen die Nationalstaaten
konkurrieren muss, die sich irgendwann wohlfeiler anbieten.
Ausbeutung von unbezahlter Arbeit (also auch die Arbeit fürs
Gemeinwesen und dessen Infrastruktur) bezieht sich also jetzt auf die
Nationalstaaten insgesamt. Und das ist das einzig Neue, was die
Globalisierung gebracht hat. Das Schlimme daran ist, dass es die
außerparlamentarische Rechte bestärkt und die Linke in die Lähmung
getrieben hat. Auch ihr wird es deshalb nötig werden, sich der
Internationalisierung des Kapitals durch eine Entwicklung
antikapitalistischer Infrastrukturen entgegen zu setzen (ich nenne
das Kommunalismus), bevor sie sich durch subsidiare Kommunen
international entwickeln kann.

Gruß
Wolfram Pfreundschuh

danke, Wolfram!

ich habe zuvor zum Thema gesucht und fand diesen Artikel:

Er ist spannend, informativ und macht keine Simplfizierung und was der Author 
vorhersagte, traf zu. 
(12 Seiten, daher ausdrucken und in Ruhe lesen):

http://www.wildcat-www.de/zirkular/56/z56paolo.htm

p&l, Helmuth



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